NSDAP
10.02.2008 um 23:34
Ja, wenn die Mehrheit eine rechte Partei will. Dazu müsste man diese Mehrheit noch (etwas) mehr verblöden. Vielleicht durch mehr Ausländerhetze, wie es die Bild gerne macht, welche Kochs wahlkampf unterstützte. - Oh, leider verloren. :)
hier noch: "Trotzkis Analyse des Faschismus" von Ernest Mandel
"Unter den Bedingungen des wachsenden Drucks der zunehmend unüberwindlichen sozioökonomischen Klassengegensätze könnten sich bedeutende Teile der Mittelklasse und andere oben erwähnte soziale Schichten - menschlicher Treibsand, wie Trotzki sie treffend bezeichnete - zu einer mächtigen Massenbewegung verschmelzen, die, hypnotisiert von einem charismatischen Führer und von Teilen der Bourgeoisie und deren Staatsapparat bewaffnet, als Rammbock dienen könnte, um die Arbeiterbewegung durch Einschüchterung und blutigen Terror zu zerbrechen.
Das würde den Weg frei machen für eine kurzfristige kapitalistische "Lösung" der großen Krise der bürgerlichen Gesellschaft, eine auf der Überausbeutung der Arbeiterklasse beruhende Lösung, die sich mit dem Aufstieg der Arbeiterbewegung als unmöglich erwiesen hatte. Aber auf lange Sicht könne in einem einzelnen Land ein Zustand stabiler kapitalistischer Verhältnisse mit solchen Mitteln nicht wiederhergestellt werden. Sobald die Arbeiterklasse niedergeschlagen und eine durch Gewalt zusammengehaltene bürgerliche Gesellschaft etabliert ist, werde der Faschismus seine terroristische Dynamik nach außen wenden und versuchen, neue Kolonien zu erobern, ganze Völker in die Sklaverei zu führen, seine imperialistischen Konkurrenten zu unterwerfen, die Sowjetunion zu zerschlagen und die Weltherrschaft zu erringen.
Diese tiefschürfende Analyse des Faschismus vereint und kombiniert verschiedene analytische Elemente. Jedes dieser Elemente bewahrt sich eine relative Autonomie, die den besonderen Aspekten der politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit der imperialistischen Länder in der Zeit tiefgehender sozioökonomischer Krisen entspricht. Dabei wird ihre Kombination - im Unterschied zu einem einfachen Aneinanderreihen - zu einem Instrument, dessen Anwendung es ermöglicht, die Totalität des Phänomens - Aufstieg des Faschismus - zu verstehen.
Die faschistische Ideologie und faschistische (oder faschistoide) politische Gruppierungen haben sich unabhängig von unmittelbaren Bedürfnissen der kapitalistischen Klasse von dem Zeitpunkt an entwickelt, wo die von der Macht der kapitalistischen Monopole und der Macht der Gewerkschaften erdrückten Mittelklassen der Verbitterung und der Hoffnungslosigkeit anheimgefallen waren. (Die relative Unabhängigkeit ihrer Ideologie ist eine andere Sache. Der Rassismus ist in der für die kolonialimperialistische Epoche typischen bürgerlichen Ideologie tief verwurzelt, wenngleich er mit Resten vorbürgerlicher Vorstellungen vermischt ist.) Während einer gewissen Anfangsphase gibt es mehrere solcher Gruppierungen, so daß es zwischen den rivalisierenden "Führer"-Kandidaten zu heftigen Auseinandersetzungen kommt. Nur eine bestimmte Kombination von Umständen kann das Monopolkapital dazu veranlassen, den Faschismus tatsächlich großzügig zu unterstützen. Diese Umstände sind bei einer Vertiefung der wirtschaftlichen Krise gegeben, wenn das Großkapital ein zwingendes Bedürfnis hat, wesentliche Elemente der bürgerlichen Demokratie preiszugeben, wenn das objektive Bedürfnis größerer Konzentration der politischen Macht besteht, um eine gewisse Anzahl von drängenden wirtschaftlichen Zielen zu erreichen, und wenn für mindest einen der Diktator-Kandidaten ein gewisses Maß an öffentlicher Unterstützung vorhanden ist.
Vom Standpunkt der allgemeinen, langfristigen Interessen der kapitalistischen Klasse und der relativen Stabilität der bürgerlichen Gesellschaft ist das bürgerlich-parlamentarische Regime jeder Form von Diktatur vorzuziehen, von der faschistischen gar nicht zu reden. Die Vorherrschaft der bürgerlichen Klasse beruht auf einer spezifischen Verquickung von Repressions- und Integrationsmechanismen. Je geringer das Gewicht der letzteren ist, desto größer ist auf lange Sicht die gesellschaftliche Instabilität. Der Faschismus und andere extreme Formen der bürgerlichen Diktatur stellen einen dauernden Belagerungszustand oder sogar eine Situation permanenten Bürgerkriegs dar (eine besondere Form des Bürgerkriegs allerdings, in dem das eine Lager dauernd entwaffnet und der Macht des anderen Lagers ausgeliefert ist). Diese Regierungsformen sind für das Bürgertum viel gefährlicher, denn sie tendieren dahin, die sozialen Spannungen zu erhöhen und in einer Zeit verschärfter Krisen zu einem explosiven Punkt zu treiben, ohne daß es irgendwelche Mechanismen der Klassenversöhnung gibt.
In der Tat fanden bis jetzt alle siegreichen sozialistischen Revolutionen in Ländern statt, wo ein diktatorisches Regime dieser oder jener Art während längerer Zeit existiert hatte (der Zarismus; im besetzten Jugoslawien nach einer monarchistischen Diktatur eine faschistische; die Diktatur Chiang Kai-sheks; die Diktatur von Batista; von Bao-Dai, von Diem und Thieu in Südvietnam usw.).
Der objektive Widerspruch vom Standpunkt der bürgerlichen Klasseninteressen besteht jedoch in der Tatsache, daß, während der langfristige soziale und politische Preis der repressiven Diktaturen hoch und gefährlich ist, der ökonomische Preis für die bürgerliche Demokratie auf kürzere oder mittlere Frist unter gewissen Umständen zu hoch werden kann. In den industriell entwickelten Ländern schließt die bürgerliche Demokratie eine entwickelte Arbeiterbewegung (in erster Linie gewerkschaftlich organisierter Massen) ein. Das hat zur Folge, daß die Ware Arbeitskraft nicht individuell, sondern kollektiv verkauft wird. Unter solchen Bedingungen ist der Preis dieser Ware viel höher als dort, wo die Arbeiterklasse atomisiert ist. Zu diesem höheren Preis kommen noch weitere Kosten für das Kapital, wie sogenannte Sozialausgaben, die den Mehrwertanteil am Nettoprodukt vermindern. Wenn die Gesamtheit des produzierten Neuwertes stagniert oder gar zu fallen beginnt als Folge einer ungünstigen Veränderung der innerimperialistischen Konkurrenzverhältnisse nach einem verlorenen Krieg, wegen einer ernsten Wirtschaftskrise oder infolge einer Kombination all dieser Faktoren, dann kann die materielle Möglichkeit, diesen Preis zu zahlen, schwinden.
Das Bürgertum hat keine andere Wahl, als zu versuchen, sich der bürgerlichen Demokratie zu entledigen.
Wir fügen hinzu, daß die Klasse der Kapitalisten oft, wenn nicht immer, in dieser Frage geteilter Meinung ist. Man kann die These aufstellen, daß jene Sektoren, die direkt für den Massenkonsum produzieren, zurückhaltender sind, wenn es darum geht, eine offene Wendung zur Finanzierung und Unterstützung einer faschistischen Machtergreifung zu vollziehen, während die Groß- und Schwerindustrie, die Produktions- und Rüstungsgüter herstellt, aus naheliegenden Gründen eher geneigt ist, eine solche Unterstützung ins Auge zu fassen.
Wir sagten, das Bürgertum könnte versuchen, sich der bürgerlichen Demokratie zu entledigen. Aber die Errichtung eines faschistischen Regimes hängt nicht nur davon ab, was innerhalb des Kleinbürgertums und innerhalb der kapitalistischen Klasse vor sich geht bzw. von der Art und Weise, wie diese Dinge zwischen ihnen geregelt werden. Sie hängt weitgehend auch davon ab, was im Lager der Arbeiterklasse geschieht, d.h. von der Reaktion der organisierten Arbeiterbewegung.
Im Gegensatz zu dem "menschlichen Treibsand", den gewisse Führer-Kandidaten in nicht zu unterschätzenden Mengen auf ihre Seite bringen können, verfügt die moderne Arbeiterklasse aller industriell entwickelten Länder über ein enormes Potential gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Macht. Alle schöpferischen und produktiven Funktionen der Gesellschaft sind bei ihr direkt oder bei immer enger mit ihr verbundenen sozialen Schichten konzentriert. In den meisten dieser Länder waren die kulturellen und politischen Massenorganisationen der Arbeiterklasse sehr aktiv, teils bis Ende der zwanziger oder anfangs der dreißiger Jahre. Sie vereinten Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Menschen, die fähig waren, mit Enthusiasmus und Hingabe für die gemeinsamen Interessen der Klasse zu kämpfen. Und in all diesen Ländern gab es eine große und mächtige Gewerkschaftsbewegung, die imstande war, die kapitalistische Wirtschaft zu blockieren, und die potentielle Kraft besaß, den kapitalistischen Staat selbst zu paralysieren.
Um einen solch starken Gegner anzugreifen, müssen die bewußten führenden Schichten der Bourgeoisie nicht nur in einer aus oben angeführten Gründen ausweglosen Lage sein, sondern sie müssen auch die Überzeugung haben, daß sie zumindest eine Chance haben, am Ende nicht Kopf und Kragen zu verlieren als Resultat der gewaltigen Kraftprobe, ohne die die Zerstörung der bürgerlichen Demokratie unmöglich erscheint. Jeder Irrtum bei diesen Überlegungen, jede Fehleinschätzung des Kräfteverhältnisses, würde für die kapitalistische Klasse verheerende Folgen haben. Sie könnten vom individuellen wie vom gesellschaftlichen Standpunkt einem Selbstmord gleichkommen. Barcelona, Madrid, Valencia und Málaga lieferten im Juli 1936 diesbezüglich ein Lehrbeispiel.
In einer Zeit zunehmender faschistischer Gefahr, aber noch vor der Machtergreifung widmen die bedeutendsten Köpfe des Großbürgertums allen Vorgängen innerhalb der Arbeiterklasse und in der organisierten Arbeiterbewegung, die mit der faschistischen Gefahr in Zusammenhang stehen, die größte Aufmerksamkeit. Tatsächlich kommt ihre Analyse der im Gang befindlichen Veränderung des Kräfteverhältnisses jener der revolutionären Marxisten aus gleichlaufenden, wenn auch entgegengesetzten Gründen recht nahe.
Jedes Anzeichen von gemeinsamem und starkem Widerstand, das im Lager der Arbeiterklasse sichtbar wird, jeder Hinweis auf eine entschiedene Orientierung auf massenhafte bewaffnete Selbstverteidigung, jedes Zeichen wachsender Kampfbereitschaft und entschlossenen Willens, sich der faschistischen Bestie um jeden Preis zu erwehren, vermehrt das Zögern und die Zweifel des Großkapitals, ob es der Weisheit letzter Schluß sei, eine Politik der entscheidenden Kraftprobe zu verfolgen.
Umgekehrt jede Entwicklung zur Spaltung, zur Passivität oder Resignation der Arbeiterbewegung, jeder bedeutende taktische Erfolg der Faschisten, der nicht auf entschiedenen Widerstand gestoßen ist oder keinen Gegenangriff auslöst, jedes Anzeichen dafür, daß die Führer der Massenorganisationen trotz ihrer Phraseologie am Ende vor dem Faschismus kapitulieren und die Massen nicht imstande sein werden, eine spontane Gegenoffensive gegen den faschistischen Angriff zu führen, all diese Symptome werden das Großkapital zu der Überzeugung gelangen lassen, daß der Preis für den Wechsel des Regimes geringer ist, als es befürchtet hatte. Solche Anzeichen der Schwäche beschleunigen den Prozeß der Machtergreifung durch den Fasschismus, weil sie zeigen, daß der Bürgerkrieg eine einseitige Sache und die Niederlage der Arbeiterklasse schwer und dauerhaft sein wird.
Von daher ergibt sich die absolute Notwendigkeit, sich der Entfaltung des Faschismus von Anbeginn an gemeinsam, entschlossen und energisch entgegenzustellen durch den Kampf zur Verteidigung der freien Organisationen der Arbeiterklasse (dieser "Keimzellen der proletarischen Demokratie innerhalb der bürgerlichen Demokratie", wie Trotzki sie zu Recht nannte), des Streikrechts und aller anderen grundlegenden demokratischen Freiheiten, ohne die die Arbeiterklasse für eine ganz historische Zeitspanne entscheidend geschwächt sein (und bedeutsame wirtschaftliche Nachteile erleiden) würde."....