Kleinparteien

@Warhead
Ah, danke! Bin ja momentan eher von der Bergpartei fasziniert, aber das zur APPD ist noch mal sehr hilfreich. Wenn ich das richtig verstanden hatte, hatte ja der Herr Thierse seine entscheidenden Finger im Spiel, bei der Aberkennung der Parteieigenschaft für die APPD. Bin ja nicht aus Berlin, aber durch Zufall traf ich mal auf den, und konnte den nicht so gut riechen, insofern mag ich da befangen sein, in meiner Neigung zur Parteinahme. Freilich mag er in anderen Lebenszusammenhängen ein meine Erfahrung aufhebende sympathisch einnehmender Mann sein, und die politische Diskussion sollte über-persönlich bleiben, lg!

Ah, auch noch mal danke, für das Anschauungsmaterial!

Witzig und kreativ zu sein ist das eine, aber die meisten Menschen erwarten sich von solchen Leuten auch, dass sie "was bringen".

@Momjul

Hast du den taz-Artikel über die Bergpartei gelesen? Und erkennst du da nicht zumindest bedenkenswerte Denkanstöße, die vielleicht auch "was bringen" und so eben nur durch die Bergpartei in den politischen Diskurs getragen werden, wenn auch nur auf kleiner und lokaler Ebene?

Ich hatte schon nach dem Plakat genug.

@Momjul

Aber du hattest doch die Diskussion angestoßen. Könnte man vielleicht auch mal schauen und/oder zurückverfolgen, inwiefern die Zahl (und/oder ihr Wahlerfolg oder auch unabhängig davon) der Kleinparteien eventuell korreliert mit anderen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen? Gibt es da Tendenzen? Weißt du das?

Richtig. Ich werde es auch tun. Aber momentan habe ich mir mein Abendessen verdient. :)

Einige Kleinparteien hatten sicher große Auftritte, z. B.:
- die NPD in den späten 60ern (als Reaktion auf Wirtschaftskrise und 68er-Linksruck)
- die Piraten sind ja bekannterweise in einige Länderparlamente eingezogen
- die AfD könnte auch in den nächsten Bundestag einziehen

Man könnte das Thema auch über die Landesgrenzen hinaus ausweiten. Ich glaube, Italien z. B. wäre da ein sehr dankbares Forschungsfeld. Aber das wäre womöglich zu viel des Guten.

Buon appetito! L'appetito vien mangiando!

Beppe Grillo?

Gratias ago.

Also Beppe Grillo brachte ja Wähler zur Wahlurne, die andernfalls wohl zu Hause geblieben wären. Sogar die eher konservativ orientierte "Welt" gesteht ihm dies zu, siehe Link und Zitat unten. Seine "hyperdemokratische Bewegung" (Selbstbeschreibung von ihm) erscheint mir auch nicht unbedingt zukunftsfähig, aber wenn sie offenbar Nichtwähler erreicht, wäre das nicht zumindest im Sinne der Demokratie? Oder, meinst du, bleiben manche Nichtwähler besser unerreicht?

https://www.welt.de/politik/deutschland/article117246676/Raus-mit-politisch-Impotenten-aus-dem-Bundestag.html

Damit sollen jene zur Wahlurne gelockt werden, die eigentlich bei den etablierten Parteien statt eines Ja lieber ein Nein ankreuzen würden. Man mag das als skurril abtun, jedoch zeigt der Blick nach Italien, dass eine solche Bewegung durchaus Attraktivität ausstrahlen kann. Die Protestbewegung MoVimento 5 Stelle von Beppe Grillo hatte zuletzt großen Erfolg bei den Parlamentswahlen, obwohl oder gerade weil sie sich durch Radikalopposition und Verweigerungshaltung sowie durch den Einsatz für Elemente der direkten Demokratie exponierte.

Wenn man sich da europäisch umschaut, kommt man aus dem Staunen ja kaum mehr raus. In Spanien z. B. gibt es fast 5.000 Parteien und Parteiverbände im Parteienregister des Innenministeriums, weil

Während nach dem deutschen Parteiengesetz solche Vereinigungen politische Parteien sind, die eine Vertretung im Bundestag oder einem Landtag anstreben und „nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten“, kennt das spanische Parteiengesetz solche Voraussetzungen nicht. So kann eine Partei etwa von vornherein ihren Wirkungskreis sogar auf ausschließlich eine Stadt oder Gemeinde beschränken (dementsprechend sind im Parteienregister auch viele reine Stadtparteien eingetragen).

Wikipedia: Politische Parteien in Spanien#Klein- und Splitterparteien

Bei den spanischen Parlamentswahlen 2011 kam die Anti-Stierkampf- und Tierschutzpartei Partido Animalista Contra el Maltrato Animal (PACMA) nur auf 0,42% der Stimmen und konnte keinen Sitz erringen, noch schwächer als die grüne Equo-Partei. Das macht mich traurig. Bei der Neuwahl 2016 dagegen steigerte sich die Partei auf 1,18 % der Stimmen und wurde zum ersten Mal die stimmenstärkste Partei außerhalb des Parlaments. Also, diese wenn auch immer noch parlamentarisch-sitzlose Tendenz finde ich, sage ich mal: entwicklungsfähig.

@Dogmatix
Nee lag nicht an Thierse,lag daran das diverse Landesverbände den Arsch nicht hochbekommen haben

@Warhead
Danke vielmals, nochmal!

Momjul schrieb:Witzig und kreativ zu sein ist das eine, aber die meisten Menschen erwarten sich von solchen Leuten auch, dass sie "was bringen".

Dazu fiel mir auch noch gerade ein, seit der Jahrtausendwende scheints die Politik ja querbeet mit dem Spaß-Machen und -Bringen zu haben.

Da gabs den "Spaßkanzler", Mottos wie "Regieren macht Spaß" und "Rot macht Spaß", die FDP gerierte sich mitunter als "Spaß- und Eventpartei", "Medienspaßpartei" und "forsche, aber konturlose Frohsinnspartei", die Jusos gar meinten, "Das ist erst das Vorspiel, der Höhepunkt kommt noch", während Herr Stoiber unmissverständlich klarstellte, "Politik ist keine Spaßgesellschaft", und Norbert Bolz wiederum die Pathosformel der Neuen Ernsthaftigkeit kritisch hinterfragte: "Unsere Politiker tragen den Ernst als Maske, um uns den Ernst der Lage zu ersparen." Zu den näheren Zitat-Quellen und sehr informativ zum Thema, wiederum die Bundeszentrale für politische Bildung -- Diskussions-Titel:

Ernst ist das Leben, heiter die Politik

http://www.bpb.de/apuz/27194/ernst-ist-das-leben-heiter-die-politik?p=all

Und wo selbst hier nach dem Grad der Kongruenz bzw. Inkongruenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit gefragt wird:

je tiefer die Kluft zwischen Sein und Sollen, desto lauter und nachhaltiger das Lachen. Vor allem in Zeiten des Wandels und der Krise verschärfen sich die Kontraste und mithin das Gelächter.

hat auch der Wahlslogan der Bergpartei "Spaß kann auch Politik machen" seinen ebenso intelligenten wie ernsten Platz. Finde ich.

In den USA haben es "Andere" als "Third Parties" noch viel schwerer.

Momjul schrieb:In den USA haben es "Andere" als "Third Parties" noch viel schwerer.

In der USA wundert es mich schon lange, wieso man nur Kandidaten von den beiden größten Parteien wählt, wenn die Bevölkerung sie doch sowieso alle doof findet ...

Issomad schrieb:In der USA wundert es mich schon lange, wieso man nur Kandidaten von den beiden größten Parteien wählt, wenn die Bevölkerung sie doch sowieso alle doof findet ...

Weil du da irgendwie deinen Wahlkampf finanzieren musst um ne Chance zu haben.

paranomal schrieb:Weil du da irgendwie deinen Wahlkampf finanzieren musst um ne Chance zu haben.

Es geht nicht um die Finanzierung, sondern um die Wahlentscheidung der Wähler, wieso da z.B. ein Liberaler nie eine Chance hat, obwohl der vielleicht sogar ein besseres Programm ankündigt ...

Ich kann mir nur vorstellen, dass der amerikanische Wähler sich lieber von der größten Show blenden lässt. Ohne diese Show wäre der Wahlkampf auch deutlich billiger ...
Hierzulande braucht man eben keine Wahlkampfveranstaltungen in Fußballstadien, hierzulande kann eine Kleinpartei auch bescheidener erfolgreich werden ...

Ich glaube das liegt doch an dem komischen amerikanischen Wahlsystem. Wenn eine Kandidat nen Bundesstaat gewinnt kriegt er alle Wahlmänner von dort. Und die andern Kandidaten gar nix. (Anstatt die Wahlmänner im Verhältniss der Anteile der Stimmen aufzuteilen.)

So lohnen kleinere tatsächlich erst wenn sie richtig "gefährlich" werden und nicht erst ab ein paar Prozent. Da sie aber so "gefährlich" nicht werden wählt man sie gar nich erst (wodurch sie auch nicht viel "gefährlicher" werden). Schlechtes System. Nicht so toll die Demokratie dort.

Bei uns kann in geringem Maße ja die 5-Prozent-Hürde abschrecken ne Partei zu wählen, sofern man in der Umfrage vorher nicht sicher sein kann, dass die Partei zumindest ne gewisse Chance hat. (Was dann wiederum dazu führt, dass Leute nicht für die Partei stimmen und die Partei eben gerade noch mehr davon entfernt ist, ne Chance zu haben.)

So unter 4,5 in Umfragen würd ich auch nix wählen hier im deutschen Wahlsystem bei Bundestagswahlen/Landtagswahlen. Wär mir zu riskant. Da kann die Partei noch so gut sein. Und selbst ab dann müsste sie schon sehr gut sein, dass es mir das (dann noch immer bestehende) Risiko wert ist.

lkdwpi schrieb:Ich glaube das liegt doch an dem komischen amerikanischen Wahlsystem. Wenn eine Kandidat nen Bundesstaat gewinnt kriegt er alle Wahlmänner von dort. Und die andern Kandidaten gar nix. (Anstatt die Wahlmänner im Verhältniss der Anteile der Stimmen aufzuteilen.)

Ja, aber wenn man sich die Auswahlmöglichkeiten der beiden großen Parteien in diesem Jahr ansieht, dann ist das ja nicht so prall ...

Da fragt man sich, wieso nicht mal einem Kandidaten einer anderen Partei eine Chance gegeben wird ...

Wenn jetzt Gabriel und Merkel in einer Personenwahl gegen andere (z.B. Kretschmann oder Seehofer) antreten würden, dann wäre deren Erfolg ja auch fraglich, vor allem nicht in jedem Bundesland würden sie erfolgreich sein ...

Eine Allmystery-Partei wäre mal was.

@Momjul
Es gibt schon genügend Parteien am rechten Rand. Sehe nicht, wie eine Allmypartei da noch große Chancen haben würde.