Link: www.greenpeace.de (extern) (Archiv-Version vom 26.09.2007)Das Problem ist nicht direkt der Kriegsfall. 16 Jahre nach der Reaktorkatastrophe vonTschernobyl sind noch immer 13 Reaktoren des Tschernobyl-Typs (RBMK-Reaktoren) inBetrieb. Dazu kommen neun Atomkraftwerke der Baureihe WWER 440/230, die kaum sicherersind als die RBMK-Reaktoren. Der Weiterbetrieb dieser veralteten und unsicherenAtomanlagen stellt eine Gefahr für ganz Europa dar. In der Gesamtbilanz hat sich dasRisiko durch Atomreaktoren sowjetischen Bautyps sogar noch vergrößert: Heute sind 68Atomkraftwerke in Osteuropa und Russland in Betrieb - zwei Meiler mehr als 1992.
DasRisiko eines atomaren Super-Gaus mit weitreichenden Folgen hat sich trotz allerStilllegungsforderungen seitens der EU und trotz aller Stilllegungsankündigungen seitensder osteuropäischen Staaten in den letzten zehn Jahren noch vergrößert. Fast alleAtomkraftwerke sowjetischen Bautyps bieten keinerlei konstruktiven Schutz gegenFlugzeugabstürze - von Terroranschlägen, gegen die kein AKW auf der Welt nachgerüstetwerden kann, ganz zu schweigen.
Hinzu kommt noch, das ein Kernkraftwerk und zwar derarmenische Reaktor WWER 440/270 direkt in einem Erdbebengefährdeten Gebiet liegt. Solltees dort ein Erdbeben geben, bei dem das Kraftwerk beschädigt wird, dann haben wirTschernobyl zwei. Es werden auch viele Kernkraftwerke betrieben, die in Deutschlandniemals zugelassen werden würden. Einige werde ich unten aufführen.
2.1.RBMK-Reaktoren ("Tschernobyl"-Typ), z.B. Ignalina (LIT) oder Sosnowi Bor (RUS)
Die Abkürzung RBMK steht für reaktor bolchoj moschtschnosti kipjaschtschij(Siedewasserreaktor großer Leistung). Dahinter verbirgt sich ein graphitmoderierterSiedewasser-Druckröhrenreaktor. Der 1986 explodierte Block 4 des ukrainischenAtomkraftwerks Tschernobyl gehört zu dieser gefährlichsten und unsichersten Reaktorlinie.RBMK-Reaktoren haben gravierende Auslegungsmängel und gelten als nicht nachrüstbar aufwestliches Sicherheitsniveau.
* Keine Schutzhülle (Containment), die im Falleines Lecks die Freisetzung von Radioaktivität verhindert
* Erheblicheradioaktive Emissionen im Normalbetrieb
* Die atomare Kettenreaktion wird vonleicht brennbarem Graphit moderiert (Neutronen abgebremst). Bei Unfällen kann das Graphitin Brand geraten und den Reaktor damit völlig außer Kontrolle geraten lassen.
*Gleichzeitig sind sämtliche Kühl- und Brandschutzsicherheitseinrichtungen mangelhaftausgelegt und können gleichzeitig ausfallen.
* RBMK-Reaktoren sind starküberaktiv ausgelegt, d.h., dass sich die Kettenreaktion bei auftretendemKühlwasserverlust sogar noch beschleunigt.
* Zur Steuerung der Kettenreaktionsind sehr viele Regelstäbe notwendig, die schon den Normalbetrieb äußerst kompliziertwerden lassen.
* RBMK-Reaktoren widerlegen am offensichtlichsten die vonBetreiberseite vorgetragene Mär von einer Trennung in zivile und militärische Nutzung derAtomkraft.
Das hochgefährliche RBMK-Design entsprang dem Wunsch der sowjetischenMilitärs, jederzeit und möglichst schnell an waffenfähiges Plutonium herankommen zukönnen. Der RBMK-Typ ermöglicht es, die plutoniumhaltigen Brennelemente ohneHerunterfahren des Reaktors im laufenden Betrieb auszutauschen.
Auf dem heutigenrussischen Staatsgebiet befinden sich elf RBMK-Reaktor-Blöcke mit je 1.000 MW (Kursk 1-4,Sosnowi Bor 1-4, Smolensk 1-3) und vier mit je 12 MW in Betrieb (Bibilinsk 1-4). Litauenbetreibt am Standort Ignalina zwei RBMK-Einheiten, deren Schließung von der EU alsVoraussetzung für Litauens Beitritt gefordert wurde.
2.2.1. WWER440/230, z.B. Kosloduj (BUL) oder Bohunice (SK)
die WWER 440/230-Reaktorenwurden von 1956 bis 1972 hergestellt und sind damit die ältesten Druckwasserreaktorensowjetischen Designs. Die EU betont in der Agenda 2000 - Eine stärkere und erweiterteUnion am 15.7.1997, dass dieser Reaktortyp nicht auf das erforderliche Sicherheitsniveaugebracht werden kann.
* Keine Schutzhülle (Containment), die im Falle eines Lecksein Ausweichen von Radioaktivität verhindert
* In Notfällen keine ausreichendeKühlmöglichkeit für den Reaktorkern, was die Fähigkeit zur Verhinderung einerKernschmelze stark einschränkt. Grundlegender, sicherheitsrelevanter Konstruktionsfehler(Riss vor Bruch): Das freie Volumen für die Verdampfung radioaktiven Kühlwassersentspricht bei diesem Reaktortyp dem Bruch einer Kühlwasserleitung NW 100. DieHauptkühlwasserleitung ist aber NW 500. Damit entweichen bei einem Bruch dieser Leitunggroße Mengen radioaktiven Dampfes in die Umgebung. Deshalb wurde für diese Leitung eineStahlsorte gewählt, bei der von der Theorie her vor dem Bruch dieser Leitung Risseentstehen. Sobald diese in Form von Lecks festgestellt werden, ist das entsprechendeLeitungsteil auszuwechseln.
* Fehlerhaftes Steuerungs- und Kontrollsystem
* Ernsthafte Defizite beim Brandschutz
Aus diesen Gründen fordert die EU vonBeitrittsländern, in denen WWER 440/230-Blöcke betrieben werden, deren vorzeitigeStilllegung. Dies betrifft die Blöcke Kosloduj 1 bis 4 in Bulgarien und Bohunice 1 bis 2in der Slowakei. Die Nichtnachrüstbarkeit von WWER 440/230-Reaktoren wurde schon im Juni1989 vom Präsidenten des Staatlichen Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS)der DDR, Sitzlack, in Bezug auf die Reaktoren 1 bis 4 des Atomkraftwerks Greifswaldfestgestellt.
2.2.2. WWER 440/213, z.B. Dukovany (CZ) oder Paks (HUN)
Obwohl in der ab 1970 gebauten nächsten Generation von WWER-Reaktoren einigeDesignfehler der 230er-Serie behoben wurden, sorgen weiterhin schwerwiegendeKonstruktionsmängel dafür, dass auch dieser Typ ein high risk reactor bleibt.
* Keine Schutzhülle (Containment), die den Austritt von Radioaktivität bei einem Unfallverhindert. Statt eines für moderne Reaktoren vorgeschriebenen Volldruck-Containments isthier lediglich ein sogenanntes Druckabbausystem verbaut worden, dessen Wirkungsweise niegetestet wurde und das Flugzeugabstürzen auf keinen Fall Stand hält.
* DasKühlsystem für den Reaktorkern ist immer noch 10- bis 15mal weniger zuverlässigausgelegt, als bei westlichen Reaktoren.
* Kein ausreichender Brandschutz
* Die Kraftwerksturbinen sind z.T. so angeordnet, dass bei einem Schaden wichtigeLeitungen zerstört werden.
* Durch Materialermüdung treten Versprödungsrisse undLecks auf.
* Als Doppelblockanlagen (z.B. Bohunice V-2) gebaut, verfügen zweiReaktoren oft nur über ein gemeinsames Notsystem.
WWER 440/213-Reaktorenbefinden sich direkt in Mitteleuropa (z.B. Slowakei: Bohunice V-2, Mochovce 1-4;Tschechische Republik: Dukovany 1-4; Ungarn: Paks 1-4).
2.2.3. WWER1000, z.B. Temelin (CZ)
Die jüngsten Reaktoren der WWER-Serie besitzen dasgleiche Reaktordruckgefäß wie der 440er, fahren aber mit höherer Leistungsdichte (1.000MW). Das führt dazu, dass dieser Reaktor schneller und stärker auf Pannen und Problemereagiert und bei einem Unfall auch mehr Radioaktivität freigesetzt werden kann. Die1.000er lassen sich nur mit erheblichem Aufwand auf ein höheres Sicherheitsniveaubringen. Bei schweren Störungen haben sie dennoch weniger Sicherheitsreserven als dieWWER 440/213.
* Steuerungs- und Kontrolltechnik, Notstromaggregate undReaktorschutzsysteme rangieren unter westlichem Standard. Die amerikanische Export-ImportBank stellt im Hinblick auf das Atomkraftwerk im tschechischen Temelin fest: Alle kamenzu dem Schluss, dass die sowjetischen Steuerungs- und Kontrollsysteme nicht entsprechendsind und die Sicherheit beeinträchtigen.
* Die Konstruktion reduziert dieMöglichkeiten zur Inspektion und zum Austausch wichtiger Komponenten.
*Brandschutz und Schutzmaßnahmen für die Bedienungsmannschaft sind mangelhaft.
WWER 1000-Reaktoren stehen z.B. im tschechischen Temelin. Fast alle in Baubefindlichen Reaktoren in Russland gehören zu dieser Baureihe.
2.3.Schneller Brüter: BN-600 in Bjelojarsk (RUS)
In einem Schnellen Brüter wird dieKettenreaktion durch schnelle Neutronen aufrecht erhalten und mehr spaltbares Materialerzeugt, als während des Prozesses verbraucht wird. So die Theorie. Atomwissenschaftlerwaren bis in die 80er Jahre von der Vorstellung fasziniert, mit der Brütertechnik einenabgeschlossenen Brennstoffkreislauf zu erschließen, in dem kaum noch Atommüll anfällt. Inden kompakten Reaktorkernen ist die Wärmeenergie-Erzeugung so stark, dass ein SchnellerBrüter nicht mehr mit Wasser, sondern nur noch mit Hilfe von Flüssigmetall, z.B. Natrium,gekühlt werden kann. Ein System, in dem Tausende Tonnen Natrium und Wasser zirkulieren,muss aber völlig leckgeschützt sein, da jeder Kontakt zwischen Natrium und Wasser zuExplosionen und Feuer führt. Ein fast alltäglicher Kühlmittelverlust in einem normalenAKW würde in einem Schnellen Brüter sofort zur Katastrophe führen. In Bjelojarsk inZentralrussland ist eine Anlage dieser Art mit 600 MW Leistung in Betrieb: der BN-600.Trotz der Risiken will Russland eine zweite Anlage, Bjelojarsk 4, errichten und dieBrütertechnologie weiter verfolgen.
Hinzukommt eine weltweiteSupergau-Wahrscheinlichkeit von 40% innerhalb der nächsten 40 Jahre. Wir standen vor einpaar Wochen kurz davor. In KApstadt wäre beinahe ein Atomkraftwerk hochgegangen,ledgilich die Dieselgeneraotern haben uns vor einer Katastrophe bewahrt. Hinzu kommt nochdie Gefahr, die von Terroranschlägen auf Atomrkaftwerke ausgeht. Würde während der WM einFlugzeug auf Krümmel oder Brokdorf stürzen, dann würde Hamburg vermutlich von derLandkarte verschwinden, bei Krümmel sogar wahrscheinlicher. jeh nach Windrichtung würden1,6 Millionen Menschen in Hamburg und ein bis 5 Millionen im Umland verstrahlt werden.Wennn ich ca. 1 KM gehe, kann ich am Horizont Krümmel sehen. Krümmel ist in keinsterWeise in der Lage, eine Beschädigung der Außenhülle zu varkaften. Bei einem STörfall mitKernschmelze würde es bei intakter AUßenhülle ca. 1 1/2 Stunden bis zum ersten Austrittvon Radioaktivität dauern. In 1 1/2 Stunden ist es UNMÖGLICH Hamburg zu evakuieren.
Für mich geht die größte Gefahr nicht von Kriegen sondern eher von Atomkraft aus.Unsichere Atomkraftwerke sind um vieles unberechenbarer. Ein KRieg ist mehr oder wenigerplanbar, er kündigt sich an. Ein Atomunglück nicht. Jetzt in diesem Moment kann irgendwoauf der Welt ein Reaktor in den kritischen Zustand übergehen, der in einem SUper-Gauenden kann.
Auch hat der Breitritt in die EU nichts daran geändert, dass invielen Ländern der ehemaligen UDSSR weiterhin unsichere Kraftwerke in Betrieb sind. SObefinden sich in der Slowakei zwei Reaktorn des WWER 440/230 Typs, in Litauen zweiReaktoren des RBMK-Typ Tschernobyl und in Bulgarien 4 Reaktoren des WWER 440/230 Typs.Obwohl Bulgarien noch nicht Mitglied der EU ist, verhandelt es doch über den Beitritt -ohne die AKWs abschalten zu wollen. genaueres kann man auf der greenpeace homepagenachlesen. (Link beigefügt)
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