kleinundgrün schrieb:Dem Grunde nach schon. Dass dieses Ideal nicht erfüllt wir, sondern ihm nur möglichst nahe gekommen werden kann, ist klar. Deswegen schrieb ich über die Popularität, die ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt.
Nein, sie werden weder so noch so vom Volke gewählt. Wir haben ein Parteiensystem, und jeder der sich berufen fühlt in die Politik gehen zu wollen, tut das über eine Partei. Dort erst werden die Kandidaten von den eigenen als "Beste" bestimmt, und zur Wahl aufgestellt. Der Bürger entscheidet eh am meisten nach dem, was er mit der Partei/Person assoziiert, aber sicher nicht nach der Qualität des Kandidaten. Die kann er meistens gar nicht wirklich einschätzen.
kleinundgrün schrieb:Unbestreitbar. Aber diejenigen müssen ja irgend wie ausgewählt werden. Das Volk muss sagen: "Dich will ich mit meiner Vertretung betrauen und Dich nicht".
Das tut das Volk nicht, wie gesagt. Das tut die Partei.
In der damaligen Aristokratie war es eher die Schar der Adligen, die das unter sich klärte. Auch mit allen erdenklichen Mitteln, die seinerzeit sicher noch etwas derber gewesen sind, aber nicht minder komplex. Siehe Macchiavelli.
Jetzt ist es eben die Schar der Parteimitglieder, die das nach eigenem Nutzen zur Machterhaltung austrägt.
kleinundgrün schrieb:Doch, es war anders. Weil die Aristokraten nicht beliebige Bürger waren und nicht jeder Aristokrat werden konnte. Damit ist die Richtung schon dadurch bestimmt, wer in eine Schicht hineingeboren wurde, die die potentiellen Aristokraten stellt. Wenn alle nur aus z.B. der Gruppe "reich" kommen, die Aristokraten werden können, werden kaum Belange der Gruppe "arm" Teil der Politik sein. Jedenfalls nicht in dem Maßen, wie wenn auch Menschen aus letzterer Gruppe Zugang zu diesem Amt hätten.
In einer repräsentativen Demokratie kann grundsätzlich jeder Repräsentant werden.
Es konnte jeder im Grunde Aristokrat werden. Aristokratie heißt ja "Herrschaft der Besten" und hat erstmal nichts mit Adel zu tun.
Nur war es damals für das Individuum etwas schwerer in den Adelsstand zu kommen, weil die Entwicklungen oft um einiges langsamer vonstatten gingen, als heute. Das Gros der Ämter damals wurde natürlich über Vererbung weiter gegeben, aber wenn es im Laufe der Generationen für die eine Sippe schlecht lief, rückte eine neue Sippe nach, und das ging von ganz Unten bis ganz nach oben.
Also von dem kleinsten Bauern, der ob seiner guten sozialen Arbeit in den Stand eines "Dorfhäuptlings... oder Ähnliches" aufgestiegen ist, bis zum größten Fürsten, der ob seiner besonderen Leistungen in Krieg und Wirtschaft z.B. besonders viel Macht auf sich vereinen konnte, und genug Fürsprecher im Adel und Klerus hatte, um sich zum Kaiser machen zu können.
Der entscheidende Punkt -heute wie damals- war immer der, wie ich die Macht auf mich konzentrieren kann, ohne von ihr quasi erdrückt zu werden. Denn wer die Macht hat, hat auch oft viele Feinde. Hier kommt es bei jedem Politiker -damals wie heute- auf genau dieses Gespür an, das Gleichgewicht halten zu können.
kleinundgrün schrieb:Das ist eine unbegründete Annahme.
Klar wurde auch jeder Diktator "vom Volk getragen", sonst hätten die vielen aus dem Volk ihn bei Nichtgefallen ja absetzen können (was zwar hin und wieder passierte, aber längs nicht so oft, wie es logisch wäre). Gesellschaftliche Strukturen sind sehr zäh.
Was genau ist da unbegründet? Der Herrscher ist kein Herrscher ohne seine Gesellschaft die ihn zu genau dem macht was er ist. Es geht doch nur um die verschiedenen Instrumente, wie die Machtverteilung im Staat aussieht, aber sicher nicht um die Tatsache als solches, dass es eben die ganze Staatsstruktur -samt Volk, Beamte und sonstige Komponenten- ist, die die Staatsführung auch mit trägt. Wer sonst?
Und natürlich ist es für einen Herrscher wichtig tief in die gesellschaftlichen Strukturen rein zu horchen, damit er weiß, wie er zu reagieren hat.
kleinundgrün schrieb:Das Problem ist aber, dass eine Verfassung nur so gut ist, wie der Wille, sich daran zu halten. Wer würde denn in einer echten Aristokratie darüber wachen, dass die Verfassung eingehalten würde? Ein Gerichtsentscheidung ist doch nur so gut, wie sie auch durchgesetzt werden kann.
Die anderen Aristokraten. Sprich, bei uns die Opposition. Wie immer halt..
kleinundgrün schrieb:Da ist die Realität aber eine andere. Da wird die Macht in solchen Systemen nicht dadurch erhalten, dass das Volk den Herrscher liebt.
Es muss den Herrscher nicht lieben. Die Kontrollmechanismen sind auch völlig andere. Wie gesagt.
Ich hab den Eindruck du nimmst da einige Dinge etwas zu wörtlich. ^^
kleinundgrün schrieb:In einer repräsentativen Demokratie aber schon. Es regiert durch seine Repräsentanten.
Es regiert eigentlich gar nicht. Was ich wie gesagt gut und richtig finde. Deshalb wird bei uns auch zwischen Regierung, Opposition usw. unterschieden. Die Rollen sind klar verteilt. Auch damals wie heute.
Insgesamt geht es aber um das gesamte Staatsgefüge, das das Volk bei einem aufgeklärten Herrscher so gut wie möglich mit einbezieht, weil der Herrscher eben von dort erst seine Macht bekommt. Das bleibt sich so oder so gleich.