Myanmar: "Der rote Marsch"
29.09.2007 um 22:56
Es fällt mir emotional sehr schwer, objektiv über die Vorgänge in Myanmar (Birma) zu berichten.
Ich habe das Land im Rahmen einer organisierten Rundreise (Rangoon – Bagan – Mandalay – Heho – Lake Inle – Rangoon) vom 10. – 18. August 2007 besucht.
Wir hatten neben der guten Unterbringung und der einheimischen, deutschsprechenden Führerin unseren eigenen Bus. Für die Abschnitte zwischen den Städten benutzen wir das Flugzeug, da wegen der schlechten Straßen, die Busfahrten viel zu lange dauern würden.
Da mich die letzten 2 Jahre nach Thailand – Vietnam und Kambodscha führten, wollte ich unbedingt das große Pagodengebiet um Bagan sehen, welches seinesgleichen sucht und nur mit Angkor Wat (Kambodscha) und Boronbodur (Java) vergleichbar ist.
Birma ist eine verdammt armes Land, war mein erster Eindruck und die Landschaft, die Menschen und die Bekleidung erinnerte mich stark an Sri Lanka, welches ich Anfang der 90-er besuchte.
Das Straßenbild wird stark durchRadfahrer, Fußgänger und vollgestopfte Minibusse
bestimmt. Privatautos gibt es zwar, aber bei jedem Fahrzeug hat die Regierung einen großen „Einfuhrzoll“ aufgeschlagen (welcher natürlich exklusiv in die Tasche eines Verwandten des Regimes landet!) , weßhalb nur ältere asiatische Fahrzeuge das Straßenbild (in den großen Städten!) bestimmen. Die inländische Fluglinie gehört auch der Familie des Generals. Sowie alle großen Hotels. Wer erlebt hat, wie die Menschen trotz schwierigster Bedingungen (auch die große Hitze und Luftfeuchtigkeit!) ihr Leben organisieren, ist beeindruckt! Wir saßen ja im klimatisierten Bus!
Am Morgen bestimmen die Bettelmönche das Straßenbild und diese bekommen das gekochte Essen von der Bevölkerung gespendet. Die „Frauenmönche“ bekommen nur die Lebensmittel gespendet und müssen diese selbst zubereiten. Es ist ein friedliches Bild. Für viele ist der Eintritt in ein Kloster, die einzige Möglichkeit neben religiöser auch weltliche Bildung zuerhalten, was natürlich abhängig vom jeweiligen Kloster ist.
Es war auch zum ersten Mal, daß die Reiseleiterin kein Handy hatte. Warum? Weil die Telefonkarte 3000 US-Dollar!!!! (der Durchnittsverdienst eine Lehrers ist ca. 30 US-$ im Monat!!) kostet und damit von der Agentur nicht gestellt wird!! Mein eigenes Handy zeigte zwar den Netzbetreiber, aber meine Telefonkarte war nicht benutzbar, da kein Roaming-Vertrag bestand! Von den Hotel aus konnte ich auf das Internet zugreifen, auch wenn die Geschwindigkeit nicht sehr schnell war!
Vor der Abreise wurde über die Überschwemmungen in Pakistan und Indien berichtet. Aber Birma war genauso betroffen, daß wir eine Klosterbesichtigung nur per Ruderboot durchführen konnten (anstatt mit den Ochsenkarren!!). Es war das stärkste Hochwasser seit über 10 Jahren. Unsere Reiseleiterin hatte dies auch noch nicht erlebt hatte und musste entsprechend „improvisieren“.
Die Menschen kampierten unter primitivsten Umständenam Straßenrand. Neben den aus Blättern auf Ästen gebauten Notdächern war nur eine winzige Kochstelle und die Haustiere (Rinder, Schweine, Hühner) zu sehen. Frieren braucht niemand. Aber den ganzen Tag ist man der schwülheißen Hitze schutzlos ausgesetzt. Da war nichts von Hilfe (durch die Regierung) zu sehen.
Es waren bedrückende Bilder vom klimatisierten Bus aus.
Überall wurden wir von Kindern mit großen Augen umringt, welche uns Ansichtskarten oder Touristenartikel anboten, anstatt zu betteln. Klar soll man von Kindern nichts kaufen, aber jeder wird dem Grundsatz untreu! Das hält man nicht durch! Man verschenkt Schreibstifte, Bonbons usw.! Aber es reicht nie!!
Trotz dieser ärmlichen Bedingungen sind die Menschen freundlich, die Märkte bunt und lebhaft. Aber man „fühlt“ die schwere Belastung, welche durch die harten Bedingungen des Regimes vorgegeben sind.
Abends kam es in den Hotels immer wieder zu Stromausfällen, was ich eigentlich in der Häufigkeit(bei anderen Reisen) auch noch nicht erlebt habe. Man sagte uns, daß ist „normal“ und kommt immer wieder vor. Daher haben Hotels und Geschäfte in der Stadt Dieselaggregate!! Die wirkliche Ursache für die häufigen Ausfälle erfuhren wir durch unsere Reiseleiterin am vorletzten Tag der Rundfahrt. Da sie selbst in der Nähe von Rangoon wohnte, erfuhr sie was während der Woche unserer Rundreise geschehen war und erzählte es uns am letzten Abend. Es wurden also 3 Hochspannungmasten, welche die Regierungshauptstadt (exklusiv mit dem Kraftwerk verbindet) versorgt, durch Rebellen (Allerdings wäre für das allgemeine Volk nichts gewonnen, wenn diese Rebellen an die Macht kämmen!!! Sie beherrschen die Nordprovinz und sind genauso korrupt wie das momentane Regime!!!) gesprengt. Die Regierung schaltete die Versorgung um und belastete das allgemeine Netz des Landes, was dann natürlich die Engpässe (wie beschrieben!) in der Versorgung zur Folge hatte.
Die weitere Folge war aber, daßwegen der vielen Notstromaggregate der Dieselverbrauch hochschnellte, was die Regierung veranlasste, die Dieselpreise zu verdoppeln. (Dies geschah in der Mitte unserer Reisewoche!) Unsere Reiseleiterin kommentierte nichts! Aber wer ein wenig "zwischen den Zeilen lesen konnte“, spürte den Ernst ihrer Schilderung. Ich dachte mir. Na ja, morgen sind wir in Thailand! Aber ich spürte, daß die „Kacke war am dampfen“ ist. Das könnte der Funke sein, daß hier Demos oder Aufstände beginnen. Am Samstag den 18.08.2007 flogen wir nach Bangkok. In Hua Hin trafen wir 5 Tage später ein Ehepaar, welches ebenfalls mit in unserer Gruppe war und wegen ihrer Buchung noch eine Nacht länger in Birma/Rangoon verbrachten. Sie erzählten uns , sie wollten noch mal spazieren gehen und „auf eigene Faust“ die Sule-Pagode besichtigen. Doch sie nahmen den Abstand davon, weil sich die ersten Demonstranten formierten und ihnen die Situation nicht mehr„geheuer“ war.
Ich „verfolgte“ das Geschehen weiter inder thailändischen Tageszeitung, weil hier schon die ersten Artikel über die Proteste abgedruckt wurden. Dies war in der Zeit vom 19.08. - 28.08.2007! In den internationalen Medien (CNN, BBC) wurde zu diesem Zeitpunkt nichts berichtet!
Und erst seit 2 Wochen ist das unbekannte Birma plötzlich jedem bekannt.
Mir wird das Herz schwer, wenn ich die Bilder sehe im TV sehe, wie brutal und unmenschlich das Regime handelt. Ich frage mich, wie geht es unserer Reiseleiterin San San Lha? Sie ist eine beeindruckende, selbstständige und emanzipierte Frau und (wie sie uns erzählte!) über die Großeltern mit der inhaftierten Führerin der Demokratiebewegung Aung San Suu Kyi verwandt. Ich sehe noch ihr Lachen im Gesicht beim Abschied am Flughafen von Rangoon, obwohl mir die Tränen in den Augen standen, da ich schon ahnte was da jetzt geschieht!
Es sind nur Stichpunkte, welche ich hier anführen konnte. Und vieles ist sehr unvollständig und vllt subjektiv!, Aber mein Gefühloder Intuition „sagt“ mir, welche unbeschreibliche „Sauerei“ in diesem Land zur Zeit geschieht. Ich könnte noch viel mehr erzählen aber nicht „tippseln“. Bitte entschuldigt, daß mir Gefühle zu „tippen“ sehr schwer fällt.