Do-X schrieb:Ich habe mir nicht jeden Beitrag durchgelesen, aber im Kern erkenne ich, dass es darum geht, dass Veganer alles Tierische ablehnen, ist das richtig?
Vorab: Ich bin kein Veganer.
Und hier scheint es mir in den letzten Threads darum zu gehen, sich mal jemanden der tierische Produkte sehr stark meidet zu schnappen und ihm moralisch kleinteilig alles mögliche vorzuhalten. Ist mir schon andauernd passiert. Selbst finde ich das bizarrr: Leute die Fleisch essen, die möglicherweise viele andere tierische Produkte nutzen, möglicherweise Medikamente schon gegen leichte Erkrankungen nutzen - dann aber versuchen bei jemandem in Frage zu stellen ob eine als dringend, Notfall genannte Behandlung denn wirklich so dringend gewesen ist.
Selbst würde ich hingegen niemandem sein Fleisch, seine Milchprodukte, Eier, Leder, Bettfedern... die meist recht beliebig gekaut werden vorwerfen. Und auch nicht die Aspirin gegen das grundsätzlich schon aushaltbare Kopfweh.
Mehrfach hatte ich auch schon die Situation: Essen in einer Gruppe z.B. Familienfeier, ich esse nunmal ein vegetarisches, meist veganes Essen, thematisiere das überhaupt nicht und würde mich ganz normal entspannt mit den Leuten rundherum (Fleischmahlzeit auf dem Teller wie meist bei einer Feier), deren Essen ich auch nicht thematisiere, unterhalten. Dann kommt jemand der der irgendwie spitzgekriegt hat dass ich kein Fleisch esse... und es geht los. Von erschlagenen Mücken über einsames Verhungern auf Inseln nachdem man zusammen mit einem Schwein Schiffbruch erlitt (wie viele Tage würdest du warten bis du es tötest? würdest du es essen wenn es von alleine umfällt?), wie ich denn meine Kinder ernähren würde (ich habe gar keine), ob ich Erbrechen einleiten müsse falls versehentlich etwas Tierisches verschluckt wird, ja aber das Eisen...
Ich hingegen hätte gar nichts thematisiert.
Heide_witzka schrieb:Keine Ahnung warum du dich und deine Probleme hier wieder und wieder in den Vordergrund drängst, mir ging es darum was du unter einem Notfall verstehst und nicht ob einen und wenn ja welchen du durchgemacht hast. Das ist schlicht und ergreifend für den Thread völlig irrelevant.
Keine Ahnung warum man das Wort "Notfall" noch näher zerlegen muss. Wenn jemand schreibt "Notfall", hätte ich das ohne Nachfragen so akzeptiert ohne die Dringlichkeit anzuzweifeln (weder bin ich der Arzt noch der Patient, somit hat mich das nichts anzugehen), du irgendwie nicht. Probleme habe ich jedenfalls keine - du hingegen scheinst mir irgendwie Probleme damit zu haben dass jemand nunmal bestimmte Produkte nicht konsumieren mag. Das kann man auch einfach darauf beruhen lassen. Ich gehe auch nicht herum und kommentiere den Tellerinhalt oder die Kleidung von Menschen. Sondern esse was auf meinem Teller ist, ziehe an was ich mag und unterhalte mich über den Feierabend, ein Hobby, sonstwas.
Heide_witzka schrieb:Auch Veganer nutzen Tierleid um angenehmer, gesünder leben zu können, das ist mal Fakt. Da ist es also völlig i. O. wenn Tiere für sie sterben und leiden, da koppelt sich auch der Veganer nicht vom Fortschritt ab.
Ein wennauch gradueller, aber doch schon sehr heftiger Unterschied meines Erachtens, ob man tierische Produkte einfach so konsumiert (Hunger? Fleisch, oder "was vom Bäcker" mit Käse und Ei. Schuh, Gürtel? Leder. Jacke? Daunen. Mütze? Egal woraus die Bommel ist und wie das Schaf von dem die Wolle stammt gelebt hat), vielleicht auch Medikamente relativ großzügig nutzt (und natürlich auch im Notfall!), oder in einem medizinischen Notfall sich mit einer Methode behandeln lässt die zwar leider* an Tieren getestet wurde, die aber keine weiteren Tiere pro Behandlung schädigt.
Dafür etwas Tierproduktfreies zu erhalten nehme ich übrigens sehr wohl Unangenehmes auf mich: z.B. nach Produkten länger suchen zu müssen (noch vor wenigen Jahren waren tiertestfreie Kosmetikprodukte - ich rede da nicht mal von üppiger Schminke sondern z.B. eine Zahnpasta - schwer aufzutreiben, und mir persönlich ist es wichtiger dass diese nicht an Tieren getestet wurde denn dass sie gut schmeckt), eine spärlichere Mahlzeit zu erhalten (wenn irgendwo wieder mal alles aufs Fleisch ausgerichtet ist), mehr darauf achten mir selbst etwas zu essen mitzunehmen (ich würde nunmal nicht zu einem x-beliebigen Imbiss gehen), öfter nachfragen zu müssen (z.B. ob das Produkt auch ohne Leder erhältlich ist/ angefertigt werden kann - z.B. einen Verschluss aus einem robusten Stoff statt Leder an einem orthopädischen Hilfsmittel, oder bei einem künstlerischen Kurs ein anderes Material nutzen). Vielen Menschen wäre es das nicht wert - und, ja, das werfe ich niemandem vor.
*Hier sage ich bewusst "leider". Die Entwicklung von Methoden die Tests an Tieren ersetzen können finde ich wichtig (ersparen Tierleid, können zuverlässigere Resultate liefern da die teils mangelhafte Übertragbarkeit zwischen Spezies wegfällt).
Und verzichte auch auf Behandlungen die eher in die Richtung "angenehmer" gehen (Narbenkorrektur, Zähne bleichen, bei leichten Schmerzen schon Schmerzmittel...) denn dringend nötig sind (Leben retten, dauerhafte schwere körperliche Schäden vermeiden). Das Vermeiden einer dringend nötigen Behandlung wird übrigens immer mehr Behandlungen nach sich ziehen die immer mehr tiergetestete Produkte beinhalten - die meisten Menschen würden (völlig verständlich!) nicht ein langes unbehandeltes Leid das die Folge ist auf sich nehmen.
martenot schrieb:Ich vermute, dass Naturprodukte meistens nachhaltiger sind als synthetisch hergestellte Materialien, und dazu würde ich neben Naturfasern auch z.B. Leder zählen. Insbesondere was synthetisch hergestellte Kleidung betrifft, gibt es ja beispielsweise das Problem mit dem Material PFAS, welches bei der Herstellung moderner Funktionskleidung eingesetzt wird. Allerdings reichert es sich in der Natur, in Tieren und Pflanzen an und wird nur sehr sehr langsam wieder abgebaut. Nicht zuletzt ist auch meine Heimatregion stark davon betroffen, weil es da eine Firma gibt, die solche Produkte herstellt.
Sehe ich teilweise so. Häufig wird aber der volle Funktionsumfang dieser Materialien nicht genutzt.
Ein z.B. Waschbärpelz kann bei sehr tiefen Temperaturen (Stichwort: Alaska) eine hervorragende Kälteisolation bieten. Was hilft aber das bisschen Pelzkragen an einer der ganzen Machart her nur für milde Winter in mitteleuropäischen Großstädten geeigneten Winterjacke oder die Pelz-Mützenbommel an einer Strickmütze? Oder der Lederbezug einer Sitzfläche? Die sitzt man auch aus Holz und Stoff nicht durch, den Stoff kann man auch einfacher abnehmen und waschen.
Selbst nutze ich z.B. seit Jahren durchgängig ohne nötigen Austausch:
- ein Uhrenarmband aus Metall; das ist einfach nicht kaputt zu bekommen (die früheren aus Leder waren ca. einmal pro Jahr durch)
- hochwertige Kunstfaser-Malpinsel (die früheren aus Tierhaar waren nach einer Nutzungshäufigkeit, nach der die Kunstfaserpinsel noch sehr gut in Schuss sind, kaputt - und da ich die Pinsel nicht neu mit Haaren versehen kann, musste dann natürlich der komplette Pinsel weggeworfen werden)
- keinerlei Ledersitze, sondern stets Stoff und Holz
- Gürtel, wenn denn nötig (meist nicht nötig) aus Stoff, wie die Hose selbst
- eine Laptoptasche aus Stoff (jetzt seit 15 Jahren damit fünf bis sechs Tage die Woche unterwegs), darin eine Laptophülle und Handyhülle jeweils aus Stoff
- Stiftedose, Federmäppchen aus Stoff oder Metall
- robuste wintergeeignete Schuhe - nicht nur bisschen in der Stadt laufen, sondern für jemanden ohne Auto der bei Wind und Wetter raus muss - waren schwieriger zu finden, aber bei z.B. Sandalen und Hausschuhen war es leicht etwas zu finden das robust genug ist dass die Schuhe viele Neubesohlungen schaffen; Austausch jeweils nachdem die vorherigen Lederschuhe unreparierbar kaputt waren
- Bettdecke und Kissen mit Naturfaser- statt Federfüllung; kann ferner leichter selbst gereinigt (gewaschen) werden
- keine von diesen Leder-/Fell-Kleinigkeiten mehr, die viele Menschen besitzen; damit meine ich Leder-Schlüsselanhänger, Leder-Brillenetui, Leder-Armband, Leder-Schlüsseletui und so weiter; alles Produkte bei denen es nicht einmal auf die Robustheit ankäme.
Kurz und gut: Leder und Fell stecken in vielen Produkten in denen die spezifischen Materialeigenschaften nicht mal erforderlich sind, sondern das Produkt entweder aus einem Luxusempfinden heraus (Ledercouch, Lederhandtasche, Leder-Tablethülle) oder beiläufig (Schlüsselanhänger) gekauft wird. Man könnte sich ggf. überlegen wenigstens diese zu reduzieren.
Obendrein: Leder ist nicht nur Tierhaut. Die meisten Gerbeprozesse sind (stark) umweltschädigend.
Es mag möglich sein, wenn man denn Leder möchte, Produkte ausfindig zu machen die besser hergestellt wurden; kauft man "einfach so" ein Lederprodukt sollte man aber damit rechnen dass es sich um ein Importprodukt handelt, hergestellt unter sehr fragwürdigen umweltschädigenden Bedingungen aus einem Tier das schlechte Haltungsbedingungen erleiden musste.
Selbst ist mir Nachhaltigkeit sehr wichtig. Wie praktisch umgesetzt? Dinge lange nutzen anstatt nach z.B. Mode auswechseln, schon bei Anschaffung auf die Verarbeitung achten, pfleglich damit umgehen, bei Defekt reparieren.
Dass vegan nicht automatisch nachhaltig ist sehe ich auch so - es sind zwei unterschiedliche Ansätze die nur gering überlappen. Genauso wie vegan und gesund - sich alleinig von Süßigkeiten zu ernähren ginge etwa leicht vegan, wäre aber sicherlich auf viele Arten nicht gesund.