@secret98 Neulich in Reli hatten wir mal wieder Zeit mit unserem Religionslehrer (Theologe) zu diskutieren.
Er sprach davon, dass Theologie genauso eine Wissenschaft sei wie Medizin oder ähnliches.
Dann dachte ich daran, wie mir mal ein Freund meiner Familie erzählt hatte, er wäre Atheist und würde folglicherweise an die Wissenschaft glauben. Wenn aber die Theologie nun auch eine Wissenschaft ist, an welche Wissenschaft glauben dann die Atheisten?
Ich dachte anfangs, du wolltest auf sowas hinaus:
Theologie ist Wissenschaft.
Atheisten glauben an Wissenschaft.
Folglich sollten Atheisten an Theologie glauben.
War aber falsch, wie ich nach Durchfliegen des threads annehme.
Trotzdem:
Mr.Palooza schrieb:Er sprach davon, dass Theologie genauso eine Wissenschaft sei wie Medizin oder ähnliches.
Daß Theologie an Hochschulen gelehrt wird, läßt sich sicherlich nicht bezweifeln. Daß Theologen andere Methoden benutzen als z.B. Mathematiker oder Pädagogen (was ja offiziell auch als Wissenschaft gilt) ist klar. Daß Medizin im Mittelalter anders betrachtet wurde als heute und sich wie jede Wissenschaft weiterentwickelt, eigentlich auch. Daß es auch kritische Theologen gibt, ist auch nichts völlig neues. Das wäre ein Gegenstand, der wissenschaftshistorisch oder soziologisch sicherlich sehr interessant wäre, aber ziemlich pillepalle, wenn man Wert darauf legt, über die Wissenschaft allgemeine Wahrheiten zu behaupten. Sowas macht keine Wissenschaft, wahrscheinlich nichtmals die aktuelle Theologie (und im Hinterkopf habe ich der Einfachheit halber dabei die christliche mit ihren vielfachen Variationen - immerhin schafft sich jeder Gläubige seinen eigenen Gott, ist ja fast (?) noch unübersichtlicher als damals die Psychoanalyse).
Ich stimme zu, daß Theologie eine Wissenschaft in diesem Sinne ist, klar.
Mr.Palooza schrieb:Dann dachte ich daran, wie mir mal ein Freund meiner Familie erzählt hatte, er wäre Atheist und würde folglicherweise an die Wissenschaft glauben.
Folglicherweise? Hat er das so gesagt? Oder meinte er nur sowas wie: >Es lassen sich die meisten Dinge besser ohne die Annahme eines Gottes erklären als mit dieser Annahme< - diese Richtung?
Der wird ja nicht an alles glauben, was das Etikett "Wissenschaft" trägt. Vielleicht meinte er bestimmte Methoden oder einfach nur die Nachvollziehbarkeit von Aussagen? Ich glaube (ja! ich glaube :-) daß es in diese Richtung geht. So wie Epikurs Theorie der verschiedenen Erklärungen (es ist egal, wie man sich Dinge erklärt, solange die Erklärung plausibel ist und man nicht auf irgendwelche Götter zurückgreifen muß, ganz kurz gesagt) oder die Materialisten des 18. Jh. (die französischen natürlich): alles, was geschieht, ist notwendig (kennst du Denis Diderot: Jaques der Fatalist?).
An "Die Wissenschaft" als heiliges Wesen glaubt niemand. Die ist etwas, was man hilfreich benutzt oder nicht, aber sie wird auch sehr vertrauensvoll in Anspruch genommen. Ich nehme z.B. an, daß 1 +1 = 2 ist, was mir immer sehr geholfen hat, um zu wissen, wieviel Geld ich im Supermarkt bezahlen muß, bevor ich an der Kasse stehe - aber den mathematischen Beweis kenne ich nicht. Kann sein, daß ich eine Ausnahme bin, aber es gibt ähnliche Sachen, die man einfach hinnimmt, weil sie funktionieren. Ohne Gebete und Riten. Und es gibt ähnliche Sachen bei jedem, doch doch.
Mr.Palooza schrieb:Wenn aber die Theologie nun auch eine Wissenschaft ist, an welche Wissenschaft glauben dann die Atheisten?
Nun, ich denke, die meisten sind sich durchaus bewußt, daß es zwar bestimmende Ursachen und entsprechende Folgen gibt, aber es kommt ihnen darauf an, die Erklärungen dafür auch wenigstens potentiell nachvollziehen zu können. Das ist jedenfalls diese Schiene über Epikur bis Holbach (Paul Thiery d´Holbach: Das System der Natur. - ist ein Buch ebenjener französischen Materialisten der Aufklärung, welches ich zu lesen sehr empfehlen würde).
Die Dinge zu verändern war dann diese Hegel- / Marx-Sache. Aber da verabschiedet man sich vom Atheismus als Glauben oder Nichtglauben und betritt das echte Leben :-)
Ich hoffe, das war nicht zu kurzgefaßt, aber das fiel mir dazu ein.
Eigentlich wurde ja eh schon alles vorher gesagt.