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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

109 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wahlen, Krise, Kommunismus ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

05.12.2015 um 23:54
Zitat von alexklusivalexklusiv schrieb:die Nazis wollten das gleiche und waren auch Sozialisten
Öhm .. nein. Aber hier ist nicht der Thread, um den missbrauchten Sozialismus-Begriff der Hitler-Partei zu diskutieren.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

05.12.2015 um 23:58
@Narrenschiffer

Ich wäre der Letzte, der anzweifelt, dass sie ihn aufs Schlimmste missbraucht haben, aber das hat die Rote Armee-Fraktion auch getan - selbst Stalin hat das getan und zu seinem Nutzen verwendet. Deswegen halte ich es auch für so unsagbar wichtig, dass es keine Einzelpersonen geben darf, welche über das Schicksal zu vieler anderer Entscheidungen treffen, ich lehne das Grundkonzept eines Staatsführers ab, ob Präsident, Bundeskanzler oder Generalsekretär! Und erst recht das Konzept des totalitären Herrschers Lukaschenko. Aber er ist nun mal leider der einzige, welchen ich im Moment als fähig dazu anerkenne, meine Nation zumindest im kulturellen Bereich aufrechtzuerhalten, und völlig entgegen meiner Überzeugung bezüglich des Gegenteils toleriere ich ihn und würde ihn sogar wählen.

Wie du siehst, ist die Situation absolut nicht einfach, aber wenn ich mir so ansehe, was aus den baltischen Ländern, Polen und der Ukraine geworden ist, kann ich nicht gerade behaupten, dass wir Weißrussen Pech gehabt hätten.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 00:07
Zitat von alexklusivalexklusiv schrieb:Ich wäre der Letzte, der anzweifelt, dass sie ihn aufs Schlimmste missbraucht haben, aber das hat die Rote Armee-Fraktion auch getan - selbst Stalin hat das getan und zu seinem Nutzen verwendet. Deswegen halte ich es auch für so unsagbar wichtig, dass es keine Einzelpersonen geben darf, welche über das Schicksal zu vieler anderer Entscheidungen treffen
Das unterschreibe ich blind.
Wie du siehst, ist die Situation absolut nicht einfach, aber wenn ich mir so ansehe, was aus den baltischen Ländern, Polen und der Ukraine geworden ist, kann ich nicht gerade behaupten, dass wir Weißrussen Pech gehabt haben.
Da ich sehr wenig über das aktuelle Weißrussland (Belorus) weiß, würde ich mich freuen, wenn du diesen Thread am Leben halten kannst. Deine sehr ambivalente Haltung zur Politik in diesem Land finde ich sehr interessant und informativ.

Wahrscheinlich bin ich mit diesem Informationsdefizit hier in Mitteleuropa nicht alleine ;)


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 00:23
@Narrenschiffer

Ambivalent ist genau das richtige Wort, ich will das eine, toleriere aber das Gegensätzliche, weil ich nicht sehe, wie ich Meines sonst erreichen soll, beziehungsweise die Dinge, die mir in meiner Heimat am Herzen liegen, beibehalten soll. Ich will um jeden Preis verhindern, dass wir an einem Punkt angelangen, wo ich sage, dass das nicht mehr mein Land ist und der Preis ist aktuell verdammt hoch, nehmen wir nur die Diktatur, die Inflation, die Löhne. Der durchschnittliche Weißrusse verdient zwar das Doppelte des Ukrainers, aber nur ein Zehntel des Deutschen. Wenn du diesen Thread liest, wird dir nicht entgangen sein, dass ich irgendwann in Witebsk mein Köfferchen mit Scheinchen auspacken und: "Hier lebe ich jetzt", sagen will. Im Moment geht das nicht, weil ich befürchten müsste, diese Scheinchen unmittelbar abgenommen zu bekommen, ganz abgesehen davon, dass ich diese Scheinchen noch nicht habe, aber rein hypothetisch. Sollte Weißrussland, zum Glück undenkbar, aber rein hypothetisch, der EU beitreten und die gleiche Entwicklung wie das Baltikum durchmachen, was sogar noch der bessere Fall wäre (Ukraine...), würden die Dinge, die Weißrussland für mich zu Weißrussland machen, vor meinen Augen verschwinden, der Geruch und Anblick von reinster Natur (Polen muss ja unseren gemeinsamen Urwald abholzen...), die Datscha-Städte, die noblen Restaurants mit nahezu kostenlosem Essen, die sowjetische Architektur und, allen voran, die sowjetischen Menschen, welche einem Fremden stets ehrfürchtig gegenübertreten, was auf mich traurigerweise sogar schon ungewohnt wirkt, aber jedes Mal, wenn ein dahergelaufener Weißrusse meinem Blick ausweicht und gleichzeitig seine Lebensgeschichte erzählt, fühle ich mich wirklich zu Hause. Ich bin vor einigen Tagen einem Straßenmusiker begegnet, welcher Kalinka gespielt hat, da habe ich dieses Gefühl für wenige Minuten auch gehabt, ich habe alles andere vergessen, es ist einfach nicht zu beschreiben. Du gehst zur Ehrentafel, wo die "Helden Weißrusslands" und die "Helden sozialistischer Arbeit" aufgelistet sind und weißt, dass dort niemand hängt, weil er Geld hat, wie es in Deutschland ist, du siehst in deren Gesichter und kannst dir sicher sein, echte Helden Weißrusslands vor dir zu haben. In Weißrussland sind Menschen von Interesse, die wirklich etwas geleistet haben, die sich und ihr Leben ihrer Familie, ihrer Nation und deren Blühen verschrieben haben. Ich stehe dann vor der lebensgroßen Statue von Lenin, schaue auf ihn herab, stehe unschlüssig da und bitte ihn gedanklich darum, doch zu Fleisch und Blut zu werden und uns zu verraten, wie dieses Paradies aufrechtzuerhalten sei, wo doch alle unsere brüderlichen Völker daran gescheitert sind, wir sind wenigstens bis zum heutigen Tage im Spiel. Ich weiß natürlich, dass es für mich vor allem so ist, weil ich dort meine Ferien verbringe, ohne mir irgendwelche Sorgen z.B. Geld betreffend machen zu müssen, aber doch stehe ich da und fühle mich in einem dieser wenigen Momente meines Lebens wohl, da, wo ich hingehöre - und mir ist dann egal, ob ich Geld in der Tasche habe.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 00:32
@Narrenschiffer

Verstehst du mein Dilemma? Ich könnte in Deutschland das Zehnfache verdienen. Aber als Journalist in Deutschland, wie es vorab mein Plan ist, muss ich immer mit dem Wissen leben, Dinge zu schreiben, die eigentlich nicht genau so sind, dass ich Menschen in meinem Namen falsche Dinge erzähle. Als weißrussischer Straßenfeger wüsste ich wenigstens das Eine: Ich lebe und arbeite für meine Heimat, für meine Leute, wie es meine Bestimmung ist, und wie mein Gewissen es mir erlaubt. Die Aufgabe des weißrussischen Straßenfegers und Präsidenten ist in der Intention die gleiche, wir beschützen das, was wir für unser Paradies halten. Aber wie lange können wir das noch? Die unschlagbare schützende Hand, an welche wir voll und ganz gewöhnt sind, fällt weg, solange keine existentielle Bedrohung Weißrusslands vorliegt. Zunehmend kommt uns Coca Cola-Werbung ins Haus, in Witebsk hat die erste McDonalds-Filiale eröffnet. Das muss und wird gestoppt werden.

Ein Kompromiss wäre, zweisprachiger Journalist in Kaliningrad/Königsberg zu werden, dort aktuell sehr gefragt, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass ich dort weder das eine noch das andere hätte, weder Zufriedenheit mit meinem Dasein noch Geld. Wie du siehst, lasse ich meine Zukunft bisher ziemlich offen^^


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 00:46
@Narrenschiffer

Witebsk ist die Stadt, wo ich niemals ein Fremder sein werde, wo immer ein Platz für mich warmgehalten wird. Wo niemand infrage stellen wird, dass ich zu ihnen gehöre, selbst wenn ich mein Jahrzehnt in Deutschland zugebe - denn das muss ich gar nicht, früher habe ich mich immer nirgendwo wirklich zuhause gefühlt, aber mittlerweile kann ich mich problemlos als der durchschnittliche Weißrusse ausgeben, man merkt meinem Russisch nicht mehr im Geringsten an, dass damit etwas nicht stimmt, dass ich nicht einmal vier ganze Jahre meines Lebens in Witebsk verbracht habe. Viele sagen mir, dass ich womöglich mein Leben lang bereuen würde, Deutschland weggeworfen zu haben, denn sobald ich als weißrussischer Staatsbürger in Weißrussland wohnhaft werde, ist mir der Weg zurück versperrt. Darüber denke ich auch häufig nach - aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, in Weißrussland unglücklich zu sein, das ist mein Problem, was meinem Land auch passiert, ich will, dass es auch mir passiert. Ich will gerne in den völlig überfüllten Bussen nach Luft schnappen, um zu wissen, dass ich das, wofür ich geboren worden bin, nicht verraten habe, wenn sich mir dieser Verrat auch noch so stark aufgedrängt hat, von allem und jedem um mich herum. Um zu wissen, dass ich ein Held Weißrusslands bin.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 00:48
Zitat von alexklusivalexklusiv schrieb:der Geruch und Anblick von reinster Natur (Polen muss ja unseren gemeinsamen Urwald abholzen...), die Datscha-Städte, die noblen Restaurants mit nahezu kostenlosem Essen, die sowjetische Architektur und, allen voran, die sowjetischen Menschen, welche einem Fremden stets ehrfürchtig gegenübertreten, was auf mich traurigerweise sogar schon ungewohnt wirkt
Sehr interessant. Ich nehme an, dass dir der Name Swetlana Alexijewitsch was sagt, immerhin weißrussische Literaturnobelpreisträgerin. Ich habe ihren Band "Secondhand Zeit" gelesen mit Interviews, die sie mit verschiedensten Menschen gehalten hat. Der "Homo sovieticus", der für uns hier im Westen so schwer nachvollziehbar ist, hat sehr viel Raum erhalten. Ich erinnere mich immer noch daran, wie über die Bedeutung der Küche der "Chruschtschowka" erzählt wurde, in der realtiv angstfrei geschimpft werden konnte.

Ich habe nach der Lektüre hier auf Allmy über meine Leseeindrücke geschrieben: Welches Buch lest ihr gerade? (Seite 137) (Beitrag von Narrenschiffer)


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 01:06
@Narrenschiffer

Ich sollte dieses Buch vielleicht auch mal lesen, einerseits, weil ich gerade was interessantes zum Lesen suche und andererseits, weil das Buch wirklich was haben muss, mich vielleicht zum etwas klareren Denken bewegen könnte, wenn ich es auch ablehnen werde, aber das mach gar keinen Unterschied. Was mich besonders interessiert ist, wie sie wohl das Verhältnis zwischen Russland und Weißrussland bewertet. Putin sagt ganz klar, dass Russland auf Kollektivismus aufgebaut ist, Kollektivismus ein wesentlicher Bestandteil Russlands als Nation ist. Er interpretiert ihn aber völlig anders als ein Kommunist, bei Putin klingt in jeder einzelnen Rede immer wieder sein eigener Nationalismus hindurch, welcher vom Patriotismus viel zu weit abweicht, als dass man ihn noch als solchen decken könnte. "Russen nehmen keine Forderungen entgegen, Russen stellen Anforderungen!", ist sicher richtig, aber das sagt man doch keinem us-amerikanischen Reporter! Welchen Anspruch hätte Russland darauf, Forderungen zu stellen, welche die USA nicht hätten? Nicht so viele. Mit solchen Aussagen sagt Putin sehr deutlich: Russen sind einfach besser als Amerikaner. Das ist aber nicht so, alle Menschen sind gleich gut, ein Präsident darf das doch wohl nicht leugnen, der der Nation angehört, welche Zigmillionen Menschenleben für diese eine Wahrheit geopfert hat! Wenn er so etwas sagt, tut Putin das schlimmste, was er tun kann, er stellt uns nämlich auf eine Stufe mit den USA, wenn er genau wie sie sagt, Russland wäre irgendwie eine spezielle Nation mit speziellen Vorrechten. Wenn Putin die USA faschistisch nennt, sollte er sich an die eigene Nase fassen. Ich ordne die USA als eine Macht ein, welche versucht, aus nationalistischen Motiven unser Leben zu beeinflussen, welche entsprechend die größtmögliche Gefahr für Weißrusslands Leben und Souveränität darstellt. Aber niemals würde ich sagen, dass wir diejenigen sind, die Forderungen stellen, weil wir Weißrussen sind. Völlig gleich, ob das der Wahrheit entspricht, man darf sich bei Machtpolitik nun mal einfach nicht auf die eigene Nationalität beziehen, wie ich finde, die USA machen das täglich. Das ist Grund genug, das um jeden Preis zu unterlassen, wie sehr das auch auf der Zunge brennt. Ich bin nur zu häufig geneigt, als Antwort darauf, wieso ich das eine oder andere kann, zu sagen, dass ich ein Weißrusse bin, aber ich tue es nicht. Denn es ist nicht wahr: Das ist nicht, weil ich ein Weißrusse bin, sondern das ist, weil ich der weißrussischen Nation angehöre, welche ihrerseits in ihrer Geschichte höchst offensichtlich schon wesentlich mehr gelernt hat als Deutschland und gravierende westeuropäische politische Fehler unterlässt. Aber, das würde noch viel schlimmer klingen, also sage ich einfach: "Du könntest das mit etwas Übung sicher auch!", obwohl ich weiß, dass für den berühmten sowjetischen Gesichtsausdruck, das russische Zuvorkommen, den selbstverständlichen gegenseitigen Respekt, einfach sehr bestimmte Moral- und Ehrenvorstellungen unabdingbar sind. Unglaublich, wie viele Russen heute äußerlich unmöglich mehr von Deutschen zu unterscheiden sind, womit wir an einem weiteren Punkt angelangt wären, der zunehmenden Teilung unserer russischen Nation... aber bevor du einnickst und deine Tastatur ruinierst, sollte ich besser aufhören. Bin zu faul, da jetzt Absätze reinzubringen :D


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 01:20
@Narrenschiffer

Vielleicht kannst du ein kleines bisschen nachempfingen, wie gerne ich jetzt dort sein und mein Leben feiern würde:

Youtube: Новогодний Витебск
Новогодний Витебск
Externer Inhalt
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Ich frage mich oft selbst, wieso kann ich das hier nicht alles auch? Ich weiß es bis heute nicht. Es ist einfach anders, fremd, auf eine undefinierbare Weise falsch. Wenn ich das bloß wüsste - ich würde um die gewichtigste Frage meines Lebens herumkommen.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 01:32
@Narrenschiffer

Als wir nach Deutschland zogen, war ich nicht einmal drei Jahre alt. Ich fragte meine Mutter natürlich, was wir da sollten? Sie sagte, wir würden uns nur ansehen, wie es da so ist. Von dem Moment an habe ich alles in Deutschland mit irgendetwas in Weißrussland verglichen, ich sagte, hey, das gibt es bei Oma und Opa auch, nur ein bisschen anders. Dieses "bisschen anders" macht mich heute kaputt - es ist ganz anders. Die Menschen sind ganz anders, das Leben ist ganz anders, man stupst keinen Zufälligen einsam aussehenden an, um ihn zu sich nach Hause Weihnachten feiern einzuladen. Um ihn glücklicher zu machen - einfach so. Weil man weiß, dass man genau für solche Taten lebt. Im Laufe der Monate wurde klar, dass ich nicht zu beruhigen sein würde, wenn wir Weißrussland nicht regelmäßig besuchen würden, wenn ich hinfuhr, war ich glücklich, wenn ich wegfuhr, weinte ich. Das Weinen habe ich mittlerweile eingestellt, aber es fühlt sich noch genau so an wie beim ersten Wegfahren, jedes einzelne Mal. Als kleines Kind habe ich keine Chance ausgelassen, meine Eltern daran zu erinnern, wie falsch das gewesen war und wie sehr ich jetzt darunter leiden würde. Mittlerweile habe ich das gelassen, weil ich weiß, dass es ihnen wehtut. Mittlerweile warte ich einfach darauf, mein Abitur zu machen und endlich hinzugehen, wohin ich will. Wohin ich will, das wüsste ich wohl gerne:/


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 01:49
@alexklusiv

Das Verhältnis zwischen Russland und Weißrussland ist mir persönlich zu wenig bekannt, aber wie du schreibst, scheint von russischer Seite so eine Art Überheblichkeit rüberzukommen.

Was mich nun an ein anderes Medienerlebnis erinnert, diesmal von einem Russen. Der Regisseur Elem Klimow hat Ende der 80er Jahre eine Art Parzival-Geschichte aus der weißrussischen Partisanen-"Szene" verfilmt: ein 14-jähriger weißrussischer Junge wird von den Partisanen als zu jung angesehen, um als Kombattant anerkannt zu werden und irrt durch die Wälder, trifft auf ein Mädchen, erlebt die Massaker der Nazihorden (über 600 weißrussische Dörfer wurden niedergebrannt, die Einwohner abgeschlachtet).

Ein Film eines Russen über Weißrussland noch während der Sowjetzeit, die Washington Post nannte ihn bereits 1987 "klassisch" und stellte diesen Film auf eine Stufe mit Coppolas Apocalypse Now.

http://www.washingtonpost.com/wp-srv/style/longterm/movies/videos/comeandseenrkempley_a0ca58.htm (Archiv-Version vom 25.11.2015)
Wikipedia: Komm und sieh

Nur: der Film ist nun auch schon beinahe 30 Jahre her, dass er entstand, und über die aktuellen Entwicklungen in Belorus ist nur mehr sehr wenig zu hören bzw. zu lesen.

Und ach: da war doch 1991 noch der Vertrag von Belowesch, die Sowjetunion aufgelöst wurde. Für Russland war Jelzin anwesend (und achtete darauf, dass Russland das Atomwaffenmonopol erhält), für die Ukraine Krawtschuk und für Weißrussland ... puh ... das habe ich vergessen.

Danach ist - abgesehen vom Lukaschenko-Bashing - Belorus fürs westliche Nachrichten-Radar versunken. Mit Ausnahme von Swetlana Alexijewitsch.
Zitat von alexklusivalexklusiv schrieb:Vielleicht kannst du ein kleines bisschen nachempfingen, wie gerne ich jetzt dort sein und mein Leben feiern würde
Ein wenig idyllisierend gefilmt, aber wieder ein Anreiz mehr, dieses bei uns sehr unbekannte Land zu bereisen.
Zitat von alexklusivalexklusiv schrieb:Mittlerweile warte ich einfach darauf, mein Abitur zu machen und endlich hinzugehen, wohin ich will
Dir stehen danach Tür und Tor offen. Und deine Sehnsucht kann ich nachvollziehen. Ich bin 1989 als Österreicher ins postkommunistische Ungarn gegangen und habe dort zwei Jahrzehnte gearbeitet. Was du über andere Verhaltensweisen schreibst, konnte ich auch erleben. Unvergesslich. Auf der anderen Seite auch die Erfahrung, dass freie Gesellschaften sehr schnell zu Ellenbogengesellschaften mutieren. Und das ist schade, da ein freies, vor staatlicher Gewalt angstfreies Leben unbezahlbar ist.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

06.12.2015 um 02:16
@Narrenschiffer

Wenn es bloß dieses freie, von staatlicher Gewalt angstbefreite Leben ohne den totalen Verlust jeglicher Kultur gäbe... Vor dieser Wahl stehe ich früher oder später. Was ist mir mehr wert, ein von staatlicher Gewalt angstbefreites Leben oder ein Leben voller Menschen, die ich verstehe, die auf mich wie "echte" Menschen wirken? Menschen, die dich auf ein fürstliches Essen einladen, in die Sauna und anschließend eine Runde Nachtbaden gehen, ehe du erzählst, wie dein Name lautet? Wo dich deine Freundin nicht fragt, wie viel Geld du verdienst, solange du alles bezahlen kannst, weil Geld eben einfach nur ein Mittel zum Zweck ist (und nicht der Sinn des Lebens...)? Ich glaube nicht, dass meine Neigung allzu schwer nachvollziehbar ist. Bloß bin ich wirklich bereit, auf Geld zu verzichten, auf meine nächste Verwandtschaft? Oder werde ich dann zu einem merkwürdigen Typen wie jemand, der in Deutschland seine Familie verlässt, um aus Überzeugung in der DDR zu leben? Ich glaube nicht. Hier habe ich sechs Personen, dort hunderte. Ich war meiner Heimat schon immer sehr nahe, aber früher wirkte das wie ein vergänglicher Kindheitstraum. Mittlerweile habe ich über meine Perspektiven in Weißrussland mit sehr vielen Menschen gesprochen. Meine Großmutter sprach mit meiner Mutter darüber, dass sie seelisch darauf vorbereitet sein sollte, dass ihr ältester Sohn zurückkommen würde, weil sie mir das ansehen würde, in der Art, wie ich alles Vaterländische anstarrte, wie ich alles glorifizierte, wie ich jeden einzelnen Moment genoss, weil ich wusste, dass es von heute auf morgen wieder vorbei sein würde.

Ich bin eigentlich jemand, der keine Probleme damit hat, schnell richtige Entscheidungen zu treffen, diese auch für Menschen zu treffen, welche mir vertrauen oder unterstellt sind, in einer Gruppenarbeit stehe ich nach wenigen Minuten als Leader da und sage, wer was zu tun hat, das hat sich bereits so enorm eingebürgert, dass kaum noch mit mir diskutiert wird, wenn ich einfach so etwas bestimme, in der Grundschule hätte man gesagt: "Du bist hier nicht der Bestimmer!", in meiner Stufe weiß man aber: Wenn ich etwas in die Hand nehme, dann verstehe ich etwas davon. Und wenn ich etwas davon verstehe und die Dinge koordiniere, dann bekommen wir am Ende auch eine gute Note. Einer hat mir mal angeboten, mir einen Eiskaffee zu holen, als ich das machen wollte, weil ich hier so unabdingbar wäre - wenn man sowas hört, freut man sich einerseites und denkt andererseits darüber nach, ob man nicht total arrogant ist. Aber dennoch bin ich in solchen Dingen einfach dafür zuständig, mir gereichte Stichwortlisten zu druckreifen Texten zu machen und Leute anzuweisen, jene dann auf die Plakate oder was auch immer abzuschreiben - ich kann mir gut vorstellen, wie furchtbar selbstgefällig das klingen muss. Ich bin eigentlich die Selbstständigkeit in Person, aber in dieser einen großen Frage fühle ich mich immer wie ein Kind, du wirst meine Unsicherheit zwischen den Zeilen lesen können, dass ich einfach nicht weiß, was das richtige ist, wieviele Jahre ich auch darüber nachdenke.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 03:20
Das kannst du dann ja in deine Bewerbung an die Prawda schreiben: "In der elften Klasse nannten mich alle nur 'Maximo Lider des Josef-Stalin-Gymnasiums', ich bin also für Führungsaufgaben prädestiniert, Herr Genosse Chefredakteur."


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 07:59
@Fabs

Erfolgsversprechender wäre zu schreiben, dass ich so beneidenswert rüberkam, dass es sogar jemanden gab, der sich die seitenlange Diskussion durchgelesen hat, nur um zu versuchen, irgendetwas herauszugreifen, um mich irgendwie zu provozieren, ich nehme an, damit würde ich sogar bei der Bild eingestellt, Provokation ist deren Fachgebiet :D


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 08:30
@Fabs

Du verstehst sogar ehrlich nicht, wie Menschen anders sein können, nicht wahr? Das kann ich dir nicht übel nehmen. Es ist dein Glück - dann gelangst du auch nicht in Versuchung...


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 15:31
Also wenn du einen autoritären Charakter und ein autokratisches System als "kulturelle Eigenart" akzeptiert wissen willst, bist du bei mir wirklich falsch, sorry.
Zitat von alexklusivalexklusiv schrieb:Du verstehst sogar ehrlich nicht, wie Menschen anders sein können, nicht wahr
"Andersartigkeit" spiegelt sich in Individualität wieder, nicht in einem, ob nun nationalistisch oder kulturalistisch definiertem, Kollektiv, das die Sehnsucht nach identitätsstiftender Gemeinschaft und Idylle wider den Zumutungen einer rasanten, unstetigen und abstrakt erscheinenden kapitalistischen Welt verbürgt. Du willst ein Weissrusse unter Weissrussen sein, dich ins nationale Kollektiv begeben und somit deine Individualität ja aufgeben. Ok, aber wirklich "anders" ist so was nur, wenn man "Andersartigkeit" bloss als Ausdruck einer Zugehörigkeit zu einer fremden Kultur definiert - wobei wir wieder bei den Freunden "kultureller Eigenart" sind, die Menschen Kulturen einverleiben.

Wo ich aber nicht durchblicke, ist deine Familiensituation: Lebst du alleine hier in Deutschland? Bei Verwandten? Scheinbar ist deine Mutter ja noch in Weissrussland.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 17:34
@Fabs

Nein, sie ist hier, aber wir fliegen meist gemeinsam hin.

Pass auf. Ich verstehe absolut, dass du mangels entsprechender Erfahrung nicht weißt, wovon ich überhaupt spreche, aber ich kann wohl davon ausgehen, dass du verstehst, was der Unterschied zwischen fehlender Individualität und fundamental erhöhtem gegenseitigem Respekt, Ehrfurcht und Hilfsbereitschaft ist? Da kannst du auch sagen, es ist Gleichmacherei, klar. Aber es gibt auch Dinge, welche bei allen Deutschen gleich sind. Beides ist gleich, aber das eine positiv, das andere negativ, bestes Beispiel: Wenn ich in Weißrussland einen danach frage, seine Hausaufgaben abschreiben zu dürfen, würde dieser Jemand an Ansehen verlieren, wenn er sie mir vorenthält. Tue ich das in Deutschland, fällt es eher umgekehrt aus. Ich habe die Unterschiede, von denen ich spreche, ja explizid beschrieben, es jedenfalls versucht - aber man kann das eigentlich nicht beschreiben, man muss es selbst erlebt haben, wie @Narrenschiffer sagte: Unbeschreiblich. Wenn du mal über deinen Ablehnungskodex auf die andere Seite hinüberschielen solltest, kannst du es dir ansehen, du bist herzlich willkommen, denn seit einigen Jahrzehnten stehen unsere Tore auch für westeuropäische Besucher offen, mach dir keine Gedanken, du kommst weder als Zombie raus, noch landest du beim KGB, aber wenn Weißrussland auf dich wirkt, wie auf die meisten Deutschen, die es besucht haben, gehst du dennoch als veränderter Mann wieder hinaus, welcher auf Freuden des Lebens getroffen sein wird, von dessen Existenz er nie etwas geahnt hat. Oder wie in deinem Fall, sein Leben lang versucht hat, davor die Augen zuzukneifen, um sein ideologisches Netz, welches sich durch jeden Nerv seines Gehirns gespannt hat, zu zerstören.


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 17:40
*gegenseitigen Respekt *deren *nicht zu zerstören

Mit dem Handy zu schreiben ist echt die Hölle -.-


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Fabs ehemaliges Mitglied

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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 19:25
Ich glaube kaum dass Weissrussland mein nationales und sozialistisches Erweckungserlebnis wird, aber trotzdem danke für die Einladung!


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"Wahlen" in Weißrussland am 11. Oktober 2015

07.12.2015 um 21:54
@Fabs

Ach ja, bevor ich es vergesse, wenn du nicht nur unseren Urwald besuchen willst, dann nimm auf alle Fälle eine Atemschutzmaske mit, also keine Maske, sondern diese Tuchfilter, welche in Chinas Großstädten getragen werden, ist zwar bei Weitem nicht so schlimm, aber ich habe auch schon einen Deutschen dort gehabt, der mit der Luft überhaupt nicht klar kam.

Das meine ich sogar fast ernst, es lohnt sich immer, etwas Neues kennenzulernen, deswegen fahre ich auch sicher mal in die USA, ich wüsste nicht, was dagegen spricht^^

Von einem "Erweckungserlebnis" hat keiner gesprochen. Manchmal reicht es sogar schon, einem einzigen Menschen dort in die Augen zu sehen, und es würde dir mehr sagen, als ich dir hier erzählen kann. Für mich war das immer normal, gewohnt, die Dimension des Unterschiedes wurde mir erst vor einigen Jahren so richtig klar, als ich erstmals einen direkten Vergleich der gleichen Siruation anstellen konnte. Ich hatte auf der Mosel eine kleine Schifffahrt gemacht, wenige Wochen später selbiges auf der Düna. Bei Letzterem fuhren wir an einem weiteren Schiff vorbei. Ich dachte: Okay, nichts besonderes. Aber als sie dann an uns vorbeischwommen! Der laute Jubel, die gewchwenkten Flaggen, die Rufe! Der weißrussische Komsomol.

Doch ich stand nicht auf und jubelte zurück. Ich blieb sitzen und fragte mich, was sie da taten. Wenige Minuten später wurde mir klar, wie stark Deutschland mich in Wahrheit geprägt hatte, und wie wichtig es war, den Schaden einzudämmen. In diesen Tagen hat sich meine politische und gesellschaftliche Meinung gefestigt, bis heute um keinen Zentimeter geändert - hoffentlich wird das auch nie passieren.


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