Banken und ihre Rolle im globalen Geschehen
08.01.2008 um 01:13
Der von einer Vorschrift des EStG "Betroffene" (vgl. z.B. Beschluss in BVerfGE 110, 33, 53; Urteile in BVerfGE 108, 1, 20; vom 27. Juli 2005 1 BvR 668/04, BVerfGE 113, 348, und vom 12. April 2005 2 BvR 581/01, BVerfGE 112, 304) ist der Steuerpflichtige, nicht sein Steuerberater (Hey, a.a.O., S. 559 ff.). Es reicht nicht aus, dass sich die Rechtsfolgen einer Norm allenfalls Experten erschließen (BVerfGE 110, 33, 64). Ebenso wie sich der Steuerpflichtige persönlich durch unrichtige oder unvollständige Angaben strafbar macht, muss er grundsätzlich anhand des ihm zugehenden Steuerbescheids dessen Rechtmäßigkeit beurteilen können.
Der Schluss, bei Steuergesetzen könne die Feststellung, ob eine Vorschrift noch dem Gebot der Klarheit entspreche, nicht mehr aus der Sicht des Steuerpflichtigen getroffen werden (Werner, a.a.O., S. 74; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl., Bd. 1, S. 136), steht mit der Rechtsprechung des BVerfG nicht im Einklang. Diese fordert für die Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit der Steuerlasten eine Einfachheit und Klarheit der gesetzlichen Regelung, die es dem "nicht steuerrechtskundigen Pflichtigen" (Beschluss in BVerfGE 99, 216, 243) erlaubt, seinen Erklärungspflichten nachzukommen.
Der Betroffene muss anhand der gesetzlichen Regelung die Rechtslage so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (Beschlüsse in BVerfGE 113, 348, und BVerfGE 112, 304, m.w.N.), denn die einmal entstandene Steuer ist unumkehrbar.
Auch Rechtsanwendungsgleichheit und Sozialstaatsprinzip stehen der Annahme entgegen, von Verfassungs wegen reiche es aus, wenn der Inhalt eines Gesetzes für den Fachmann unter Aufbietung aller juristischen Interpretationsmöglichkeiten irgendwie verständlich ist (vgl. Hey, a.a.O., S. 559 ff.; Herzog, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 25, 26).
Nicht "Betroffener" im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG ist die die Steuergesetze vollziehende Finanzverwaltung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 216). Der Annahme, der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erkannten Kompliziertheit der gesetzlichen Regelung (dokumentiert z.B. in BRDrucks 475/4/99, S. 3; Nolte, a.a.O., S. 110) könne mit der Möglichkeit einer EDV-technischen Umsetzung durch die Verwaltung begegnet werden, liegt ein grundlegender Irrtum über den Normadressaten zugrunde.
Verletzung des Gebots der Normenklarheit:
Gemessen an Art und Schwere der durch die Festsetzung der Steuerschuld betroffenen Grundrechte entspricht § 32a EStG nicht mehr dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit. Inhalt und Systematik der Vorschrift erschließen sich bei hoher Fehleranfälligkeit allenfalls dem mathematischen Fachmann und Kenner "mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben" (Erkenntnis des Österreichischen Verfassungsgerichts vom 29. Juni 1990 G 81/82/90 u.a., Sammlung 12420/1990; wiedergegeben z.B. bei Kanzler, FR 2003, 665).
Wir halten deshalb die Regelung des § 32a EStG wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Normenklarheit für verfassungswidrig.
Wir halten es für zwingend, die Regelung des § 32a EStG unter dem Gesichtspunkt der Normenklarheit zu beurteilen.
Gemessen an den vom BVerfG aufgestellten Grundsätzen verletzt die streitgegenständliche Vorschrift den Grundsatz der Normenklarheit, denn sie sind sprachlich unverständlich, widersprüchlich, irreführend, unsystematisch aufgebaut und damit in höchstem Maße fehleranfällig.
Die sprachliche Unverständlichkeit der streitgegenständlichen Norm ist evident.
Der Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit kann aus rechtsstaatlichen Gründen weder durch Außerachtlassung der misslungenen Vorschrift noch "durch pragmatische Gesetzesverstöße der Verwaltung" (Papier/Möller, AöR 122, S. 177, 181, 189), noch durch eine verfassungskonforme Auslegung bereinigt werden. Weder der Steuerpflichtige als Normadressat noch die Exekutive oder die Rechtsprechung können von Verfassungs wegen (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) Tatbestand und/oder Rechtsfolge einer Norm grundlegend "rekonstruieren". Dies ist allein Aufgabe der Legislative. Anderenfalls liefe das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot der Normenklarheit ins Leere, denn eine Idee lässt sich hinter jedem unklaren Gesetz erkennen.
Die Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit ist nicht zu rechtfertigen (Hey, a.a.O., S. 554; Jehke, a.a.O., S. 210). Weder Zeitnot noch die vom Gesetzgeber selbst gewählte Komplexität des § 32a EStG noch die für den Gesetzesvollzug einsetzbare Datenverarbeitungstechnik heilen die Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Raupach/Böckstiegel, FR 1999, 617, 621; Kirchhof in Kirchhof, a.a.O., § 2 Rn 130; ders., AöR 128, S. 1, 39; Birk, DStJG 27 (2004), S. 9, 14 f.).
Letztlich hat sich der § 32a EStG auch für die Finanzverwaltung trotz des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitung als "sehr kompliziert" erwiesen Dabei ist zugunsten der Normadressaten zu berücksichtigen, dass das BMF jederzeit Gelegenheit hat, die Gesetzesformulierung des § 32a EStG zu beeinflussen.
III.
Wir verweisen weiter darauf, dass in jedem Steuerbescheid der Übergang
von der Zeile des „zu versteuernden Einkommens“
zur Zeile der „festgesetzten Steuerschuld“
nicht schlüssig ist, weil er sich nicht schlüssig aus dem Betrag des zu versteuernden Einkommens ergibt und von uns nicht nachgerechnet, deshalb nicht nachvollziehbar, also auch nicht zu kontrollieren ist.
Wir sind folglich gezwungen, an die rechnerische Richtigkeit der festgesetzten Steuerschuld im Steuerbescheid zu glauben und darauf zu vertrauen, dass das Finanzamt richtig gerechnet hat.
Eine Steuerfestsetzung, die ihre Rechtfertigung ausschließlich auf Glaubhaftigkeit der Finanzverwaltung stützt, ist willkürlich und verstößt eklatant gegen das Gebot der Rechtsstaatlichkeit.
Rechtsstaatlichkeit ist aber gerade für das Steuerrecht, das wie Polizeirecht als Eingriffsrecht wirkt, zu fordern. Der Staat darf sich nicht nach Gutdünken ohne eine wirksame Ermächtigungsgrundlage am Vermögen seiner Bürger bedienen.
IV.
Die Gültigkeit des § 32a EStG ist im Streitfall entscheidungserheblich.
§ 32a EStG ist im Streitfall, der die genannten Veranlagungszeiträume betrifft, anzuwenden.
V.
Wir sind der Auffassung, dass die gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit verstoßende Vorschrift des § 32a EStG als solche nichtig ist und es daher im Streitfall nicht darauf ankommt, ob wir aufgrund von Vorbildung oder einer Steuerberatung den Norminhalt noch erfassen können müssten.
Die Normenklarheit ist hier ausschließlich notwendigerweise an objektiven Maßstäben zu messen.
Ebenso wenig ist entscheidend, ob der aufgrund unverständlicher Normen ergangene Steuerbescheid im Einzelfall vom Steuerpflichtigen noch nachvollzogen werden kann, denn der rechtsstaatliche Grundsatz der Normenklarheit soll den Normbetroffenen in die Lage versetzen, die Rechtslage so zu erkennen, dass er sein Verhalten daran auszurichten vermag (siehe Rechtsprechung des BVerfG oben unter B. II.). Derartige Dispositionen müssen zwangsläufig lange vor Ergehen des Steuerbescheids getroffen werden.
VI.
Nichtige Steuerbescheide im Sinne von § 125 Abs.1 AO sind entweder von Amts wegen, spätestens aber auf Antrag des / der Steuerpflichtigen aufzuheben. Nichtige Steuerbescheide (nichtige Verwaltungsakte) entfalten keine Bindewirkung.
Auf verfassungswidrigen und somit nichtigen Einkommensteuerbescheiden basierende Zwangs-massnahmen sind ebenfalls nichtig und somit sofort und ersatzlos aufzuheben.
Gez. Unterschrift