@cRAwler23Ich denke, wir schweifen hier etwas vom Thema ab, so es ja weder um Behinderungen, den Freitod noch um Diktaturen und Befreiungskämpfe geht, sondern um die Frage, welchen 'Sinn und Zweck' - was auch immer man genau darunter nun ganz genau verstehen mag - das Leben hat.
@rusdento meinte bspw., der Sinn des Lebens bestünde darin, "gelebt zu haben", Ziele zu verwirklichen, etwas zu unternehmen etc. pp. "Gelebt zu haben" meint ja bspw. nicht die bloße Existenz, das profane "Fressen, Scheißen, Schlafen", sondern eben, die Vorzüge des Lebens zu genießen, möglichst unter minimalem Leid und maximalem Genuss. So gut wie alle Menschen verbinden damit auch beruflichen und privaten Erfolg: Einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen, die nebenbei noch das Einkommen sichert, den richtigen Partner finden und eine Familie gründen, und dazu auch noch Zeit für Freizeitaktivitäten, Freunde und Hobbies zu haben, und gewiss auch noch einige andere Dinge, die der durchschnittliche Mensch so schätzen tut.
Meine Frage war nun, was mit Menschen ist, die aufgrund diverser Umstände erst gar nicht die Chance oder die Möglichkeit dazu haben, wirklich zu leben. Wer in Sklaverei lebt, macht wohl kaum berufliche Karriere, und wer das Los körperlicher Behinderungen oder sonstiger Missbildungen gezogen hat, wird es in der Regel sehr schwer haben, im Privatleben zu Erfolg zu finden und evtl. auch niemals Kinder haben, so sehr er es sich auch wünschen mag. Menschen, die ihr halbes Leben in Arbeitslagern oder sonstigen Formen der Gefangenschaft verbringen, dürften ebenfalls kaum diese Möglichkeit haben, und auch nicht die Möglichkeit für diverse Freizeitaktivitäten, die das Leben ebenfalls zusätzlich lebenswert machen. Und was ist mit Menschen, die aufgrund unheilbarer und tödlicher Krankheit vllt. nicht einmal die Volljährigkeit erreichen und schon im Kindes- oder Jugendalter krepieren, wobei im schlimmsten Fall vllt. auch der größte Teil der Kindheit und Jugend für ständige Arztbesuche, OPs etc. draufging und sogesehen überhaupt nicht lebenswert war?
cRAwler23 schrieb:Ähm ich glaube du hast mich da falsch verstanden. Ich selbst betrachte den Freitod für Menschen die mit einer bestimmten Situation nicht klar kommen durchaus als eine Option die nicht verwerflich ist, jedoch was Menschen mit Behinderung betrifft gab es wirklich auch sehr viele die gerade durch ihre Behinderung etwas besonderes geleistet haben, das Beispiel von Hawkins mag äußerst extrem erscheinen, doch er selbst hat gesagt das sein Geist extrem geschärft wurde durch die starke körperliche Einschränkung, er musste ja so gut wie alles im Kopf durchspielen und durchrechnen, weil er ja dazu gezwungen war, doch er hat nicht aufgegeben und hatte auch nicht vor den Freitod zu wählen mittels aktiver Sterbehilfe. Manche Menschen haben einfach einen unglaublichen Lebenswillen und wollen trotz ihrer Einschränkung etwas besonderes der Welt hinterlassen.
Der Fall 'S. Hawkins' ist schon wirklich außergewöhnlich... Hawkins hatte auch 'Glück im Unglück', sozusagen. Schon vor seiner Erkrankung war er ein brilliantes Genie, erwarb bereits mit 20 Jahren seinen Bachelor und promovierte 1966 in theoretischer Astronomie und Kosmologie. Die ersten Anzeichen seiner Erkrankung zeigten sich zu Beginn seines Studiums, die sich dann im Laufe seiner Studienzeit weiter verstärkten. Nichtsdestotrotz heirate er zu jener Zeit J. Wilde, mit der er auch 3 Kinder bekam. Auf der einen Seite spiele ihm das Leben also übel mit, auf der anderen Seite hatte er aber dennoch eigtl. so gut wie alles, was sich ein Mensch nur wünschen kann: beruflichen und privaten Erfolg, und sicherlich auch jede Menge Menschen, die ihn in seinem Leben unterstützt haben.
cRAwler23 schrieb:Dem widerspreche ich aber gänzlich! Es kommt auf die Einstellung des Menschen an! Wären alle Sklaven und unter Diktaturen lebende Menschen in den Freitod gegangen wäre keine Sklaverei beendet worden und keine Diktatur gestürzt, es braucht eben viele mutige Menschen die sich diesen Problemen stellen und manche Menschen finden sogar erst im Widerstand gegen unmenschliche Systeme einen Lebenssinn, so komisch das klingen mag, doch für manche Menschen ist allein schon die Opposition gegen inhumane Bedingungen der größte Sinngeber im Leben.
Mir kommt an dieser Stelle ein wenig der Verdacht, dass du mich hier absichtlich missverstehst. Nirgends haben ich befürwortet, dass Menschen unter derartigen Bedingungen den Freitod wählen sollten, sondern hinterfragte den 'Sinn und Zweck' eines vergleichsweise erbärmlichen Daseins unter derart menschenunwürdigen Bedingungen.
Und dass der Sinn und Zweck darin bestünde, gegen jene menschenunwürdige Bedingungen zu opponieren, ist abermals schlichtweg zynisch. Wenn du ein Leben unter derartigen Bedingungen für sinn- und zweckhaft hältst, sollten wir wohl wieder Sklaverei und Diktatur einführen.
Derartige und andere Antworten gehen meines Erachtens auch deshalb am Kern der Problematik vorbei, da sich die Frage nach dem 'Sinn und Zweck' des Lebens vornehmlich auf das Leben
im Allgemeinen bezieht, und nicht etwa auf das individuelle Leben. Bei der Frage nach dem 'Sinn und Zweck' einer Uhr geht es ja schließlich auch nicht konkret um
meine oder
deine Uhr, sondern um die Uhr
an sich (deren Zweck für alle Menschen offenkundig die Zeitmessung ist).
Was ist also der 'Sinn und Zweck' des Daseins (als bewusst denkendes und empfindendes Individuum) - verbunden damit, dass man sich sein folgenreiches Lebensschicksal noch nicht einmal aussuchen kann, so dass man im Extremfall auf der absoluten Verliererseite steht und ein überhaupt nicht lebenswertes und leidgeplagtes Leben führen muss, und in einem anderen Fall vllt. das Glück hat, auf der Gewinnerseite zu stehen und sämtliche Vorzüge des Lebens voll auskosten zu können...?
cRAwler23 schrieb:Ich glaube sogar das nicht die Behinderung selbst oder die Lebensumstände das schlimmste für diese Menschen ist, sondern der Gedanke der zur absoluten Depression reift, darum ist die Depression das schlimmste was einem Menschen passieren kann, das kann selbst völlig körperlich gesunde treffen.
Na, klar... Und ich persönlich glaube, dass die Depression gar nicht das Schlimmste ist, sondern dass man die Depression als schlimm empfinden tut...
Es gibt also überhaupt gar nichts Schlechtes in der Welt, sondern die Welt ist vollends gut, und nur die Tatsache, dass man etwas als schlecht empfindet, ist das eigentlich verwerfliche...
Es ist doch immer wieder amüsant, zu welch kreativen kognitiven Verrenkungen die Menschen greifen, um ihr Weltbild wieder geradezurücken.
cRAwler23 schrieb:Denn manchmal kann sich die innere Einstellung ändern, Motivation kann ein unglaublicher Lebensretter sein.
Das mag schon sein und ist dann auch äußerst lobenswert, aber nichtsdestotrotz ist und bleibt ein verlorenes Bein nun einmal ein Übel. Wäre es ein Segen, würden sämtliche Menschen in den Kliniken Sturm laufen, um sich ihr Bein amputieren zu lassen...
cRAwler23 schrieb:Z.B. der Sklave der sich von seinen Ketten befreit hat und nun versucht seine Mitmenschen zu befreien, er im Kampf und im Widerstand gegen die Sklaventreiber die große Lebensaufgabe gefunden hat.
Man könnte fast meinen, dass du zu viele Hollywood-Filme geschaut hast...
;)Denn die Realität eines Sklavenalltags sah nun einmal ganz anders aus. Da wurden Menschen kurzerhand auch einfach mal erschossen, weil sie ihre Ketten sprengten und versuchten zu fliehen.