? Globale Krise im März ?
22.04.2006 um 14:48
Iranische Ölbörse- der Todesstoß für den US-Dollar
von Krassimir Petrov
Für Krassimir Petrov haben die aktuellen außenpolitischen Spannungen mit demIran einen handfesten ökonomischen Hintergrund. Die geplante iranischen Ölbörse könnteden unausweichlichen Kollaps des Dollars auslösen und hat damit das Potential, derSargnagel für das amerikanische Imperium zu werden.
Der Autor erwartet weiter,dass die FED unter ihrem neuen Vorsitzenden Ben Bernanke die drohende Finanzkrise mit derNotenpresse bekämpfen werde. Nach einer hyperinflationären Phase sieht er Gold als neue,alte Weltwährungsreserve.
I. Ökonomie der Imperien
Während einNationalstaat seine eigenen Bürger besteuert, kann ein Imperium andere Nationalstaatenbesteuern. Die Geschichte der Imperien, von den Griechen und den Römern, bis zu denOsmanen und den Briten lehrt uns, dass das wirtschaftliche Fundament jedes einzelnenImperiums die Besteuerung anderer Staaten ist. Der Fähigkeit andere Staaten zu besteuern,lag immer die größere Wirtschaftskraft des Imperiums zugrunde, und als dessen Folge, diegrößere Militärkraft. Ein Teil der vom unterworfenen Staat eingetriebenen Steuern dienteder Erhöhung des Lebensstandards des Imperiums, während der andere Teil in die Stärkungdes Militärs floß, um die Steuereintreibung durchzusetzen.
Historisch gesehenerfolgte die Besteuerung des unterworfenen Staates in verschiedenen Formen. Normalerweisewurde dort Gold und Silber verlangt, wo Gold und Silber als Geld fungierten, aber auchSklaven, Soldaten, Getreide, Rinder oder andere landwirtschaftliche Güter oder Rohstoffe,bzw. was auch immer für Güter das Imperium verlangte und der unterworfene Staat liefernkonnte, wurden als Steuer eingehoben. Historisch gesehen war die Besteuerung durch einImperium immer direkt: der unterworfene Staat lieferte die Güter dem Imperium direkt ab.
Zum ersten Mal in der Geschichte konnte Amerika im 20. Jahrhundert die Weltindirekt durch Inflation besteuern. Es brauchte keinen Anspruch auf direkte Zahlungenerheben wie es alle Vorgänger-Imperien zu tun pflegten, sondern die USA verteilen stattdessen ihr eigenes Papiergeld, den US-Dollar, an andere Länder und erhalten dafür realeGüter. Das alles geschieht mit der Absicht, den US-Dollar durch Inflationierungabzuwerten und damit jeden Dollar später mit weniger Gütern zurückzuzahlen – dieDifferenz entspricht der US-amerikanischen imperialen Steuer. Und so spielte sich derProzeß ab.
Im frühen 20. Jahrhundert begann die amerikanische Wirtschaft dieWeltwirtschaft zu dominieren. Der US-Dollar war an Gold gebunden, d.h. weder erhöhte nochreduzierte sich der Wert eines Dollars, sondern er entsprach fortwährend derselben MengeGold. Die Weltwirtschaftskrise, mit der in den Jahren 1921 bis 1929 vorausgehendenInflation [d.h. Ausweitung der Geldmenge; Anm. d. Ü.] und den nachfolgendenexplodierenden Budgetdefiziten, erhöhte die im Umlauf befindlichen Banknoten signifikant,was die Deckung des Dollars mit Gold unmöglich machte. Folglich entkoppelte Roosevelt[US-Präsident Franklin D. Roosevelt, Anm. d. Ü.] 1932 den Dollar vom Gold. Bis zu diesemPunkt mögen die USA wohl die Weltwirtschaft dominiert haben, aus einer ökonomischenPerspektive waren die USA jedoch kein Imperium. Die Bindung an das Gold erlaubte es denAmerikanern nicht, sich auf Kosten anderer Länder zu bereichern.
Seineökonomische Geburtsstunde erlebte das amerikanische Imperium mit dem Bretton-WoodsAbkommen im Jahre 1945. Der US-Dollar war nicht mehr voll in Gold konvertierbar, sondernnur mehr für ausländische Regierungen in Gold konvertierbar. Das begründete den Statusdes Dollars als Weltwährungsreserve. Dies war möglich, weil die Vereinigten Staatenwährend des 2. Weltkrieges gegenüber ihren Verbündeten darauf bestanden, dassGüterlieferungen mit Gold bezahlt werden mussten, wodurch die USA einen Großteil desweltweit verfügbaren Goldes akkumulieren konnten. Die Ausbildung eines Imperiums wäreniemals möglich gewesen, wenn, wie im Bretton Woods Abkommen festgeschrieben, dieGeldmenge des Dollars derart begrenzt geblieben wäre, sodass eine Rückwechslung desDollars in Gold möglich geblieben wäre. Allerdings entsprach die „Butter undKanonen“–Politik der 1960er Jahre bereits einer imperialen Politik: die Geldmenge desDollars wurde schonungslos erweitert, um den Vietnamkrieg und Lyndon B. Johnsons[US-Präsident von 1963 – 1968; Anm. d. Ü.] „Great Society“ zu finanzieren. Der Großteilder Dollar floss im Austausch für Güter ins Ausland, ohne dass die USA jemals einehrliches Interesse gehabt hätten, die US-Dollar zum selben Wert zurückzukaufen. Dieständigen Handelsbilanzdefizite führten zu einem Anstieg der Beteiligungen in US- Dollarvon Ausländern und das ist gleichbedeutend mit einer Steuer – die klassischeInflationssteuer, die ein Land seinen eigenen Bürgern auferlegt, hoben dieses Mal dieVereinigten Staaten vom Rest der Welt ein.
Als die Ausländer 1970-1971 ihreDollarbestände in Gold wechseln wollten, bezahlte die amerikanische Regierung per 15.August 1971 ihre Schulden nicht mehr. Während die vox populi die Geschichte von der„Trennung der Verbindung von Dollar und Gold“ erzählt, ist die Weigerung deramerikanischen Regierung Dollar in Gold einzulösen, in der Realität eine Form desBankrotts. Im Wesentlichen erhoben sich damit die USA zum Imperium. Die USA konsumierteneine Unmenge an ausländischen Gütern, ohne jemals die Absicht oder die Fähigkeit zuhaben, diese Güter eines Tages zurückzusenden und die Welt hatte nicht die Macht, ihreAnsprüche durchzusetzen – die Welt wurde besteuert und konnte nichts dagegen tun.
Um das amerikanische Imperium aufrecht zu erhalten und um den Rest der Welt weiter zubesteuern, mussten die Vereinigten Staaten seither die Welt dazu zwingen, den beständigan Wert verlierenden Dollar im Austausch für Güter zu akzeptieren und immer größere Mengedes beständig an Wert verlierenden Dollar zu halten. Die USA mussten eine ökonomischeBegründung finden, warum die Welt Dollar halten sollte und diese Begründung war dasRohöl.
1971 wurde es immer offensichtlicher, dass die amerikanische Regierungnicht mehr imstande war, ihre Dollar mit Gold zurückzukaufen, und so traf sie 1972/73 mitSaudia Arabien die unumstößliche Vereinbarung, dass die USA das Königshaus Saud fortanunterstützen würden, wenn dieses als Gegenleistung nur mehr US-Dollar für ihr Rohölakzeptiert. Die restlichen Mitglieder OPEC taten es Saudi Arabien gleich und akzeptiertenebenfalls nur mehr Dollar. Weil die Welt Öl von den Arabischen Ländern kaufen musste,bestand ein Grund, Dollar für die Bezahlung des Öls zu halten. Weil die Welt immergrößere Mengen an Öl benötigte, konnte die Nachfrage nach Dollar nur steigen. Auch wennDollar nicht mehr länger in Gold gewechselt werden konnte, waren sie nun gegen Ölwechselbar.
Die ökonomische Quintessenz dieser Vereinbarung war, dass der Dollarnun von Öl gedeckt wurde. Solange dies der Fall war, musste die Welt Unmengen an Dollarakkumulieren, weil sie diese Dollar für den Einkauf von Öl benötigten. Solange der Dollardie einzig akzeptierte Währung im Ölgeschäft war, war die Dominanz des Dollars in derWelt gesichert und das amerikanische Imperium konnte den Rest der Welt besteuern. Falls,aus welchem Grund auch immer, der Dollar seine Öldeckung verlöre, würde das amerikanischeImperium untergehen. Der Überlebensdrang des Imperiums diktiert daher, dass Öl nur fürDollar verkauft werden darf. Er diktiert auch, dass die verschiedenen Länder mitÖlreserven nicht stark genug sein dürfen, politisch oder militärisch, um für dieBezahlung des Öls etwas Anderes als Dollar zu verlangen. Falls jemand ein anderesZahlungsmittel verlangte, musste er entweder mit politischem Druck oder militärischenMittel überzeugt werden, seine Meinung zu ändern.
Der Mann, der tatsächlich Eurofür sein Öl verlangte, war Saddam Hussein im Jahr 2000. Zunächst wurde seine Forderungmit Spott und Hohn begegnet, später mit Gleichgültigkeit, aber als es klarer wurde, dasser es ernst meinte, wurde politischer Druck ausgeübt, damit er seine Meinung ändert. Alsandere Länder, wie der Iran, die Bezahlung in anderen Währungen, insbesondere in Euro undYen, verlangten, war die Gefahr für den Dollar offensichtlich und gegenwärtig und eineStrafaktion stand an. [George W.] Bushs Operation „Schock und Ehrfurcht“ [shock and awe]im Irak drehte sich nicht um Saddams nukleares Potential, nicht um die Verteidigung derMenschenrechte, nicht um die Verbreitung der Demokratie und auch nicht darum, dieÖlfelder zu erobern; es ging allein darum, den Dollar zu verteidigen, sprich dasamerikanische Imperium. Es sollte ein mahnendes Exempel statuiert werden, dass jeder, derandere Währungen als den US-Dollar akzeptieren wollte, auf die selbe Art bestraft würde.
Viele kritisierten Bush für seinen Angriff auf den Irak, weil sie glaubten, dasses Bush um die Eroberung der irakischen Ölfelder ging. Allerdings können diese Kritikernicht erklären, warum Bush es überhaupt nötig hätte, diese Ölfelder zu erobern – erkönnte ja einfach kostenfrei Dollar drucken und mit diesen soviel Öl kaufen, wie erbenötig. Er muss daher andere Gründe für seine Invasion gehabt haben.
DieGeschichte lehrt uns, dass ein Imperium aus zwei Gründen in den Krieg ziehen soll: (1) umsich zu verteidigen oder (2) um vom Krieg zu profitieren; falls nicht, wie Paul Kennedyin seinem richtungweisenden Werk „The Rise and Fall of the Great Powers“ ausführt, diemilitärische Überdehnung die ökonomischen Mittel erschöpft und den Kollaps des Imperiumsherbeiführt. Ökonomisch betrachtet muss der Nutzen eines Krieges dessen militärische undsoziale Kosten übersteigen, damit ein Imperium einen Krieg vom Zaun bricht. Der Gewinnaus den irakischen Ölfeldern ist kaum die Kosten über viele Jahre hinweg wert. Nein, Bushmusste den Irak angreifen, um sein Imperium zu verteidigen. Genau das ist in der Tat derFall: zwei Monate nachdem die Vereinigten Staaten in den Irak einmarschierten, wurde das„Oil for Food“ Programm beendet, die auf Euro lautenden irakischen Konto in Dollar-Kontenrückgewandelt und das Öl wurde wieder nur für US- Dollar verkauft. Die Welt konnte nunnicht mehr irakisches Öl mit Euro erwerben. Die globale Vormachtstellung des Dollars warwiederhergestellt. Siegreich stieg Bush aus einem Kampflugzeug aus und erklärte dieMission für vollendet – er hatte den US-Dollar erfolgreich verteidigt und damit dasamerikanische Imperium.