bgeoweh schrieb am 23.09.2019:Es gab außer dem bekannten Fall Oury Jalloh auch noch den Fall Amad A. aus der JVA Kleve:Am 17. September brennt es in der Zelle von Amad A. Der syrische Flüchtling sitzt zu dieser Zeit schon mehrere Wochen unschuldig in Kleve im Gefängnis. 40 Prozent seiner Haut verbrennen, knapp zwei Wochen später stirbt er im Krankenhaus. Für das NRW-Justizministerium ist der Fall klar: Der Syrer hat das Feuer selbst gelegt, Suizid.
Laut dem von der Staatsanwaltschaft zitierten Brandgutachten hat sich Folgendes abgespielt: Um kurz nach 19 Uhr zündet Amad A. einen Haufen aus Laken, Bettdecken und Matratzen mit einem Feuerzeug an. Etwa 15 Minuten soll es in seiner Zelle brennen, bei geschlossenem Fenster. Nach dieser Viertelstunde drückt Amad A. auf den Knopf der Gegensprechanlage. Direkt im Anschluss soll Amad A. das Fenster geöffnet haben. Kurz darauf wird die Zelle von den Justizbeamten geöffnet.
Brandexperten des Instituts für Brand- und Löschforschung in Dippoldiswalde halten diese Version für unmöglich. Die Brandforscher haben in einem Gutachten für Monitor den Brandverlauf anhand des Berichts des NRW-Justizministeriums analysiert. Ihr Fazit: "Der Brand ist so, wie er von der Staatsanwaltschaft beschrieben wird, nicht möglich", sagt Brandexperte Korbinian Pasedag. "Aufgrund der fehlenden Ventilationsbedingungen in dem Haftraum in den 15 Brandminuten bis zu der Öffnung des Haftfensters ist ein Brandverlauf wie beschrieben nicht möglich", so die Brandgutachter.
https://www.tagesschau.de/inland/kleve-brand-101.html
Heute gibt es neue Erkenntnisse.
Ich versuche, die aktuellen Entwicklungen auf Basis der u.g. Quelle zusammenzufassen - es sei aber vorweg gesagt: bitte schaut euch den Artikel hier und vor allem das Video an, da dieser Sachverhalt doch wahnsinnig komplex ist:
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/wende-im-fall-amed-a-100.html Die grundlegenden Geschehnisse direkt zum Tod von Amad A. sind oben zu entnehmen, wobei auch hier derzeit noch ein Untersuchungsausschuss des Landtags NRW ermittelt.
Amad A. wird am 06. Juli 2018 von der Polizei bei einem Einsatz in Geldern kontrolliert. Da er sich nicht ausweisen kann, wird er mit auf die Wache genommen. Dort werden seine Fingerabdrücke gescannt, und das Ergebniss des Scans spuckt den Namen "Amed Amed" aus.
Darauhin gleichen die Beamten den Namen "Amed Amed" in der polizeilichen Datenbank ab.
Bisher spielte sich weiteres wie folgt ab:
Es erscheint in der Datenbank ein ausstehender Haftbefehl aus Hamburg gegen "Amed Amed".
Amad A. wird festgenommen, und in die JVA Kleve gebracht.
Erst nach dem Tod von Amad A. kristallisiert sich heraus, dass der Haftbefehl nicht gegen Amad A. lief, sondern gegen einen Mann aus Mali namens Amedy Guira, welcher angeblich mit dem Alias-Namen Amed Amed in der Datenbank geführt wurde.
Amad A. saß also zu unrecht im Gefängnis. Dies wurde mit einer Verwechselung aufgrund gleicher Alias-Namen in der Datenbank erklärt.
Offensichtlich kontrollierten die Beamten zu diesem Zeitpunkt nicht die Fotos der beiden Männern - denn wie sonst hätten ein Syrer mit eher hellem Hautton und ein dunkelhäutiger Mann aus Mali verwechselt werden können?
Die Staatsanwaltschaft ermittelte damals gegen mehrere Polizisten (wegen des Verdachts auf Freiheitsberaubung). Es wurde dabei aber kein vorsätzliches Fehlverhalten festgestellt. Im November 2019 wurden die Ermittlungen eingestellt.
Derweil untersucht ein Ausschuss im Landtag NRW wie oben schon genannt den Fall.
Parallel recherchieren das Magazin Westpol und Monitor weiter, und das offensichtlich zurecht:
Am 06. Juli 2018, als die polizeiliche Datenbank auf den Namen "Amed Amed" durchsucht wird, trug der Datensatz des Maliers noch gar nicht den Alias-Namen. D.h., man hätte den Haftbefehl zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht finden können bzw. dürfen. Lt. Recherche von o.g. wurde der Alias-Name erst 3 Tage nach der Verhaftung von Amad A. dem Mann aus Mali zugeordnet. Bzw. nicht nur zugeorndet, sondern einer der bis dato bekannten 10 Alias-Namen von Amedy Guira wurde ersetzt durch "Amed Amed".
Zudem gab es, da der Syrer Amad A. schon hin und wieder bei der Polizei auffällig wurde, bei keiner Abfrage zuvor ein "Match" mit etwaiger Verbindung zu dem Mann aus Mali.
Ich zitiere aus genannter
Quelle:
Jetzt wird bekannt, dass der Staatsanwaltschaft in Braunschweig bereits drei Wochen nach der Verhaftung die Verwechslung aufgefallen war. Das geht aus einem Dokument hervor, das dem Magazin Westpol vorliegt. Die Staatsanwältin hatte sogar extra mit einem Beamten der Polizei Kleve telefoniert. Und danach festgestellt, dass beide Personen anhand der Fotos „nicht identisch“ seien. Dies hatte die Staatsanwältin sogar extra unterstrichen.
und
Polizist war bereits Zeuge im Untersuchungsausschuss
Die neuen Erkenntnisse kommen für die Abgeordneten überraschend. Bereits Ende November hatten sie den Kripo-Beamten aus Kleve befragt. Das Telefonat mit der Staatsanwältin hatte er allerdings mit keinem Wort erwähnt.
Sollte sich das bewahrheiten, sprechen wir von dem Tatbestand Freiheitsberaubung. Man kann nur hoffen, dass die Staatsanwaltschaft dann die Ermittlungen schleunigst wieder aufnimmt.