Welche Form von Demokratie darf es denn bitte sein?
26.06.2016 um 14:09In der letzten Nacht wurde im Brexit-Thread – dort extrem OT aber hoch interessant – über Demokratie und verschiedene Formen und Mischungen der diversen Demokratiemöglichkeiten diskutiert.
Das hat mich dazu inspiriert, das Thema in einem gesonderten Thread zu diskutieren.
Welche Form von Demokratie darf es denn bitte sein?
Ich selbst definiere Demokratie, so wie sie mir vorschwebt – und immer stets vorübergehend bis zu einer besseren Definition – so:
Demokratie ist das Problem, die verschiedenen divergenten Vorstellungen und Wünsche der Bevölkerung in Bezug darauf, was für sie Demokratie ist und wie sie ihre politischen Wünsche einbringen und gesellschaftlich durchbringen wollen, so zu bündeln, dass sich die meisten demokratisch vertreten fühlen, auch wenn sie nur einen Teil ihrer Vorstellungen einbringen konnten, und dass es nur sehr wenige gibt, deren Vorstellungen überhaupt keine Resonanz finden. Demokratie ist nie etwas Fertiges, Abgeschlossenes, sondern sollte wie alles zur jeweils besseren Form hin streben und sich weiter entwickeln.
Bekanntlich gibt es diverse Formen von Demokratie, wobei die westlichen Demokratien in der Regel das repräsentative Modell bevorzugen. Ein immer größerer Teil der Gesellschaft scheint aber mit einem plebiszitären Demokratiemodell zu liebäugeln. Meistens sind das leider die Populisten, die besonders dann auf Plebiszite bzw. Volksabstimmungen pochen, wenn sie glauben, damit eine Mehrheit zu haben – etwa wenn es darum geht den Islam aus Europa zu "verbannen" – um dann dies tatsächlich auch realisiert zu bekommen. Es sind die Leute, die Demokratie mit Mehrheitsdiktatur verwechseln.
Hier mal kurz zusammengefasst, ganz grob, welche Demokratiemodelle es insgesamt gibt:
• repräsentative Demokratie
• plebiszitäre Demokratie
• direkte Demokratie
• Rätedemokratie
• Expertendemokratie
• Basisdemokratie
Ich selbst halte jede Form der hier aufgelisteten Demokratieformen nicht nur für diskussionswürdig und die meisten davon sogar für besser als die repräsentative, die die politische Betätigung des Normalbürgers auf die Landtags- und Bundestagswahlen beschränkt – vorausgesetzt, man kann bei den Bürgern ein bestimmtes Minimum an politischer Bildung und Abneigung gegen die Populismusfalle bzw. gegen die politischen Fettnäpfchen voraussetzen. Leider ist dies, wie man bei den sozialen Netzwerken, aber auch hier bei Allmy merkt, nicht der Fall, denn etwa 2/3 der User hier denken politisch populistisch.
Was mir vorschwebt für eine bessere Demokratie, die der Versuchung widersteht Populisten nachzurennen und an der Verfassung herumzuwerkeln, damit sie "passender" wird, wäre folgendes Programm:
Möglichst bald Einführung eines Fachs "Politik und Demokratie" an den Schulen, auch den Grundschulen. Hier müssten insbesondere die Gefahren und Nebenwirkungen von Populismen erörtert werden und vor allem, dass Demokratie etwas anderes ist als Mehrheitsdiktatur. Stattdessen müsste Demokratie dargestellt werden als der Versuch, das Gemeinwohl zu erhöhen mit gerechten Mitteln, ohne bestimmte missliebige Bevölkerungsgruppen, etwa Migranten, ungleich zu behandeln. Also die Kunst eine moderne Gesellschaft zu managen, in der sich jeder bestmöglich vertreten fühlt, auch wenn seine Vorstellungen einer besseren Gesellschaft nur ganz begrenzt und bedingt tatsächlich realisiert werden können. Es müssen immer mehr Wege zu politischer Willensbildung aufgezeigt werden, und zwar in dem Maß, in dem das politische Verantwortungsbewusstsein der Gesamtbevölkerung steigt. Hierzu müssten (wissenschaftlich) Messmöglichkeiten für den politischen Reifegrad eines Bürgers erarbeitet werden. Je höher dieser allgemein ist, umso mehr Mitwirkungsmöglichkeiten an "direkter Demokratie" müssten geschaffen werden.
Nach 10 Jahren, also nach der Zeit, wenn alle, die jetzt eingeschult werden, den "Politikunterricht" durchlaufen haben und mit dem Zeugnis für "demokratietauglich" befunden werden, erhalten sie, egal wie jung sie dann noch sind (die meisten wohl erst 16) die Wahlberechtigung, also unabhängig vom Alter.
Nach dieser Zeit, wenn also all jene, denen politische Mündigkeit attestiert wird, auch tatsächlich mündig sind und nicht allen möglichen x-beliebigen Populisten auf den Leim gehen, kann die demokratische Willensbildung so weit erweitert werden, dass wichtige politische Fragen und Gesetzesinitiativen auch dem Wahlbürger zur Entscheidung vorgelegt werden, ob sie dafür oder dagegen sind. Damit das nicht ausartet und nicht jeder jeden Sonntag zur Wahlurne laufen muss, sollte es bis dahin eine "Bürgerseite" im Internet geben, wo man ständig zu politischen Fragen sein Urteil abgeben kann, am besten mit einer kurzen Begründung. Das Ergebnis dieser Umfragen sollte ein parlamentarischer Ausschuss, der eigens zu diesem Zweck gebildet wird, permanent prüfen und dem Parlament hierüber berichten, damit diese "Volksmeinungen" stärker als bisher in den politischen Entscheidungsprozess eingebunden werden.
Das hat mich dazu inspiriert, das Thema in einem gesonderten Thread zu diskutieren.
Welche Form von Demokratie darf es denn bitte sein?
Ich selbst definiere Demokratie, so wie sie mir vorschwebt – und immer stets vorübergehend bis zu einer besseren Definition – so:
Demokratie ist das Problem, die verschiedenen divergenten Vorstellungen und Wünsche der Bevölkerung in Bezug darauf, was für sie Demokratie ist und wie sie ihre politischen Wünsche einbringen und gesellschaftlich durchbringen wollen, so zu bündeln, dass sich die meisten demokratisch vertreten fühlen, auch wenn sie nur einen Teil ihrer Vorstellungen einbringen konnten, und dass es nur sehr wenige gibt, deren Vorstellungen überhaupt keine Resonanz finden. Demokratie ist nie etwas Fertiges, Abgeschlossenes, sondern sollte wie alles zur jeweils besseren Form hin streben und sich weiter entwickeln.
Bekanntlich gibt es diverse Formen von Demokratie, wobei die westlichen Demokratien in der Regel das repräsentative Modell bevorzugen. Ein immer größerer Teil der Gesellschaft scheint aber mit einem plebiszitären Demokratiemodell zu liebäugeln. Meistens sind das leider die Populisten, die besonders dann auf Plebiszite bzw. Volksabstimmungen pochen, wenn sie glauben, damit eine Mehrheit zu haben – etwa wenn es darum geht den Islam aus Europa zu "verbannen" – um dann dies tatsächlich auch realisiert zu bekommen. Es sind die Leute, die Demokratie mit Mehrheitsdiktatur verwechseln.
Hier mal kurz zusammengefasst, ganz grob, welche Demokratiemodelle es insgesamt gibt:
• repräsentative Demokratie
• plebiszitäre Demokratie
• direkte Demokratie
• Rätedemokratie
• Expertendemokratie
• Basisdemokratie
Ich selbst halte jede Form der hier aufgelisteten Demokratieformen nicht nur für diskussionswürdig und die meisten davon sogar für besser als die repräsentative, die die politische Betätigung des Normalbürgers auf die Landtags- und Bundestagswahlen beschränkt – vorausgesetzt, man kann bei den Bürgern ein bestimmtes Minimum an politischer Bildung und Abneigung gegen die Populismusfalle bzw. gegen die politischen Fettnäpfchen voraussetzen. Leider ist dies, wie man bei den sozialen Netzwerken, aber auch hier bei Allmy merkt, nicht der Fall, denn etwa 2/3 der User hier denken politisch populistisch.
Was mir vorschwebt für eine bessere Demokratie, die der Versuchung widersteht Populisten nachzurennen und an der Verfassung herumzuwerkeln, damit sie "passender" wird, wäre folgendes Programm:
Möglichst bald Einführung eines Fachs "Politik und Demokratie" an den Schulen, auch den Grundschulen. Hier müssten insbesondere die Gefahren und Nebenwirkungen von Populismen erörtert werden und vor allem, dass Demokratie etwas anderes ist als Mehrheitsdiktatur. Stattdessen müsste Demokratie dargestellt werden als der Versuch, das Gemeinwohl zu erhöhen mit gerechten Mitteln, ohne bestimmte missliebige Bevölkerungsgruppen, etwa Migranten, ungleich zu behandeln. Also die Kunst eine moderne Gesellschaft zu managen, in der sich jeder bestmöglich vertreten fühlt, auch wenn seine Vorstellungen einer besseren Gesellschaft nur ganz begrenzt und bedingt tatsächlich realisiert werden können. Es müssen immer mehr Wege zu politischer Willensbildung aufgezeigt werden, und zwar in dem Maß, in dem das politische Verantwortungsbewusstsein der Gesamtbevölkerung steigt. Hierzu müssten (wissenschaftlich) Messmöglichkeiten für den politischen Reifegrad eines Bürgers erarbeitet werden. Je höher dieser allgemein ist, umso mehr Mitwirkungsmöglichkeiten an "direkter Demokratie" müssten geschaffen werden.
Nach 10 Jahren, also nach der Zeit, wenn alle, die jetzt eingeschult werden, den "Politikunterricht" durchlaufen haben und mit dem Zeugnis für "demokratietauglich" befunden werden, erhalten sie, egal wie jung sie dann noch sind (die meisten wohl erst 16) die Wahlberechtigung, also unabhängig vom Alter.
Nach dieser Zeit, wenn also all jene, denen politische Mündigkeit attestiert wird, auch tatsächlich mündig sind und nicht allen möglichen x-beliebigen Populisten auf den Leim gehen, kann die demokratische Willensbildung so weit erweitert werden, dass wichtige politische Fragen und Gesetzesinitiativen auch dem Wahlbürger zur Entscheidung vorgelegt werden, ob sie dafür oder dagegen sind. Damit das nicht ausartet und nicht jeder jeden Sonntag zur Wahlurne laufen muss, sollte es bis dahin eine "Bürgerseite" im Internet geben, wo man ständig zu politischen Fragen sein Urteil abgeben kann, am besten mit einer kurzen Begründung. Das Ergebnis dieser Umfragen sollte ein parlamentarischer Ausschuss, der eigens zu diesem Zweck gebildet wird, permanent prüfen und dem Parlament hierüber berichten, damit diese "Volksmeinungen" stärker als bisher in den politischen Entscheidungsprozess eingebunden werden.