SCMP77 schrieb:Es geht nicht darum, wie wirklich damals verfahren wurde, da ist man heute vielleicht schlauer, wie wirklich mit Befehlsverweigerung umgegangen wurde. Das kann man u.U. heute aus Statistiken erkennen, aber Statistiken können für den Einzelfall keine Auskunft geben. Später ist man immer schlauer. Und was in Wirklichkeit zählen muss, ist die jeweilige subjektive Sichtweise eines Betroffenen in seiner damaligen Situation. Und sei mal ehrlich, kennst Ihr die? Wohl kaum.
Der Punkt ist, dass man seine "subjektive Sicht" im Nachhinein auch als eine ganze andere ausgeben kann.
Es mag sicher Einzelfälle gegeben haben, wo jemand dachte, ihm wird etwas angetan, wenn er dies oder jenes nicht tut. Mir kann aber niemand erzählen, dass der ganz überwiegende Teil - und sein wir ehrlich, der ganz überwiegende Teil hat sicher später mit "Ja, wir mussten das aber machen" gerechtfertigt - nicht gewusst hat, ob als direkte Zeugen oder zumindest vom Hören/Sagen, dass ihnen da rein gar nichts passiert.
Ganz im Gegenteil.
Besagter Karl Koch, den ich oben erwähnte, wurde später hingerichtet. Nicht wegen dieser "fahrlässigen Gefangenenbefreiung". Nein, der hat Leute im KZ ermorden lassen, die davon wussten, dass er sich an den Hinterlassenschaften von Juden bereichert.
Das tat der ja bspw nicht auf Befehl.
Andere Berichte sprechen bspw davon, dass Wehrmachtangehörige bei Massenexekutionen den SS-Kommandos lächelnd die Waffen aus der Hand nahmen (edit: um die Erschiessungen fortzuführen, nicht dass das hier falsch verstanden wird), weil das deren Hände nach stundenlangem Erschiessen nicht mehr mitgemacht haben....auch keinerlei Befehl.
Andere Berichte, die davon sprechen, dass Wehrmachtsangehörige bei abgebrochenen Massenexekutionen entäuscht zurück in ihre Quartiere gingen, nach vollendeten Massenexekutionen aber befriedigt.
Das sind alles Punkte, die diese Rechtfertigung mit der Dienstvorschrift schlicht als vorgeschoben und gelogen entlarven.