@samraaEs gibt ja das Sprichwort: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr. Ein Fünkchen Wahrheit steckt drin. Damit ist aber nicht der bewusste Teil unseres Denkenes gemeint. Denn Fakten lernen, sich an einer Uni anschreiben, sich weiterbilden. Das kann man auch alles noch im hohen Alter.
Aber bereits im Säuglingsalter, wo die verschiedenen "Ich's" im Gehirn noch nicht entwickelt sind, werden grundlegende Verhaltenszüge geprägt. Das Baby erfährt seine Umwelt durch sensorische Erfahrungen, Gefühle und Emotionen. Am Besten zu einer liebevollen Mutter/Vater. Rationales, "bewusstes" Denken findet noch nicht statt. Babys haben ein angeborenes Verständnis für Grammatik, erkennen dadurch also Muster der Sprache, prägen sie sich ein und imitieren später. Sie erkennen auch Gesichter und lernen, sie zu interpretieren. Gerade wenn ein Baby vernachlässigt wird und man kaum mit ihm spricht, wird es grundlegende Verhaltensstörungen und Sprachstörungen entwickeln, die auch später nur sehr schwer auszugleichen sind. Irgendwann, je nach Entwicklungsstand, Sprachfähigkeit etc. entwickelt ein Baby ein "Bewusstsein" für sich selbst. All die sensorischen Erinnerungen, Gefühle etc. sind aber für das rationale Bewusstsein nicht mehr zugänglich. (Erinnern wir uns an unser Leben als Baby?) Sie sind im Unterbewusstsein gespeichert. Man denke nur mal darüber nach, was es bedeuten würde, "bewusst" über das Gehen nachzudenken. Oder Sprechen. (bei Menschen mit Hirnschäden nach Unfällen zu beobachten. Die müssen alles was mal im Hirn gespeichert war, neu lernen. Sprechen, gehen, bewegen etc.) Aber noch viele andere Aspekte im Alltag, werden durch unser intuitives, unterbewusstes Verhalten gesteuert. Der soziale Umgang miteinander, emotionale Intelligenz, Empathie. Das sind keine rationalen Überlegungen, sondern intuitive, sehr schnell zugängliche Verhaltensweisen. Beobachtbar in Gruppen, wo schnell erkennbar wird, wer wie tickt. Verstellt sich ein Mensch total (z.B. um "cool" zu wirken, obwohl er das normalerweise nicht ist), erkennen das normale Menschen sofort. Dafür haben wir sehr feine Antennen. Frauen insbesonders.
Man kann versuchen, sich selber im Alltag zu beobachten. Und man wird trotzdem nicht feststellen, wie häufig wir rein intuitiv Handeln und Denken. Wir erkennen es oft gar nicht, wann wir intuitiv handeln, ohne bewusst nachzudenken. Wir würden ansonsten im Alltag auch gar nicht funktionieren. Die Kupplung beim Auto zu treten, die Flugbahn eines gleich zu tretenden Fußballs im Vorfeld zu "erspüren", Worte Lesen und zu einem sinnvollen Kontext zusammenzufügen, Entfernungen einschätzen, dass sind alles Vorgänge, die durch unsere im Unterbewusstsein gespeicherten Erfahrungen möglich werden. Darauf baut auch das Konzept der Neuroplastizität auf. Durch Erfahrungen, verändert sich unser Gehirn. Bei wiederholtem Reiz, gehen diese Erfahrungen irgendwann ins Unterbewusstsein über und sind dann als intuitives Verhalten verfügbar.
Menschen die z.B. Angst davor haben, vor großen Gruppen zu sprechen, können diese Angst (die hormonell gesteuert ist), nur beseitigen, wenn sie sich diesem Angstreiz immer wieder aussetzen. Wer 30 Referate gehalten hat, wird beim 31. mal nur noch müde darüber lächeln. Etwas Lampenfieber bleibt, aber es wird nicht mehr die gleiche Menge Adrenalin ausgeschüttet wie beim ersten mal. Das gilt für alles. Autofahren. Kampfsport. Flirtverhalten. Soziale Kompetenz. usw. usw.