Unruhen in der Ukraine - reloaded
14.10.2014 um 17:40Die Clans der Ukraine – Machtverhältnisse in einer Demokratie, die nie existiert hat.Da kann man noch weiterlesen: http://www.monde-diplomatique.de/pm/2014/10/10/a0043.text
Die Entzauberung der Maidan-Revolution schreitet schneller voran als die der Orangen Revolution von 2005. Beide teilen das eigentümliche Schicksl eines Ereinisses von globaler Bedeutun, das gleichwohl an den realen Machtverhältnissen und den politischen Institutionen der Ukraine genauso wenig geändert hat wie an den wirtschaftlichen Strukturen….
Die Kontinuität oligarchischer Macht wurde dann im Mai durch die Wahl eines neuen Präsidenten gesichert. Petro Poroschenko war der Kandidat des westlich orientierten Pintschuk-Clans, der seit einigen Jahren für die Aufnahme der Ukraine in EU und Nato plädiert. Der Öffentlichkeit hatte sich Poroschenko durch die Liveübertragung der Maidan-Proteste in seinem eigenen Sender empfohlen. Mit seinem Sieg war der rivalisierende Achmetow-Clan aus Donezk, der hinter der Partei der Regionen, also hinter Janukowitsch, stand, in die Defensive gedrängt.
Diese oligarchischen Strukturen sorgen dafür, dass das Verhältnis zwischen nationalen Bewegungen, Parteien, Medien und politischer Macht von außen kaum zu durchschauen ist. Die dominierenden Clans haben sich im Übergang der Ukraine von einer Sowjetrepublik in die Unabhängigkeit herausgebildet. Die kommunistische Führung hat dabei das Konzept der staatlichen Souveränität von den westukrainischen Nationalisten übernommen – mit dem Ziel, sich aus der zerfallenden Sowjetunion herauszulösen und damit ihre Machtpositionen zu erhalten. Der letzte Vorsitzende des Ukrainischen Obersten Sowjets, Leonid Krawtschuk, vollbrachte das Kunststück, sich an die Spitze der zuvor unterdrückten Nationalbewegungen zu setzen, indem er Ukrainisch zur Staatssprache machte und die desaströse Wirtschaftslage dem Moskauer Zentrum zuschrieb. Und die Interessen der Fabrikdirektoren und Arbeiter in den östlichen Regionen wurden durch die Privatisierung ihrer Industrien in ukrainische Hände bedient.In den ersten fünf Jahren der Transformation ging die Hälfte der Unternehmen in privaten Besitz über. Die drei großen “Clans” der 1990er Jahre bildeten die territoriale und sektorale Gliederung der ukrainischen Wirtschaft ab. Der Donezker Clan gruppierte sich um Rinat Achmetow, der die Schwer- und Metallindustrie dominierte; wichtige Verbündete waren der Industrieverband Donbass um Serhij Taruta, Witali Hajduk und die Gebrüder Klujew.
Die Dnepropetrowsker Gruppe war am engsten mit der politischen Maschine von Leonid Kutschma, dem zweiten Präsidenten der Ukraine, verwoben. Wiktor Pintschuk, anfangs in der Metallindustrie engagiert, ist Kutschma familiär verbunden und stimmte seine Interessen mit der Finanzgruppe Privat von Ihor Kolomojskyj ab. Dieser Gruppe hatten sich Julia Timoschenko und Serhij Tihipko angeschlossen. Der Kiewer Clan als dritte Kraft profitierte von seinen direkten Verbindungen zur Präsidialverwaltung Kutschmas, sah jedoch seinen Einfluss unter den veränderten politischen Rahmenbedingungen zusehends schwinden…