@ kakaobart:
Weil ich deine Theorie interessant finde, möchte ich mich da gerne noch etwas tiefer reinlesen. Hast du vielleicht eine seriöse Quelle für diese Darstellung? Insbesondere von der "ostbaltischen Rasse" habe ich bisher noch nichts gehört...was ist/war das denn? Hat das was mit der Region "Baltikum" zu tun...?
Es ist so: Die „Rassenforschung“ seit der Zeit der Weimarer Republik, deren prominentester Vertreter in England Coon, in Italien Biasutti, in Frankreich Montandon, in Polen Czekanowski und in Deutschland eben der berühmte Hans F. K. Günther waren, postulierte fünf verschiedene „Rassen“ in Europa, denen Günther entschieden eine Werte-Hierarchie zuordnete und zwar folgende:
1. „nordische Rasse“, definiert als schlank, mittelgroß bis groß, langbeinig, schmalgesichtig, langnasig, hellbraune, rote oder blonde Haare, helle oder gemischte Augenfarbe, vertreten in Nord-, Zentral- und Westeuropa (der Begriff dieses Typus wurde im Nationalsozialismus allerdings derart lax gehandhabt, so daß der Großteil der Deutschen und überhaupt mitteleuropäischen Bevölkerung als mehr oder weniger „nordisch“ definiert werden konnte)
2. „dinarische Rasse“, definiert als muskulös, knochig, groß, langgliedrig, kurzköpfig, adlernasig mit eher dunklen Haaren und Augen, vertreten vor allem auf dem Balkan (Südosteuropa), teilweise auch den Alpen bis Süddeutschland und Norditalien
3. „westische Rasse“, bzw. „mediterrane Rasse“, definiert als grazil, eher kleinwüchsig, schlank, langbeinig, schmalgesichtig, schwarze Haare, dunkle Augen, klassische „Südländer“ also, vertreten vor allem in den romanischen Völkern
4. „ostische Rasse“, bzw. „alpine Rasse“, definiert als breitwüchsig (dick), breitschädlig, klein bis mittelgroß, untersetzt, eher braune oder mittlere Haarfarbe, meist dunklere Augen, kurze, stumpfe Nasen, vertreten vor allem in den europäischen Mittelgebirgen sowie den Alpen und Frankreich
5. „ostbaltische Rasse“, definiert als meist mittelgroß, breitschädlig, stupsnasig, vorspringende Wangenknochen, schiefstehende Augen, oft mit leichter Mongolenfalte, aschblondes oder hellblondes Haar, graue oder hellblaue Augen, „Slawentypus“, vertreten vor allem in Osteuropa, teilweise allerdings auch in Skandinavien
In diese fünf Typen haben Anthropologen der damaligen Zeit die europäische Menschheit ganz offiziell unterteilt. (Auch wenn ihnen damals schon klar war, daß die meisten Menschen Mischtypen aus diesen „Rassen“ sind.) Vor allem im Nationalsozialismus ging damit zugleich auch eine starke Wertung einher, d. h. die nordischen und dinarischen Menschen wurden als leistungsfähiger, kriegstüchtiger usw. gewertet als die anderen. Am Ende der Hierarchie stand der bei den Slawen stark vertretene „ostbaltische“ Rassentypus, den der „Rassenforscher“ Günther in seinen verschiedenen „Rassenkunden“ ziemlich negativ beurteilt. Später hat Günther von der „nordischen Rasse“ noch eine „fälische“ unterschieden (sehr hochwüchsige, urige und stämmige Menschen, vor allem in Norddeutschland weit verbreitet), doch politisch hat diese weitere Unterscheidung niemals viel bedeutet, da man „nordisch“ und „fälisch“ stets unter dem Oberbegriff „germanisch“ zusammenfaßte und in diesen beiden „Rassen“ das eigentlich „Herrenmenschliche“ sah.
Die beiden dunklen, südlichen „Rassen“, die bei den Südslawen start verbreitete „dinarische Rasse“ sowie die in den Mittelmeerländern vorherrschende „westische Rasse“, wurden trotz einiger Kritik im allgemeinen auch relativ positiv gewertet. Kritischer stand man schon der „ostischen Rasse“ gegenüber, obwohl diese einen nicht unbeträchtlichen Teil der deutschen Bevölkerung stellte und führende Nazi-Größen selbst von „ostischer Rasse“ waren bzw. einen sogenannten „Einschlag“ derselben hatten (z. B. Hitler, Himmler usw.)
Gehetzt hat man allerdings nur gegen die „ostbaltische Rasse“ und das hatte sicherlich politische Gründe, da es ja um den Kampf gegen slawische Völker und „Lebensraum im Osten ging“. Der nationalsozialistische Philosoph Rosenberg (der selbst wohl der „ostischen Rasse“ angehört haben dürfte), meinte vor allem in Menschen dieser „Rasse“ die Träger der blutigen kommunistischen (man sagte meist „bolschewistischen“) Revolution und des nachfolgenden Terrors zu sehen, eine Behauptung, die meiner Meinung nach völlig aus der Luft gegriffen war. Weder Lenin, noch Stalin, noch die ausführenden Kräfte des kommunistischen Massenmordes (Jagoda, Dzierżyński, Beria) hatten irgendwie ein Erscheinungsbild, das berechtigen würden, sie diesem Rassentypus zuzuordnen. Sie waren in Wirklichkeit ganz anderer Abstammung. –
Rosenberg, Goebbels (dürfte wohl der „westischen Rasse“ angehört haben) und andere Nazi-Ideologen machten in der deutschen Bevölkerung Stimmung gegen die „ostbaltische Rasse“, die – gemeinsam mit gewissen „asiatische Elementen“ der Kern des „slawischen Untermenschentums“ gewesen sei, eines „Untermenschentums“, welches aufbegehren würde gegen die durch die „nordische“ Rasse geprägten Oberschichten der europäischen Länder und vor grausamem Terror und Massenmord nicht zurückschrecken würde. Aufgehetzt gewesen wären diese blonden Slawentypen von jüdischen Anstiftern, sie hätten also gewissermaßen die „Drecksarbeit“ für diese gemacht.
Ich halte die Darstellungen Rosenbergs und Goebbels Tiraden zu dieser Frage für ausgemachten Humbug. Menschen dieser sogenannten „ostbaltischen Rasse“ waren meiner Meinung nach eher die hauptsächlichen Opfer von Gulag, Holodomor und anderen Schreckenstaten Stalins und seiner dunklen Schergen, weniger die Täter. Tatsächlich hat sich der Kommunismus nicht um „Rasse“ gekümmert, sondern einfach jeden umgebracht, der nicht auf Linie war, gleich, ob er nach den Rassensystemen westlicher Anthropologen nun als „nordisch“, „ostbaltisch“ oder irgendetwas anderes eingestuft werden würde.
Wohl aber haben die sehr unblonden, weder der „nordischen“, noch der „ostbaltischen Rasse“ angehörenden Nazi-Ideologen die Deutschen – und hier wiederum vor allem die „nordisch“ eingestuften Deutschen – aufgehetzt zum Kampf gegen den „slawischen Untermenschen“, also vor allem Menschen „ostbaltischer Rasse“. So haben die Nazis letztlich beide blonden „Rassen“ gegeneinander gehetzt und damit erstens Millionen Deutscher in den sicheren Tod geschickt, und zwar gerade „nordischer Deutscher“, die aufgrund der Angst, die ihnen Rosenberg und Co. vor dem „ostbaltischen Untermenschentum“ gemacht haben, sich oft freiwillig zu den an vorderster Front kämpfenden Truppen von Wehrmacht und Waffen-SS gemeldet haben. Zweitens haben sie natürlich auch Polen, Russen, Ukrainer „ostbaltischer Rasse“ zum Abschuß freigegeben.
Ja und drittens muß erwähnt werden, daß sie ja auch gegen Kernländer der „nordischen Rasse“ selbst Krieg geführt haben! Dänemark, Holland, England, Norwegen – alle diese Länder wurden von Hitler angegriffen. Gerade in Skandinavien hat man unschuldige Frauen oft in Zuchtanstalten geschickt, damit sie „nordische“ Kinder gebären konnte, die es dann galt, in weiteren Feldzügen als „Menschenmaterial“ nach Belieben zu verpulvern.
Daher kann man schon sagen, daß die Hauptleidtragenden der Nazi-Diktatur und des letzten Weltkrieges neben Behinderten und Juden vor allem gerade Menschen der beiden blonden „Rassen“, also der „nordischen“ und der „ostbaltischen“ gewesen sind! Da die Nazi-Führung selbst keineswegs „nordisch“ gewesen ist, könnte man sogar eine „Verschwörungstheorie“ konstruieren, nach der sich die Agitation der Nazis allen ihren Worten vollkommen entgegengesetzt in Wahrheit gerade gegen die blonden Nord-, Zentral- und und Nordosteuropäer richtete! Ich möchte nicht sagen, daß ich dies unbedingt glaube, aber selbst das kann angesichts dieser ungeheuerlichen Fakten nicht mehr völlig ausgeschlossen werden.
Hier ein Video, was genau diese Frage noch einmal kurz darstellt:
Die Wahrheit über die Rassenideologie der Nazis - erweiterte Version
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PS: Kakaobart, wenn du dich für die Definition der einzelnen „Rassen“ selbst interessierst, kannst du auch im Internet nach diesen Begriffen googeln. Zur „ostbaltischen Rasse“ hat ein – vermutlich politisch eher rechtsgerichteter YouTuber – ein Video hochgeladen, was offenbar einen der Originaltexte von Hans F. K. Günther wiedergibt (man beachte die Verknüpfung von sachlicher somatischer Beschreibung und subtiler Propaganda, vor allem, wenn es um die „seelischen Eigenschaften“ der einzelnen „Rassen“ geht):
https://www.youtube.com/watch?v=Pm00_XNjuoA (Video: Europäische Rassen - Der Ostbaltische Mensch)