Euer Verhältnis zum Liberalismus
21.02.2014 um 19:11
Eigentlich ist alles ganz einfach: in einer Wirtschaft, wie wir sie in Deutschland und eigentlich in ganz Europa haben, mit einer derart hohen Produktivität in den modernen Fertigungsanlagen, durch die ein durchschnittlicher Arbeiter heute das Vielfache produziert als noch vor einigen Jahrzehnten, und einer zunehmenden Effizienz auch im Dienstleistungssektor, mit Rechnern an jedem Arbeitsplatz welche die Arbeit doch massiv vereinfachen, und zudem einem Arbeitsmarkt, welcher auf Spezialisierung ausgerichtet ist und darauf, dass immer möglichst viele die Uni mit einem entsprechenden Abschluss verlassen, in einer solchen Wirtschaft braucht es erstens keine Krisen mehr zu geben, zweitens keine Inflation und drittens keine Massenarbeitslosigkeit, und schließlich viertens, wenn alle Ursachen für die ersten drei Probleme beseitigt sind, auch kein Lohndumping mehr.
Warum ich das sage? Ein Marx oder Lenin wollte den Sozialismus aufbauen, waren aber der Meinung, dass das am besten geht, wenn die Produktivität hoch genug ist, deshalb müssten die kapitalistischen Staaten überholt werden. Nun haben die Sowjetunion oder die DDR trotz aller Anstrengungen nie annähernd das Produktivitätsniveau der westlichen Welt erreicht, von dem Niveau von heute ganz zu schweigen. Deshalb sagen besonders heutige Sozialisten, dass die Zeit dafür nicht reif war und die Revolution deshalb in Staaten passieren muss, die schon sehr weit fortgeschritten sind in ihrer Entwicklung.
Ich sage: es braucht keine Revolution. Es ist alles sehr viel einfacher, als das uns Politiker heute weismachen wollen. Die Linkspartei hat das schon erkannt, denkt aber in die falsche Richtung. Libertäre haben das auch erkannt, gehen aber zu dogmatisch da ran.
Wodurch werden Wirtschaftskrisen in den hochentwickelten Ländern ausgelöst? Ganz klar durch die Geldpolitik der Zentralbanken. Inflation kommt auch genau daher. Auch die Arbeitslosigkeit ist eine Folge der Geldpolitik. Denn in einer flexiblen Wirtschaft, in der flexible Arbeitszeiten ausgemacht werden kann, und es mehr Menschen mit höherem Bildungsabschluss gibt als niedrig Qualifizierte, ließe sich für jeden was finden, auch für die immer weniger werdenden Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss (wenn nur 10% einen Hauptschulabschluss haben, braucht man die Hauptschule nicht abzuschaffen).
Eine Wirtschaft ohne Krisen ist aber politisch nicht gewollt. Finanzjongleure profitieren davon, wenn irgendwo eine Krise ausbricht. Von Inflation profitiert der Staat, der dadurch seine Schulden entwertet. Wenn aber durch Geldpolitik Krisen mit ansteigender Arbeitslosigkeit ausgelöst werden, steigen dadurch auch die staatlichen Schulden.
Eine Wirtschaft ohne Krisen ist also möglich und damit auch ohne Wachstumszwang, denn dieser entsteht auch widerum nur durch die Krisen, die die Verschuldung steigen lassen. Wachstum wollen aber auch die sehen, die Geld zu Geld machen wollen.
Man kann alles zu Geld machen, das ist auch kein Problem. Das Problem sind aber die, die Geld zu Geld machen wollen. Dann kommt es zu der absurden Situation, dass durch die Arbeitslosigkeit Menschen in Drecksjobs gedrängt werden, weil Renditejäger auf dem Arbeitsmarkt nun von der Krise profitieren wollen, und unter dem Vorwand der hohen Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer erpressbar werden. Und das nur, weil der Zinssatz der Notenbanken zu hoch war, und in der anschließenden Krise wird selbst ein guter Hochschulabschluss wertlos, man findet zunächst keinen Job und wird dann in eine Maßnahme gesteckt, die völlig unter der Qualifizierung ist und viel zu schlecht bezahlt.
Nun ist der Zinssatz der Notenbanken extrem niedrig, und auch das kann demnächst zu einem großen Knall führen. Wir können uns jetzt alle schön billig verschulden also über unsere Verhältnisse leben. Ist ja noch genug Arbeit da, weil der Export noch läuft. Dadurch trägt sich das noch ein bisschen.
Was kann aber die Lösung für alle wirtschaftlichen, sozialen, finanziellen Probleme sein, die es in einer Wirtschaft mit so hoher Produktivität und genügend Humankapital gar nicht zu geben braucht?
Der Ordoliberalismus ist die Lösung.
Dieser hat schon nach dem zweiten Weltkrieg bei uns sehr gut funktioniert. Wir brauchen also gar nicht über den Kommunismus diskutieren, auch wie hoch die Staatsquote sein soll ist nebensächlich. Ein undogmatischer Liberalismus ist gefragt. Notenbanken entmachten, den Finanzsektor reformieren, das wird die Voraussetzung sein dafür dass möglichst jeder wieder Arbeit hat und möglichst gut bezahlte, und damit auch die Staatsschulden allmählich sinken.
So ähnlich hat es ja bis zum Jahr 2000 bei uns ausgesehen, und auch in den USA, aber dann kam Bush und wollte eine völlig andere Politik und bei uns die Sache mit dem Euro. Das aber gilt es zu erkennen, dass bis 2000 die Lage noch eine andere war, auch in den südeuropäischen Ländern. Euro, Immobilienkrise, Hoch- und Niedrigzinsen, Agendapolitik, Exportüberschüsse, dramatisch ansteigende Schulden, das alles kam erst später. Dass die Auswirkungen noch nicht so schlimm geworden sind, liegt an China, das im Moment noch die Weltwirtschaft rettet. Fällt China selbst aus, ist unser Wirtschaftsmodell endgültig am Ende. Dann hat sich das "Modell Bush" erledigt, bei dem über die Notenbanken Politik gemacht wird und Staatsverschuldung sogar gewünscht ist, um die Märkte zu pushen. Und genauso die Dumpinglöhne und der Inflationismus, die auch zu diesem Modell gehören. Diese wirtschaftspolitische Wende wurde zu der Zeit eingeleitet, als die Flugzeuge am 11.September in das WTC krachten (ohne jetzt einen Inside-Job unterstellen zu wollen), aber die anschließende Kriegsführung, besonders im Irak wegen der Ölquellen, gehört auch zu dieser strategischen Wende der Regierung Bush, von daher kam ihnen der Anschlag entgegen, weil davon die Rüstungslobby profitierte, was wir an den hohen Militärausgaben sehen, aber auch die Bankenlobby durch die Spekulationsgeschäfte, weil Schulden seit der Regierung Bush zum Paradigma erklärt wurden, genauso die Sache mit dem Euro, der 2002 eingeführt wurde, auch zu dieser Zeit. Das sind alles Anzeichen für eine umfassende neue Wirtschaftsstrategie, die man aber im Grund bis heute beibehalten hat, die aber sicherlich ein Irrweg war, nur wurde das eben noch nicht konsequent genug bestraft, weil China noch der Motor der Weltwirtschaft ist.