Israel - wohin führt der Weg?
04.01.2009 um 19:25
Behauptung
»Die Juden in den islamischen Ländern wurden von den Arabern immer gut behandelt.«
Tatsache
Den jüdischen Gemeinschaften in den islamischen Ländern erging es zwar insgesamt besser als in den christlichen Ländern Europas, doch Verfolgung und Demütigungen waren ihnen auch unter den Arabern nicht fremd. Bernard Lewis, Professor für Geschichte an der Universität von Princeton, schrieb: »Das Goldene Zeitalter der Gleichberechtigung war ein Mythos und der Glaube daran eher die Folge als die Ursache der jüdischen Sympathie für den Islam.«21
Mohammed, der Gründer des Islam, reiste im Jahr 622 n. Chr. nach Medina, um dort Anhänger für seinen neuen Glauben zu gewinnen. Als die Juden von Medina sich weigerten zu konvertieren und Mohammed ablehnten, wurden zwei der größeren jüdischen Stämme von dort vertrieben; im Jahr 627 töteten Mohammeds Anhänger dann zwischen 600 und 900 jüdische Männer und teilten deren Frauen und Kinder unter sich auf.22
Die Einstellung der Muslime gegenüber den Juden spiegelt sich in verschiedenen Versen im Koran, dem heiligen Buch des Islam. »Sie [die Kinder Israels] wurden mit Schande und Elend geschlagen, und sie luden Allahs Zorn auf sich; dies, weil sie die Zeichen Allahs verwarfen und die Propheten zu Unrecht töten wollten; das war, weil sie widerspenstig waren und frevelten« (Sure 2,62). Nach dem Koran trachten die Juden nur nach Unheil auf Erden (5,65), waren schon immer ungehorsam (5,79) und sind Feinde Allahs, des Propheten und der Engel (2,98-99).
Die Juden wurden von ihren muslimischen Nachbarn verachtet. Eine friedliche Koexistenz der beiden Gruppen war nur möglich, wenn die Juden sich den Muslimen völlig unterordneten. Im 9. Jahrhundert entwarf Kalif
al-Mutawakkil von Bagdad ein gelbes Abzeichen für die Juden und schuf damit einen Präzedenzfall, der Jahrhunderte später in Nazideutschland wieder aufgegriffen wurde.23
Zu bestimmten Zeiten konnten die Juden in den islamischen Ländern einigermaßen in Frieden leben, und in diesen Zeiten kam es denn auch regelmäßig zu einer kulturellen und wirtschaftlichen Blüte in den jüdischen Gemeinden. Doch ihre Stellung blieb stets eine höchst ungesicherte, und Veränderungen des politischen oder gesellschaftlichen Klimas führten immer wieder zu Verfolgung, Gewalttätigkeiten und Mord.
Wenn eine islamische Gesellschaft den Eindruck gewann, dass es den Juden zu gut erginge, flackerte der Antisemitismus auf, häufig mit verheerenden Folgen. Am 30. Dezember 1066 wurde Joseph HaNagid, der jüdische Wesir von Granada, von einem arabischen Mob gekreuzigt; danach wurde das jüdische Viertel der Stadt geschleift und seine 5000 Bewohner niedergemetzelt. Der Aufruhr war von muslimischen Predigern angezettelt worden, aus Angst, der politische Einfluss der Juden könnte zu groß werden.
Im Jahr 1465 ermordete der arabische Mob Tausende von Juden in Fez, nachdem ein stellvertretender jüdischer Wesir sich einer muslimischen Frau »auf beleidigende Weise« genähert hatte. Nur fünf Personen überlebten das Massaker. Die Morde lösten eine Welle ähnlicher Massaker in ganz Marokko aus.24
Im 8. Jahrhundert kam es in Marokko zu Massenmorden an Juden, bei denen der muslimische Herrscher Idris I. ganze Gemeinden auslöschen ließ; im 12. Jahrhundert zwangen die Almohaden in Nordafrika mehrere Gemeinden gewaltsam zur Konversion – wer sich weigerte, wurde umgebracht; 1785 ließ Ali Burzi Pascha in Libyen Hunderte von Juden ermorden; 1805, 1815 und 1830 kam es zu Massakern unter den Juden in Algier; und zwischen 1864 und 1880 wurden in Marrakesch in Marokko über 300 Juden ermordet.25
In Ägypten und Syrien (1014, 1293-1294, 1301-1302), im Irak (854, 859, 1344) und im Jemen (1676) wurden immer wieder Dekrete zur Zerstörung von Synagogen erlassen. Im Jemen (1165 und 1678), in Marokko (1275, 1465 und 1790 bis 1792) und in Bagdad (1333 und 1344) wurden Juden gezwungen, zum Islam überzutreten oder zu sterben, obwohl dies nach dem Koran verboten war.26
Im 19. Jahrhundert erreichte die Lage der Juden in den arabischen Ländern einen Tiefpunkt. Im größten Teil Nordafrikas (einschließlich Algeriens, Tunesiens, Ägyptens, Libyens und Marokkos) wurden die Juden in Gettos verbannt. In Marokko, dem Land mit der größten jüdischen Gemeinde in der islamischen Diaspora, mussten die Juden barfuß gehen bzw. durften nur Strohschuhe tragen, wenn sie das Getto verließen. Schon die muslimischen Kinder beteiligten sich an der Unterdrückung der Juden; sie bewarfen sie mit Steinen oder quälten sie auf andere Weise. Die Ausschreitungen gegen Juden nahmen zu, und viele Juden wurden unter dem Vorwand des Abfalls hingerichtet. Im osmanischen Reich waren Ritualmordanklagen gegen Juden an der Tagesordnung.27
Der bekannte Orientalist G. E. von Grunebaum schrieb:
»Es wäre nicht schwer, die Namen einer beträchtlichen Anzahl jüdischer Untertanen oder Bürger islamischer Länder anzuführen, die einen hohen Rang bekleideten, politischen und wirtschaftlichen Einfluss besaßen und auf intellektuellem Gebiet zu hohem Ansehen gelangten; dasselbe gilt für Christen. Doch ebenso einfach wäre es, eine lange Liste von Verfolgungen, willkürlichen Konfiskationen, versuchten Zwangsbekehrungen oder Pogromen zusammenzustellen.«28
Noch größer wurde die Gefahr für die Juden, als es in der UNO zu einer entscheidenden Kraftprobe zu kommen drohte. Der syrische Delegierte Faris el-Khouri warnte: »Ehe das Palästinenserproblem nicht gelöst ist, werden wir die Juden in der arabischen Welt kaum schützen und keinesfalls für ihre Sicherheit garantieren können.«29
In den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts kam es im Irak, in Libyen, Ägypten, Syrien und im Jemen zu antijüdischen Ausschreitungen, bei denen über 1000 Juden umkamen.30 Das war einer der Auslöser für den Massenexodus von Juden aus arabischen Ländern.