Rasenmayer schrieb:Ich glaube auch kaum, dass man solche Summen an "Reparaturzahlungen" oder Wiedergutmachungen der deutschen Bevölkerung verkaufen könnte. Ich würde hier, ähnlich wie bei den erdrückend hohen Reparaturzahlungen des Versailler Vertrags zu Beginn der Weimarer Republik, befürchten, dass die radikalen Kräfte starken Zulauf bekommen würden und jemand hinterher laufen, der laut genug schreit "Schluß mit den Zahlungen, mit uns nicht mehr." Ein Deutschland, das sich in die Ecke gedrängt fühlt, neigt dazu, um sich zu schlagen. Das kann auch keiner wollen.
Ich finde jetzt nicht, dass Namibia von der Qualität wie auch der Summe her das Potential zu Versailles 2.0 hat, aber ich verstehe dein Grundargument dahingehend, dass es "Teile der Bevölkerung verunsichern" könnte wenn man jetzt plakativ ausgedrückt 500-600 Milliarden über X Jahre (sofort geht nicht) in welcher Form auch immer auszahlen würde. Dass man mit "Hypermoral", so das ein Grund wäre sich auf den hohen Betrag zu einigen, anders wo viel kaputtmachen oder sich sinngemäß ins Bein schießen kann, muss bedacht werden.
Man muss nämlich die Wechselwirkungen politischen Tun und Handelns bedenken. Meckern ohnehin immer irgendwelche Leute prinzipiell oder ab einer gewissen Höhe? Ja, klar. Bestimmt würde bei 50 oder 500 Millionen schon jemand meckern. Daran darf man sich nicht immer orientieren. Aber man darf, nein, muss zugleich dahingehend ein "Maß" bedenken, das irgendwann voll ist. "Übertreibe" ich es sinngemäß, entstehen intern in der Bevölkerung wiederum Irritationen und in der Wechselwirkung kann das abstrakt bedeuten, dass ich ungewollt Radikalismus und Extremismus fördere indem gewisse Personenkreise damit Politik betreiben und eigene Positionen fördern können. Ganz plakativ: "Schaut her, Eure Regierung verschenkt Milliarden für etwas, mit dem ihr längst nichts mehr zutun hat, statt (Baustelle X im Land hier einfügen)!"
Einerseits den Haushalt übermäßig zu belasten, andererseits abstrakt für politischen Dissens im eigenen Land zu sorgen - das wäre nicht klug.
Nicht falsch verstehen, mehrfach schrieb ich, dass ich für Unterstützungsleistung bin. Ich finde aber einfach, das geht taktvoller und mit mehr Koordinierung bzw. Sicherstellung, dass die Leute vor Ort auch was davon haben - als z.B. den Fokus auf hohe Direktsummen zu setzen. Ich persönlich wäre auch offen, die bisher angedachte Summe noch etwas zu erhöhen, auch wenn man um Stückelung der Beiträge nicht umhinkommen kann.
Letztendlich wäre mir als Bürger wichtig, eine starke Partnerschaft noch weiter auszubauen während man einen Beitrag dazu leitet, die Verhältnisse vor Ort generell aber auch für die damals betroffenen Stämme zu verbessern. Von einstigen Besatzern / Ausbeutern zu starken Partnern, die den Weg in die Zukunft weisen und somit, auch wenn sie als lebende Individueen nichts mehr damit zutun haben, vergangenes Unrecht irgendwie halbwegs aufwiegen. Wenn "transgenerationales Trauma" (was ich übrigens irgendwo nachvollziehen kann, demnach nicht abstreite) ein Aspekt sein kann, dann kann es auch eine "Heilung" dessen geben.
Um mich aber nochmal zu wiederholen: Ich denke schlicht, dass es nicht zweckdienlich für quasi fast alle ist, sich in Forderungen oder Erwartungen um sehr sehr hohe Summen zu verrennen. Gift für die Beziehungen. Dort, hier, generell. Wenn wir als Staat freiwillig diesbezüglich anerkennen und auch vergüten / entschädigen wollen, soll das so sein.
Die Höhe muss bei allen realistischen Faktoren (andere dringende Baustellen, endlicher Bundeshaushalt aus dem die Mittel ja kommen müssen sowie politische Wechselwirkungen auch intern) aber 'realistisch' bleiben, auch wenn jetzt noch Luft nach oben wäre.
Aber schauen wir, was die Debatten und Verhandlungen noch bringen.