Peitschenhiebe für die Meinungsfreiheit
12.05.2006 um 20:03Im gepriesenen Mustermodell "Kurdistan" ist von Foltern, Einschüchtern undHinrichten die Rede
Bislang steht der kurdische Teil des Irak im Ruf,demokratischer zu sein als der Rest des Landes. Zwei jüngere Ereignisse werfen jedoch einanderes Licht auf die Meinungs- und Pressefreiheit im "Modell Kurdistan".
Amvergangenen Sonntag wurde nach Angaben (1) der Nachrichtenagentur Reuters der JournalistKamal Said Qadir zu anderthalb Jahren Haft verurteilt – weil er den Kurdenführer Barzani,Chef der KDP (Kurdische Demokratische Partei), kritisiert hatte. DerMenschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge (2) hatte Qadir, der dieösterreichische Nationalität besitzt, in zwei Artikeln, die letztes Jahr im Internetveröffentlicht wurden, die Führung der KDP der Bestechung und des Machtmissbrauchsbezichtigt. Im Dezember wurde er daraufhin unter fadenscheinigem Vorwand vor Gerichtzitiert und zu 30 (!) Jahren Gefängnis verurteilt, obwohl Qadir Belege für seine Vorwürfepräsentieren konnte.
Das Urteil wurde jedoch von einem höheren Gerichtwiderrufen, die neu angesetzte Verhandlung am vergangenen Sonntag in Erbil (3) begnügtesich mit dem milderen Urteil: 18 Monate Haft.
Nach Informationen (4) derösterreichischen Zeitung "Der Standard" hat Qadir mittlerweile Berufung eingelegt. Ineinem Statement des österreichischen Zweiges (5) von "Reporter ohne Grenzen" heißt es:
Wir sind sehr wachsam gegenüber dem irakisch-kurdischen Justizsystem, das zuersteinen Juristen zu 30 Jahren Haft verurteilt und dann das Urteil durch 20 dividiert,während die Anschuldigungen dieselben bleiben
Obendrein ist unklar, ob dasGericht in Erbil überhaupt zuständig ist. Qadir hatte die "beleidigenden" Artikel nachAngaben seines Anwalts in Österreich veröffentlicht. Qadir ist kein Einzelfall, so derStandard. Der Sicherheitsdienst der KDP würde im Nordirak politisch unliebsame Personen"foltern, einschüchtern und hinrichten". So würden "Kommunisten, westlich orientierteKurden, Christen oder Pazifisten in Sicherheitsgefängnissen im Nordirak mehr als ein Jahrohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten werden". Dem Roten Kreuz oderamerikanischen Offizieren würden die politischen Gegner als "islamische Fundamentalisten"vorgeführt werden. Die Aufsicht über die unzugänglichen Vernehmungszentren habe BarzanisSohn Masrur.
Anderseits scheint es ganz so, als ob islamische Fundamentalistenauch im irakischen Kurdistan über einige Macht verfügen. In seinem Buch "Sex, Scharia undFrauen in der Geschichte des Islam" wollte Mariwan Halabjayee der Unterdrückung derFrauen im Islam historisch auf die Spur kommen- jetzt musste der Autor, der bereits als"kurdischer Salman Rushdie" (6) bezeichnet wird, nach Schweden fliehen, wo er umpolitisches Asyl bitten will.
Auf Halabjayee ist ein Haftbefehl der Polizei vonSuleimania ausgesetzt und eine Fatwa der "Islamischen Liga von Kurdistan" soll (7) seinLeben gefährden:
Vor einigen Wochen sagten mir Mullahs und Gelehrte in Halabja, dassich mich ihnen stellen sollte, um mich zu entschuldigen. Sie würden mir dann 80Peitschenhiebe verabreichen und mich an ein Fatwa-Komitee überweisen, die dannentscheiden, ob ich geköpft werden sollte. Möglich, dass sie mir verzeihen würden, abervielleicht auch nicht.
Mariwan Halabjayee
Halabjayee zog es vor, sich mitseiner schwangeren Frau und drei Kindern zu verstecken, bis ihm mithilfe eines PUK(Patriotische Union von Kurdistan)-Mitglieds die Flucht gelang. Die kurdischeRegionalregierung versagte ihm jede Hilfe. Entsprechenden Protesten antwortete derzuständige Minister für religiöse Angelegenheiten, Muhammad Gaznayi, dass nach den"Gesetzen des irakischen Kurdistan die Diffamierung oder Kritik von Religion oderreligiösen Figuren ein Verbrechen ist und die Strafe hart. Wir werden all diejenigen, dieunseren Propheten angreifen, derart bestrafen, dass es eine Lektion für jedermann ist."
Bislang steht der kurdische Teil des Irak im Ruf,demokratischer zu sein als der Rest des Landes. Zwei jüngere Ereignisse werfen jedoch einanderes Licht auf die Meinungs- und Pressefreiheit im "Modell Kurdistan".
Amvergangenen Sonntag wurde nach Angaben (1) der Nachrichtenagentur Reuters der JournalistKamal Said Qadir zu anderthalb Jahren Haft verurteilt – weil er den Kurdenführer Barzani,Chef der KDP (Kurdische Demokratische Partei), kritisiert hatte. DerMenschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge (2) hatte Qadir, der dieösterreichische Nationalität besitzt, in zwei Artikeln, die letztes Jahr im Internetveröffentlicht wurden, die Führung der KDP der Bestechung und des Machtmissbrauchsbezichtigt. Im Dezember wurde er daraufhin unter fadenscheinigem Vorwand vor Gerichtzitiert und zu 30 (!) Jahren Gefängnis verurteilt, obwohl Qadir Belege für seine Vorwürfepräsentieren konnte.
Das Urteil wurde jedoch von einem höheren Gerichtwiderrufen, die neu angesetzte Verhandlung am vergangenen Sonntag in Erbil (3) begnügtesich mit dem milderen Urteil: 18 Monate Haft.
Nach Informationen (4) derösterreichischen Zeitung "Der Standard" hat Qadir mittlerweile Berufung eingelegt. Ineinem Statement des österreichischen Zweiges (5) von "Reporter ohne Grenzen" heißt es:
Wir sind sehr wachsam gegenüber dem irakisch-kurdischen Justizsystem, das zuersteinen Juristen zu 30 Jahren Haft verurteilt und dann das Urteil durch 20 dividiert,während die Anschuldigungen dieselben bleiben
Obendrein ist unklar, ob dasGericht in Erbil überhaupt zuständig ist. Qadir hatte die "beleidigenden" Artikel nachAngaben seines Anwalts in Österreich veröffentlicht. Qadir ist kein Einzelfall, so derStandard. Der Sicherheitsdienst der KDP würde im Nordirak politisch unliebsame Personen"foltern, einschüchtern und hinrichten". So würden "Kommunisten, westlich orientierteKurden, Christen oder Pazifisten in Sicherheitsgefängnissen im Nordirak mehr als ein Jahrohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten werden". Dem Roten Kreuz oderamerikanischen Offizieren würden die politischen Gegner als "islamische Fundamentalisten"vorgeführt werden. Die Aufsicht über die unzugänglichen Vernehmungszentren habe BarzanisSohn Masrur.
Anderseits scheint es ganz so, als ob islamische Fundamentalistenauch im irakischen Kurdistan über einige Macht verfügen. In seinem Buch "Sex, Scharia undFrauen in der Geschichte des Islam" wollte Mariwan Halabjayee der Unterdrückung derFrauen im Islam historisch auf die Spur kommen- jetzt musste der Autor, der bereits als"kurdischer Salman Rushdie" (6) bezeichnet wird, nach Schweden fliehen, wo er umpolitisches Asyl bitten will.
Auf Halabjayee ist ein Haftbefehl der Polizei vonSuleimania ausgesetzt und eine Fatwa der "Islamischen Liga von Kurdistan" soll (7) seinLeben gefährden:
Vor einigen Wochen sagten mir Mullahs und Gelehrte in Halabja, dassich mich ihnen stellen sollte, um mich zu entschuldigen. Sie würden mir dann 80Peitschenhiebe verabreichen und mich an ein Fatwa-Komitee überweisen, die dannentscheiden, ob ich geköpft werden sollte. Möglich, dass sie mir verzeihen würden, abervielleicht auch nicht.
Mariwan Halabjayee
Halabjayee zog es vor, sich mitseiner schwangeren Frau und drei Kindern zu verstecken, bis ihm mithilfe eines PUK(Patriotische Union von Kurdistan)-Mitglieds die Flucht gelang. Die kurdischeRegionalregierung versagte ihm jede Hilfe. Entsprechenden Protesten antwortete derzuständige Minister für religiöse Angelegenheiten, Muhammad Gaznayi, dass nach den"Gesetzen des irakischen Kurdistan die Diffamierung oder Kritik von Religion oderreligiösen Figuren ein Verbrechen ist und die Strafe hart. Wir werden all diejenigen, dieunseren Propheten angreifen, derart bestrafen, dass es eine Lektion für jedermann ist."