Burka in Bonn
17.05.2006 um 14:08
Muß auch mal pasten. Krieg das mit dem verlinken gerade nicht hin.
Ein Bericht ausder FAZ.
Spiegelt doch ganz gut die Stimmung im Land wieder.
Allensbach-Analyse
Eine fremde, bedrohliche Welt
Von Professor Dr.Elisabeth Noelle und Dr. Thomas Petersen
17. Mai 2006
Wie entsteheneigentlich Konflikte, Kriege zwischen Bevölkerungsgruppen oder Völkern?
DieGeschichte lehrt, daß dem offenen Ausbruch eines Konflikts oft eine längere Zeit derEntfremdung vorangeht. Die Beteiligten stellen fest, daß ihre Ziele nicht miteinander zuvereinbaren sind, das Verständnis für das Anliegen des Gegenübers nimmt ab, die beidenParteien sprechen immer weniger miteinander, Mißtrauen entsteht und wächst. DieWahrnehmung des Gegenübers wird zunehmend durch Gerüchte und stereotype Vereinfachungengeprägt, die Sprache, mit der über die andere Seite gesprochen wird, wendet sich insSchlagworthafte.
Schließlich werden die Absichten der Gegenseite alsBedrohung für die eigenen Ziele, sogar die Existenz angesehen, der man sich mit allenMitteln erwehren müsse. Dem Gegenüber werden jegliche Moral und schließlich sogarmenschliche Eigenschaften abgesprochen.
Beginn einer Konfliktspirale
Als der amerikanische Politikwissenschaftler Samuel Huntington vor mehr als einemJahrzehnt seine These vom „Clash of Civilizations“ veröffentlichte, erntete er dafür vielAufmerksamkeit, aber auch viel Kritik. Zu wenig schien die Annahme, es werde eines Tageseine Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Kulturkreisen auf der Welt geben, ineine Zeit zu passen, die nach dem Ende des Kalten Krieges einer friedlichen Zukunftentgegenzugehen schien. Historiker rechneten vor, daß die weitaus meisten Konflikte inder Geschichte stets innerhalb eines Kulturkreises stattgefunden hätten.
Betrachtet man die Ergebnisse der Umfrage über die Einstellung der Deutschen zumIslam, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Mai 2006 im Auftrag der FrankfurterAllgemeinen Zeitung erhoben hat, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß inDeutschland ebenjener Prozeß der Entfremdung zwischen abendländischer und islamischerWelt wie auch der zwischen traditioneller Bevölkerung und den im Lande lebenden Muslimenselbst stattfindet, der, wenn man es pessimistisch betrachtet, als Beginn einerKonfliktspirale angesehen werden kann.
Spürbar verdüsterte Vorstellungen
So sind die Deutschen zunehmend der Ansicht, daß ein friedliches Zusammenleben mitder islamischen Welt auf Dauer unmöglich sein wird. Auf die Frage „Was meinen Sie: KönnenChristentum und Islam friedlich nebeneinander existieren, oder sind diese Religionen zuverschieden, wird es deshalb immer wieder zu schweren Konflikten kommen?“ antworten heute61 Prozent der Befragten, sie glaubten, es werde immer wieder schwere Konflikte zwischenIslam und Christentum geben.
Formuliert man die Frage etwas genauer und fragt,ob es in Zukunft zu Konflikten zwischen der westlichen und der arabisch-muslimischenKultur kommen werde, ändern sich die Antworten kaum. In diesem Fall sagen 65 Prozent, sierechneten mit solchen Konflikten.
Die Vorstellungen der Deutschen über den Islamwaren bereits in den vergangenen Jahren negativ, doch sie haben sich in der jüngsten Zeitnoch einmal spürbar verdüstert. 91 Prozent der Befragten sagten im Mai 2006, sie dächtenbei dem Stichwort Islam an die Benachteiligung von Frauen; im Jahr 2004 hatten 85 Prozentso geurteilt. Die Aussage, der Islam sei von Fanatismus geprägt, teilten vor zwei Jahren75, jetzt 83 Prozent. Der Islam sei rückwärtsgewandt, sagen heute 62 im Vergleich zu 49Prozent, er sei intolerant, meinen 71 gegenüber 66 Prozent, und die Ansicht, der Islamsei undemokratisch, hat in den vergangenen zwei Jahren von 52 auf 60 Prozent zugenommen.Die Eigenschaft Friedfertigkeit bescheinigen dem Islam gerade acht Prozent der Deutschen.
Der Graben wird tiefer
Das Bild des Christentums hat sich dagegendeutlich zum Positiven verändert. Es sei von Nächstenliebe geprägt, meinen heute 80Prozent, 71 Prozent denken beim Stichwort Christentum an die Achtung der Menschenrechte,ebenso viele an Wohltätigkeit. 65 Prozent bescheinigen ihm Friedfertigkeit, immerhin 42Prozent Toleranz und 36 Prozent Selbstbewußtsein. Alle diese Eigenschaften werden demChristentum heute deutlich häufiger zugeordnet als noch im Jahr 2004, und zwar ohne daßder Anteil der gläubigen Christen an der deutschen Bevölkerung zugenommen hätte. Manerkennt die Muster der Polarisierung. Der Graben zwischen dem eigenen Lager und „denanderen“ wird tiefer.
Einige Zeit hatte es den Anschein, als handele es sich beidem Konflikt zwischen dem Islam und der westlichen Welt um etwas, was vor allem in fernenLändern stattfindet, doch inzwischen betrachtet die Bevölkerung die Rolle des Islams auchin Deutschland mit wachsendem Mißtrauen. Es liegt nahe, hierin eine Reaktion auf diesogenannten „Ehrenmorde“, auf burkatragende Schülerinnen in Bonn oder die Probleme derBerliner Rütli-Schule mit ihrem hohen Ausländeranteil sowie auf die intensive öffentlicheDiskussion über das Staatsangehörigkeitsrecht zu sehen.
Bei der Frage „GlaubenSie, daß es in nächster Zeit auch hier in Deutschland zu Spannungen mit der muslimischenBevölkerung kommt, oder ist das nicht zu befürchten?“ waren die Deutschen im September2001, unmittelbar nach den Anschlägen von Washington und New York, noch gespalten: 49Prozent erwarteten Spannungen, 43 Prozent meinten, das sei nicht zu befürchten. In derZwischenzeit haben sich die Gewichte eindeutig verschoben. 58 Prozent der Befragtenerwarten heute, daß es zu Spannungen mit der muslimischen Bevölkerung in Deutschlandkommen werde, nur noch 22 Prozent widersprechen ausdrücklich.
Keineswegsbesonders ausländerfeindlich
Darüber hinaus glauben 46 Prozent, daß es inDeutschland in nächster Zeit zu Terroranschlägen kommen werde, eine relative Mehrheit von42 Prozent stimmt der Aussage zu: „Es leben ja so viele Moslems bei uns in Deutschland.Manchmal habe ich direkt Angst, ob darunter nicht auch viele Terroristen sind.“
Obwohl zahlreiche demoskopische Ergebnisse zeigen, daß die Deutschen, anders als oftbehauptet wird, keineswegs besonders ausländerfeindlich sind, sondern im Gegenteil iminternationalen Vergleich eine überdurchschnittlich große Aufgeschlossenheit gegenüberfremden Kulturen aufweisen, sieht die Mehrheit die Signale der Ausbreitung des Islam inihrem persönlichen Umfeld mit wachsendem Unbehagen.
Ein Feldexperiment
Am deutlichsten wird dies am Ergebnis eines Feldexperiments, bei dem dieGesamtstichprobe der Befragten in zwei gleich große, jeweils in sich repräsentativeGruppen unterteilt wurde. Der einen Hälfte der Befragten wurde die folgende Fragegestellt, die eine aktuelle Debatte in Berlin-Pankow aufgreift: „Einmal angenommen, ineiner deutschen Großstadt soll in einem Stadtviertel eine Moschee gebaut werden. DieBehörden haben dem Bau zugestimmt, aber die Bevölkerung in dem Stadtviertel ist dagegen.Wie ist Ihre Meinung: Sollte man die Moschee bauen, auch wenn die Bevölkerung dagegenist, oder sollte man auf den Bau verzichten?“
11 Prozent der Befragten meinten,man sollte unter diesen Umständen an dem Bau der Moschee festhalten, fast drei Viertel,74 Prozent sagten dagegen, daß man die Moschee nicht bauen sollte. Der anderen Hälfte derBefragten wurde eine gleichlautende Frage gestellt, nur daß in diesem Fall nicht voneiner Moschee, sondern von einem Jugendzentrum die Rede war. In diesem Fall sprachen sich59 Prozent der Befragten für den Bau aus, nur 27 Prozent meinten, man solle besser daraufverzichten.
Erschöpfte Verständigungsbereitschaft
Angesichts desdiffusen Gefühls der Bedrohung und der vermuteten Intoleranz des Islams sinkt dieBereitschaft der Deutschen, ihrerseits Toleranz gegenüber dem muslimischen Glauben zuüben. Der Aussage „Wenn es in manchen islamischen Ländern verboten ist, Kirchen zu bauen,sollte es bei uns auch verboten sein, Moscheen zu bauen“ stimmen 56 Prozent der Befragtenzu, nur 30 Prozent sagen, das sähen sie nicht so. Selbst erhebliche Eingriffe in dasGrundrecht der Religionsfreiheit würden von einem großen Teil der Bevölkerungbefürwortet. Immerhin 40 Prozent reagieren auf die Aussage „Um zu verhindern, daß es zuviele radikale, gewaltbereite Moslems in Deutschland gibt, sollte man die Ausübung desislamischen Glaubens in Deutschland stark einschränken“ mit Zustimmung.
Wie sehrdie Verständigungsbereitschaft erschöpft ist, läßt sich auch am Beispiel der Reaktionenauf den Karikaturenstreit vom Beginn des Jahres zeigen, als die Veröffentlichung vonMohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitung zu wütenden, zum Teil offensichtlichorganisierten Protesten in vielen muslimischen Ländern führte.
Im Februar/Märzdieses Jahres, als die öffentliche Diskussion zu diesem Thema in vollem Gange war,stellte das Allensbacher Institut die Frage: „Jetzt einmal abgesehen von den gewaltsamenAusschreitungen: Haben Sie grundsätzlich Verständnis dafür, daß sich viele Moslems durchdie Karikaturen in ihren religiösen Gefühlen verletzt sehen, oder haben Sie dafür keinVerständnis?“
Harmoniebedürftige Deutsche
47 Prozent meinten damals,sie hätten Verständnis für die Reaktionen der muslimischen Welt, 42 Prozent sagten, dafürhätten sie kein Verständnis. Heute, nachdem die Debatte abgeflaut ist und dieBeschwichtigungsversuche von Politikern und Medien aus dem Bewußtsein verschwunden sind,meint eine Mehrheit von 52 Prozent, sie habe kein Verständnis, nur noch 35 Prozent sagen,sie könnten die Reaktionen der Muslime auf die Karikaturen nachvollziehen.
Seitdem Ende des Zweiten Weltkriegs hat die deutsche Bevölkerung, wie sich an vielenBeispielen zeigen läßt, immer eine besondere Abneigung gegenüber Konflikten gezeigt. Mankönnte sogar von einer ausgeprägten Harmoniebedürftigkeit der Deutschen sprechen. Daranhat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert, doch in bezug auf den Islam werden dieFronten offensichtlich härter.
Nach wie vor liegt es den Deutschen fern, alleMuslime pauschal des Extremismus zu bezichtigen. Bei der Frage „Halten Sie den Islaminsgesamt für eine Bedrohung, oder sind das nur einzelne radikale Anhänger dieserReligion, von denen eine Bedrohung ausgeht?“ versichern zwei Drittel der Befragten, dieGefahr gehe ihrer Ansicht nach nur von einzelnen Radikalen aus, doch das Grundgefühl istein anderes. Am deutlichsten wird dies an der Frage: „Man hört ja manchmal den Begriff,Kampf der Kulturen'. Damit ist ein ernster Konflikt zwischen Islam und Christentumgemeint. Was meinen Sie: Haben wir zur Zeit einen solchen Kampf der Kulturen, oder würdenSie das nicht sagen?“
Vor zwei Jahren meinten 46 Prozent der Befragten, es gebeeinen solchen Kampf der Kulturen, 34 Prozent widersprachen. Heute sagen 56 Prozent derDeutschen, die Gesellschaft stehe bereits jetzt in einer solchen Auseinandersetzung, nurnoch 25 Prozent vertreten die Ansicht, das könne man nicht sagen. In den Köpfen derBürger hat der „Kampf der Kulturen“ bereits begonnen.
Text: F.A.Z., 17.05.2006, Nr.114 / Seite 5
Bildmaterial: F.A.Z.
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