Interessanter Thread.
Mich wundert allerdings wirklich, wie sehr hier gemutmaßt wird. Klar, wir sind bei Allmystery, aber mitdenken kann man ja trotzdem.
Um mal direkt ein paar Dinge zu beleuchten, die mir aufgefallen sind:
1.) Das Boot hatte mehr als 40 Personen an Bord, obwohl die Dienstmannschaft mit 29 ausgewiesen wirdAngesichts des Auftrages (Einsatz gegen illegale Fischerei) nicht weiter ungewöhnlich, bzw. durchaus nachvollziehbar. Normale Militärschiffe mit solchen Aufträgen haben innerhalb der eigenen Besatzung Prisenkommandos an Bord, die zu verdächtigen Schiffen übersetzen und die Kontrollen übernehmen. Beim recht eng gesteckten Dienstplan auf Ubooten, dem Wechsel zwischen Wache und Freiwache, käme zur Aufrechterhaltung des Normalbetriebs nur in Frage, die Freiwache als Enterkommando einzusetzen, was aber die Erholung des Personals beeinträchtigen würde. Das man dann zusätzlich 15 Mann als Enterkommando an Bord hat, erscheint durchaus logisch.
2.) Warum keine Blackbox?Im Gegensatz zu Flugzeugen, die jederzeit eine Blackbox an Bord haben, macht eine solche bei Ubooten keinerlei Sinn. Ein Peilsignal würde gar nicht ermittelt werden können. Das ist wie bei Funkanlagen: Zum Funken muss das Boot entweder aufgetaucht sein, knapp unterhalb der Wasseroberfläche, oder eine Schleppantenne einsetzen. Vollständig getaucht dringen auch stärkste Funksignale nicht bis an die Wasseroberfläche. Die einzige Ausnahme bildet hierbei das Unterwassertelefon (vgl.
hier). Die Aufgabe von Ubooten ist es, unentdeckt zu bleiben. Eine Blackbox, die dann (was sie nicht kann) auch noch angepeilt werden könnte, würde diese Aufgabe unmöglich machen. Die allgemeinhin bekannte Blackbox erfüllt ihren Zweck in der zivilen Luftfahrt. In Militärflugzeugen wird sie wohl auch nur in Friedenszeiten verwendet, damit im Kriegsfall bei Absturz dem Feind keine technischen Daten in die Hände fallen.
3.) Warum wird nicht weiter westlich, im seichten Gewässer gesucht?Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Aber ich gebe zu Bedenken: Nicht umsonst wird beim Militär eine strenge Disziplin vorausgesetzt. In der militärischen Ausbildung lernt man in Truppenteilen, entgegen der menschlichen Reflexe zu handeln, da dies im Ernstfall den Tod bedeuten könnte. Klingt erstmal blöd, macht aber durchaus Sinn. Im Golfkrieg haben in Feuergefechten Infanterieeinheiten, die dem Feind deutlich unterlegen waren, statt den Rückzug Angriffe durchgeführt. Warum kann ich nicht sagen, vllt. findet sich hier ja ein BW´ler, der das erklären kann.
Mein erster Reflex wäre auch, das Boot sofort in seichte Gewässer zu steuern. Und der Reflex von jedem von euch wohl auch. Ob das allerdings den Vorschriften und Ausbildungsinhalten entspricht - das kann man durchaus auch anzweifeln. Keiner von uns ist Uboot-Fahrer, und wenn Notfallprotokolle ein anderer Handeln vorsehen, wird sich der Kommandant auch daran gehalten haben. Solche Protokolle denkt sich ja keiner auf dem Klo aus. Hier als Denkanstoß: Beim Sinken würde jeder von uns versuchen, mit dem Tauchretter so schnell wie möglich die Wasseroberfläche zu erreichen. Der ausgebildete Seemann bedenkt den Druckausgleich und taucht kontrolliert auf. Der überlebt das dann, während wir noch im Wasser treibend zu unseren Urahnen reisen. Ich kann mir durchaus vorstellen, das die argentinische Marine ebenfalls Verhaltensvorschriften für bestimmte Situationen vorhält. Zudem kennt niemand die genaue Situation beim Unglück. Wenn das Boot noch über einen Antrieb verfügte, aber beim Kurzschluss ein Feuer ausbrach, die Elektrik beschädigt wurde - dann kann z.B. auch das Ruder ausgefallen sein. Fällt gleichzeitig der Funk aus, kann man keine Hilfe anfordern. Um dann noch manövrieren zu können würde es Sinn machen abzutauchen, und unterseeische Strömungen zu nutzen um sich Richtung Festland treiben zu lassen. Ich denke durchaus, das auch solche Szenarien bei der Admiralität durchdacht wurden. Hand aufs Herz: Da sitzen keine Hauptschüler, die nach Klasse 8 abgebrochen haben und ihre eigene Sprache nicht in der Schrift beherrschen. Ein bisschen Menschenvertrauen habe ich da doch schon noch.
Ob überhaupt Seenotrettungsbaken vorhanden waren die man hätte einsetzen können weiß ich nicht. Grundsätzlich müssten Rettungsboote an Bord solche haben, aber ein Verlassen des Bootes halte ich für unwahrscheinlich, immerhin lag man über der normalen Besatzungsstärke, was dann wohl auch die Anzahl an Plätzen in den Rettungsbooten übertrifft. Zudem würde wohl kein Seemann das Boot aufgeben, um 400km vor der Küste in ein - lapidar gesagt - Schlauchboot zu steigen, solange das Boot noch schwimmfähig ist. Zumal auch vor der argentinischen Küste solche komischen Viecher wie z.B. der Weiße Hai durchaus öfter anzutreffen sind. Dem möchte ich nicht unbedingt in so einem Gummiboot begegnen, wenn die Stahlkiste neben mir noch seetauglich ist.
4.) Die Seabed Constructor durchsucht das bereits abgesuchte Gebiet, das macht doch keinen Sinn!Nunja, warum nicht? Sie ist wesentlich besser ausgestattet als die vorherigen Schiffe, die das Gebiet bereits abgesucht haben. Zudem kennt das jeder von uns aus seinem eigenen Leben: Wenn ihr euren Hausschlüssel verlegt habt - wie oft schaut ihr auch an Stellen, wo ihr eigentlich schon nachgeschaut habt? Und noch ein weiteres Beispiel: Wenn ihr an einem bestimmten Ort nach etwas gesucht habt, habt lange nichts gefunden - kennt ihr das nicht auch, das ihr aus irgendeinem Grund trotzdem dort weitersucht? In den ersten Tagen und Wochen wurde in dem Gebiet sicherlich panisch gesucht, da tickte auch die Uhr. Nun ist kein Zeitdruck vorhanden, warum nicht also in aller Ruhe nochmal schauen? Was hat man denn zu verlieren? Zudem kann ich mir gut vorstellen, das Wettermetadaten nicht zeinah ausgewertet werden konnten, und Gezeitenströmungen etc. nun ohne Zeitdruck berücksichtigt werden können.
5.) Wieso fällt denen auf einmal ein, das es irgendwo, wo schon gesucht wurde, doch noch etwas Interessantes gibt?Mehrere Faktoren. Zum einen haben die Schiffe, die das entsprechende Gebiet vorher abgesucht haben, unterschiedliches Equipment. Nicht jedes Sonar ist gleich leistungsstark. Dann spielte die Zeit eine Rolle. Man konnte hoffen, das Boot noch rechtzeitig zu finden, bevor im Falle eines Untergangs den Überlebenden die Atemluft ausgeht. Ich kann mir durchaus vorstellen, das wesentlich mehr Material an Sonardaten aufgelaufen ist, als in Echtzeit ausgewertet werden konnte. Ich glaube nämlich kaum, das da in aller Ruhe das Livebild verfolgt werden konnte, wie in manchen TV-Dokus, wo der Kutterkapitän Fischschwärme verfolgt. Sofern man auch mal Dokus schaut, in denen nach bestimmten Wracks gesucht wird fällt auch dort auf: Manche Sonarkontakte fallen erst bei erneutem Überfahren auf. Sonars arbeiten zudem in verschiedenen Auflösungen. Was zuerst nur grob erkennbar war, wird bei feinerer Auflösung und erneutem Überfahren klarer erkennbar.
Die hier gezeigten Sonaraufnahmen zeigen rund um die dargestellten Wracks eine völlige Ebene. Aber der Meeresgrund ist bestimmt nicht so eben, wie das auf den Aufnahmen aussieht. Da wird sicherlich auch die Auflösung entsprechend sein. Und dann kommt für mich noch der entscheidende Faktor hinzu: Ein Uboot soll unter normalen Umständen nicht gefunden werden, und verfügt über entsprechende Beschichtungen des Schiffskörpers. Selbst die Kriegsmarine hat es im Zweiten Weltkrieg geschafft, einen Prototyp eines Tarnkappenubootes zu bauen (
hier). Zwar wird die San Juan nicht mehr derartige Gummimatten gehabt haben, aber sicher irgendeine andere Technik, um unsichtbar bleiben zu können. Sonst wäre ein Uboot ja auch recht nutzlos, wenn nur ein paar Fischtrawler mit Sonar über das Wasser tuckern müssten, im Kriegsfall wäre jedes Uboot sogleich ein Transporter für Fischfutter.
6.) Die argentinische Marine gibt nur vor, zu suchen. Sonst würde die Seabed Constructor schneller suchenDem kann ich mich nicht so recht anschließen. Die Seabed Constructor ist in ihrer Hauptaufgabe kein Wracksucher, sondern arbeitet meist für Pipelineunternehmen und Ähnliches. Wenn nun keine anderweitigen Aufträge vorliegen, die Betriebskosten ohnehin gezahlt werden müssen, dann kann sie genauso gut weitersuchen, statt im Hafen Rost anzusetzen. Vermutlich dürften die erfassten Unterwasserkartographien auch noch Abnehmer finden, die dafür zahlen. Zumindest gibt das die Wikipediaseite im Cache her. Anderweitige Infos wären interessant, aber dann bitte mit Quelle.
Diese 6 Punkte sollen hier nicht jede Spekulation oder These entkräften, aber einen möglichen Denkansatz bieten, damit nicht immer gleich alles "mysteriös", "verwunderlich" oder "komisch" ist.
Mich wundert, das gerade im Rahmen der Spekulationen wegen der registrierten Explosionen nie jemand den Einwurf gemacht hat, dass das Boot eventuell auf eine alte Ankermine oder Treibmine aufgelaufen ist.