Link: www.spiegel.de (extern)Die beiden Kontrahenten Georgien und Russland streiten sich gleich um zwei Provinzen, um Südossetien und Abchasien. Die Einwohner fühlen sich emotional an Russland gebunden, beide Regionen sind seit langem semiautonom. Formell gehören sie zum georgischen Staatsgebiet.
Es ist eine verfahrene Lage: Der Westen, der sich auf dem Balkan für die Unabhängigkeit von Provinzen wie dem Kosovo stark gemacht hat, opponiert im Kaukasus gegen die Abspaltung von Abchasien und Südossetien - und für die Einheit seines Alliierten Georgien, der bisher immer als Kandidat für die Nato hofiert wurde.
USA haben die Armee Georgiens modernisiert
Die Krise im Kaukasus offenbarte in der Vergangenheit immer wieder auch die Differenzen zwischen Russland und USA. Russland möchte seinen Einfluss in der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien nicht verlieren. Für die Regierung in Washington wiederum ist Georgien ein Transitland für Öl und Gas und ein regionaler Brückenkopf. Die Amerikaner bieten neben politischer Rückendeckung auch finanzielle Unterstützung.
Seit der "Rosenrevolution" im November 2003, die zur Amtsübernahme des jetzigen Präsidenten Micheil Saakaschwili führte, verstärkte Amerika sein Engagement in der Region. Die USA stellten Georgien Mittel zur Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung und agieren als wichtiger Investor. Saakaschwili fühlt sich Amerika nah, er studierte zeitweise in den USA und war mehrfach als Staatsmann dort zu Gast. Mit Hilfe von USA und Nato rüstete Tiflis in den vergangenen Jahren stark auf und modernisierte seine Armee.
Für Saakashwili hat die Einheit seines Staates die höchste politische Priorität - das hat er immer wieder deutlich gemacht.
Ähnlich wie die USA hat auch Westeuropa im Konflikt um Abchasien und Südossetien vor allem die Regierung in Tiflis unterstützt. Dabei spielen wiederum geopolitische Interessen eine entscheidende Rolle. Georgien ist auch für Europa als Transitland für Rohstoffe ein wichtiger Partner.
Hilflosigkeit des Westens nützt Russland
In einer Fernsehansprache hatte Saakaschwili noch am Donnerstag die Führung von Südossetien zu Verhandlungen aufgefordert. Das Angebot lautete: Weitgehende Autonomie unter russischer Aufsicht, aber kein Ausscheren aus dem georgischen Staatsverband. Doch auf Versprechungen dieser Art geben die Bewohner in den abtrünnigen Regionen wenig: Das Vertrauen in die georgische Führung ist schon lange dahin, die eigene Unabhängigkeit ist für die meisten Osseten und Abchasier nicht mehr wirklich verhandelbar.
Klar ist vor allem: Die Südosseten und die Abchasen wollen schon längst nichts mehr mit den Georgiern zu tun haben. "Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten" - dieses Gandhi-Zitat ziert eine abchasische Webseite und drückt die Stimmung vieler Menschen in den beiden Provinzen aus.
Eine friedliche Gemeinschaft in einem geeinten Georgien - diese Aussicht erscheint heute selbst großen Optimisten als utopisches Projekt. Der Tenor in den einst autonomen Republiken Georgiens lautet vielmehr: Nur kriegerische Gewalt kann noch zusammenhalten, was nicht mehr zusammengehört.
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