cejar schrieb:Aber gerade bei Mord wurden Dir jetzt mehrfach Szenarien aufgezeigt in dem die StA nun einen Freischuss bekommt
Sorry, ich habe keine solche überzeugenden Szenarien zu sehen bekommen. Sie überzeugen deshalb nicht, weil die Praxis eben nicht so läuft und keine StA und kein Gericht so arbeiten, wie sich das hier einige offenbar vorstellen.
cejar schrieb:Sie können jetzt jederzeit anklagen, ohne wasserdicht zu sein, da sie wissen das auch später erneut angeklagt werden kann
Eben nicht! Sie DÜRFEN nach der StPO gar nicht wegen Mordes anklagen, wenn sie nichts Wasserdichtes haben. Sie müssen dann einstellen. Klagen sie an, obwohl sie wissen, dass sie im Grunde nichts haben, machen sie sich außerdem strafbar wegen Verfolgung Unschuldiger nach § 244 StGB.
Strafgesetzbuch (StGB)
§ 344 Verfolgung Unschuldiger
(1) Wer als Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Strafverfahren, abgesehen von dem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehenden Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), berufen ist, absichtlich oder wissentlich einen Unschuldigen oder jemanden, der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf, strafrechtlich verfolgt oder auf eine solche Verfolgung hinwirkt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft….
So was riskiert kein Staatsanwalt, der bei Trost ist.
Und natürlich weiß ein Staatsanwalt, dass er nicht damit rechnen kann, dass ihm, wenn der Angeklagte vom Vorwurf des Mordes freigesprochen wurde, irgendwann nach dem Freispruch durch eine gute Fee noch was in die Hände fällt, was nun aber hübsch für eine Wiederaufnahmeantrag reicht.
Ich schreibe es jetzt zum letzten Mal: Ist jemand freigesprochen, wird gegen ihn nicht mehr weiter ermittelt. Nicht heimlich und nicht offen. Es wird schlicht gegen diesen Menschen nicht mehr ermittelt, Punkt, aus, fertig. Wer was anderes glaubt oder schreibt, glaubt und schreibt etwas absolut Falsches.
Was nach einem Freispruch passiert: Die Tat ist weiter unaufgeklärt, aber nur dann, wenn der Freispruch aus Mangel an Beweisen erfolgte. Erfolgte er dagegen wegen erwiesener Unschuld, ist ja der Alternativtäter gefunden, der nun angeklagt werden kann.
Die StA macht sich bei einem Freispruch aus Mangel an Beweisen also an die weitere Aufklärungsarbeit. Wobei es ihr, anders als viele Gott weiß aus welchen schlechten Filmen offenbar glauben, nicht irgendwen auswürfelt und dann drankriegen will, sondern die Tat aufklären will. Irgendwer muss ja der Mörder gewesen sein, und den wirklichen Mörder gilt es zu finden, wobei der Freigesprochene aus Rechtsgründen tabu ist.
Ich erwähne gerne an dieser Stelle den Post einer Diskutantin aus der Krimirubrik, von der ich weiß, dass sie im wahren Leben Staatsanwältin ist.
Sie schrieb, was jeder hier allmählich mal verinnerlichen könnte, dass auch der Staatsanwaltschaft nicht daran gelegen ist, dass ein Unschuldiger verurteilt wird.
So, nachdem wir das nun herausgearbeitet haben, weiter im Text: Die StA ermittelt nach dem Freispruch aus Mangel an Beweisen im Mordfall nun weiter. Wenn sie bei diesen Ermittlungen nicht weiterkommt, werden die Akten wieder beiseitegelegt. Da Mord aber nicht verjährt, werden die Akten immer mal wieder hervorgeholt, es werden neue Ermittlungsansätze geprüft, neue kriminaltechnische Methoden angewendet, andere Personen sehen sich die Akten an etc. Es kann sein, dass der Mord für immer unaufgeklärt bleibt. Es kann auch sein, dass die StA meint, irgendwann genug Beweismaterial zu haben, um einen Verdächtigen anzuklagen. Und es kann eben sein, dass die neuen kriminaltechnischen Untersuchungen, wie im Fall Möhlmann, verdichtete Hinweise auf einen alten Bekannten liefern, nämlich den Freigesprochenen.
Ob im letzteren Fall die neuen Hinweise, allein oder zusammen mit den Beweisergebnissen aus dem rechtskräftig abgeschlossenen Prozess, DRINGENDE Gründe für die Annahme bilden, dass der Freigesprochene nun wegen Mordes verurteilt wird, muss die StA jetzt halt prüfen. Verneint sie das, stellt sie keinen Wiederaufnahmeantrag. Bejaht sie das, muss sie halt ihren Wiederaufnahmeantrag verfassen und begründen und versuchen, ihn beim Wiederaufnahmegericht durchzubringen. Scheitert sie, gibt es kein wiederaufgenommenes Verfahren.