Moin, moin!
Sorry, ich hatte nicht früher Zeit.
Niederbayern28:
Denkst du wirklich, man kann es messen, wie "Klug" oder "Dumm" jemand ist nur anhand des IQ`s? Das sehe ich nicht so.
Im Philosophischen Sinne ist das Wissen, das im Kopf ist, zweitrangig. Eher ist es wichtig, wie jemand denkt und so sich und die Welt um sich herum wahr nimmt.
Nein, natürlich hast Du völlig recht, der IQ alleine ist keineswegs aussagekräftig.
Das wäre genauso falsch wie anzunehmen ich sei total klug, nur weil meine Leistungen in Schule und Universität recht vorzeigbar waren und sind.
Wie gesagt von Philosophie versteh ich wenig, sie ist für mich einfach nicht wirklich greifbar.
Auch das angeeignete Wissen ist eher davon abhängig, was einem unter welchen Umständen zugänglich ist.
Ich weiß nicht einmal ob man überhaupt so ohne Weiteres von außen beurteilen kann ob jemand "klug" oder dumm ist, weil die Denkprozesse einfach nicht einsehbar sind (man kann ja auch aus völlig falschen Gründen einen richtigen Schluss ziehen oder so).
Auf jeden Fall wäre ich sehr vorsichtig damit jemanden außer mir selbst als "dumm" zu bezeichnen, dazu müsste ich schon sehr tiefe Einblicke in dessen Denkmuster haben.
Aber bei mir selbst habe ich ja praktisch einen Logenplatz und erlebte quasi täglich, dass mein Verstand mit deutlich weniger PS arbeitet als in der restlichen Bevölkerung üblich. Und diese Beobachtung liegt
Niederbayern28:
Aber. Sehr angenehm zu lesen dein Post. Ein wenig viel, aber gut zu lesen :)
Sorry
;) ich muss immer aufpassen nicht zu viel zu schreiben. In der geschriebenen Kommunikation mit Fremden kommt es einfach so schnell zu Missverständnissen, dass ich die Hoffnung habe zumindest einige davon vermeiden zu können wenn ich möglichst ausführlich darlege was ich zu sagen habe.
Ich fürchte diese Beitrag wird Dir dann viel zu lang sein.
DonFungi:
Dein Schriftbild, die Satzstellungen wie die Worte die du brauchst sagen alles andere aus als Dumm zu sein.
Das täuscht. Ich bin als Kind sehr lange krank gewesen (kranke Knochen nix im Kopf
;) ) und habe in entscheidenden Lebensphasen mehr Zeit mit Büchern und Fachzeitschriften (und einer Mutter die u.A. Deutschlehrerin ist) verbracht als mit gleichaltrigen.
Das hat einfach dazu geführt, das meine Ausdrucksweise sich eher an der Schrift- als der Umgangssprache orientiert.
OT: Deswegen fand ichs damals übrigens auch ziemlich merkwürdig, dass Natascha Kampusch vorgeworfen wurde ihre Geschichte müsse erfunden sein, sie drücke sich ja viel zu gewählt und überlegt aus für jemanden, der doch angeblich so viele Jahre weggeschlossen war.
An mir und anderen Kindern im Krankenhaus konnte ich aber vermehrt beobachten, wie stark sich in jungen Jahren bereits wenige Wochen oder Monate in denen man mehr Kontakt zu Erwachsenen und Büchern als zu Gleichaltrigen hat auf die Ausdrucksweise auswirkt (und wie negativ wenn statt Büchern und Fachzeitschriften nur Comics und Zeichentricksendungen gestellt werden).
Da hätte ich es bei jemandem, der JAHRE nur Bücher, Fachzeitschriften und genau eine, erwachsene Person im Umfeld hatte viel eher merkwürdig gefunden, wenn sie nicht praktisch "druckreif gesprochen" hätte.
Sprachentwicklung wird eben zu erheblichen Teilen durch das Umfeld gesteuert.
In dieser Hinsicht bin ich also so etwas wie eine Mogelpackung.
Ich klinge furchtbar klug, aber nicht weil ich es bin, sondern weil ich es so gelernt habe (und möglicherweise weil mir das Köpfchen fehlte mich später noch an die Umgangssprache anzupassen).
DonFungi:
Du verkaufst dich eindeutig unter Wert.
Ich weiß, dass Du es nett meinst und möchte Dir dafür danken, aber Du irrst gleich in zwei Dingen, denn
1. bin ich wirklich nicht sonderlich helle und
2. glaube ich heute nicht mehr, dass das meinen Wert schmälert
Fakt ist doch, dass alle Welt die Hochbegabten bejubelt und es als etwas Schlechtes angesehen wird einfacher gestrickt zu sein.
Meine Eltern haben mich immer geliebt, daran habe ich keinen Zweifel, aber es war auch immer sehr wichtig, dass möglichst niemand mitbekommt, dass ich eben nicht nur keines Weges hochbegabt bin, sondern zweifelsfrei am anderen Ende der Messlatte zu hause bin.
Vermutlich werden einige von Euch wissen, dass man da als "Lehrerkind" sowieso mit ganz anderen Beobachtungen konfrontiert ist und sich ständig anhören darf, dass andere Lehrerkinder aber viel klüger und vernünftiger und sowieso besser sind. Zumal ich auch aus einer Kleinstadt komme in der man die Nachbarn nicht nur mit Namen sondern auch Sozialversicherungsnummer kennt
;)Weder in damals (ich bin Jahrgang 82) noch heute war es üblich zu sagen "Nein, ihr IQ ist eher niedrig, na und?" entweder hatte man das "Glück" als geistig behindert zu gelten und eigene Maßstäbe zugeordnet zu bekommen oder man hatte irgendetwas zu sagen oder zu vollbringen das "voll klug" war um als wertvolles Kind angesehen zu werden.
Ich kann von Glück sagen, dass ich einfach recht früh wusste wo es für mich und mein Leben lang gehen sollte und mich deswegen lange nicht dafür interessiert habe, was andere über mich oder meine Intelligenz denken.
In der Oberstufe habe ich dann an einem Referat zum Thema Lernpsychologie gearbeitet und weil es sich aufgrund der Örtlichkeiten anbot nahm ich an einer sogenannten Probewoche einer lokalen Privatschule teil, die einen normalen Gymnasialen Zweig und einen für Hochbegabte hat.
In dieser Woche nahm ich mit anderen Probeschülern am Unterricht der Hochbegabten teil und am Ende stand dann eben ein mehrstündiger IQ-Test. Wenn dort eine Hochbegabung festgestellt wurde, dann stand es einem offen den betreffenden Zweig dieser Schule zu besuchen.
Im Laufe dieser Probewoche sagten mir mehrere Lehrer, dass sie sich gut vorstellen könnten mich dort zu haben.
Ich muss zugeben, dass ich dort nie erwähnt habe, dass ich weder meine alte Schule verlassen möchte noch überhaupt das Geld hätte aufbringen können um diese Schule zu besuchen.
Ich wusste ja sowieso, dass ich nicht hochbegabt bin und da ich alles in allem wegen meines Referates dort war habe ich mich ehrlich gesagt ein bisschen wie ein fieser Spion gefühlt
:)Meine Testergebnisse wurden mir und meinem mich begleitendem Klassenkameraden zusammen eröffnet.
Während bei ihm tatsächlich eine für den Schulbesuch qualifizierende Hochbegabung festgestellt wurde, lagen meine Tests alle deutlich "unterm Strich".
Ich muss zugeben, dass ich geschockt war, ich habe zwar beim Ausfüllen des Tests vieles wirklich ernsthaft nicht verstanden, aber ich hatte mit einem Durchschnitts-IQ gerechnet.
Interessant finde ich heute, dass auch der gute Mann von der Schule (ich glaube es war der Direktor, aber ich weiß nicht mehr genau welche Funktion er inne hatte) seinerseits auch deutlich überrascht wirkte.
Er meinte es sei erstaunlich, denn laut der Tests sei ich nur schwerlich in der Lage eine Sonderschule zu besuchen.
Ehe ich etwas sagen konnte bot er mir von sich aus an, die Tests kostenfrei in 2-3 Wochen zu wiederholen, er nähme an ich müsse am Testtag wohl krank gewesen sein (war ich nicht).
Ich habe an dieser Wiederholung teilgenommen und wieder waren die Ergebnisse eindeutig:
Ich bin eine zertifizierte Hohlbirne.
Schlagartig haben sich (bis auf ganz wenige Ausnahmen) all die Lehrer, Erzieher und was da sonst noch rumlief nicht mehr verhalten wie vorher, sondern eher als sei ich Abfall, ein Insekt, eigentlich kaum tragbar um an ihrer heiligen Örtlichkeit noch Freunde zu besuchen.
Um alle Zweifel auszuräumen: obwohl mich die Ergebnisse durchaus getroffen haben bin ich zu keinem Zeitpunk ausfallend oder auch nur unfreundlich gewesen.
Aber in dem Augenblick in dem ich den "Hohlbirnenstempel" eindeutig auf mir hatte war den Erwachsenen dort (die Schüler blieben mir gegenüber freundlich und zuvorkommend wie zuvor) allein meine Anwesenheit ganz eindeutig mehr als nur unangenehm.
Es war einfach sogar für mich (ich tue mich sonst recht schwer damit menschliches Verhalten zu deuten) ganz klar wahrnehmbar, dass ich in den Augen dieser Menschen eigentlich nicht einmal existieren sollte und wenn doch dann bitte ganz weit weg.
Heute möchte ich das verstörte Bündel das ich nach diesen Ergebnissen war eigentlich durchschütteln und es fragen wie es
all dem solch eine Bedeutung beimessen konnte.
Aber die Antwort ist einfach:
Weil ich in einer Gesellschaft aufgezogen wurde in der es einfach nicht üblich ist sich hinzustellen und laut zu verkünden, dass es VÖLLIG in Ordnung ist wenn man DUMM ist und das man deswegen noch lange nicht dumm handeln muss oder unnütz ist.
Ich hörte zwar von allen Seiten wirklich gut gemeintes "Ach diese Tests sind doch nix wert" (was so einfach nicht stimmt). Aber was ich wirklich gebraucht hätte, wäre jemand, der klug genug ist mir in die Augen zu sehen und zu sagen:
"Ja, Dein Verstand arbeitet langsamer, du kannst komplexere Denkmuster nicht erfassen, aber das macht absolut gar nichts, das ändert absolut nichts daran, dass Du immerhin weißt wer Du bist und Du Deinen Weg in dieser Welt gehen wirst."
Denn auch wenn klar ist, dass ich niemals einen Nobelpreis bekommen oder eine neue, sensationelle Operationsmethode erfinden und patentieren lassen werde bin ich immer noch zu Dingen in der Lage, die auch wichtig sind und für die jemand der an seinem Nobelpreis arbeitet weder Zeit noch Antrieb hat.
Denn ich kann neben so vielen Anderen:
- Krötenzäune aufstellen und betreuen
- ich kann die ganze Nacht nach dem verschwundenen Hund der Nachbarin suchen
- ich kann (ohne angeben zu wollen) recht große Würfe an Tierwaisen mit der Flasche aufziehen
- ich kann einen Patienten (z.B. den Hamster eines kleinen Mädchens) über 1-3 Tage auf meinem Nachttisch stehen haben und alle 1-2 Stunden Infusionen spritzen die ihn stabilisieren bis das Antibiotikum anschlägt das gegen eine Krankheit wirkt an der Hamster normalerweise sterben, weil ihr Kreislauf im Zuge des Flüssigkeits-/Elektrolytverlustes üblicherweise zusammenbricht bevor das Antibiotikum die Verursacher eliminieren kann.
Und ganz sicher kann ich solche Dinge nicht, weil ich dafür total klug sein müsste, sondern weil ich extrem wenig Schlaf benötige und wenn ich mir so anschaue wie ein Gehirn funktioniert, dann könnte es eben durchaus sein, dass ich so wenig Schlaf brauche und in dieser Zeit mit fast übermenschlicher Ausdauer an Dingen dran bleiben kann eben WEIL mein Gehirn weniger komplex arbeitet und dadurch weniger Ruhezeit zur Regeneration braucht.
Abgesehen vom TE, der unter "dumm" scheinbar nur all das zusammengefasst hat was mit seiner persönlichen Meinung und Weltanschauung nicht konform geht fände ich es einfach super, wenn unsere so aufgeklärte Gesellschaft irgendwann mal erkennt das klug zu sein zwar ein wertvolles Potential ist, dumme Menschen sich aber weder schämen, verkriechen oder nutzlos fühlen müssen, denn wenn sie sich nicht runter ziehen lassen werden viele von ihnen ihren Platz in der Welt finden und oft vermutlich sogar lange bevor sehr kluge Gleichaltrige sich in dem Gewirr der ihnen offenen Möglichkeiten zurecht gefunden haben.
Ich lehne Vereine eigentlich ab, ich bin kein Vereinsmensch aber in einen "Dumm, na und?-Verein" der es sich zur Aufgabe macht Eltern in die Köpfe zu prügeln, dass sie ihre dummen Kinder nicht verstecken sollen, während die Hochbegabten in den Himmel gelobt werden sondern ihren Knirpsen zu erklären warum sie genauso wie sie sind auch gut sind würde ich sofort eintreten.
Mir hätte es eine Menge erspart, wenn meine Eltern solche Anleitung gehabt hätten. Stattdessen wurde ihnen von allen Seiten vorgelebt, dass man Kinder immer bestärken soll, dass nur klug zu sein etwas Tolles ist.
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Intelligenz ist ein Potential, das man kaum beeinflussen kann. Wissen ist das Ergebnis einer selbstbestimmten, zielgerichteten Tätigkeit ... nämlich lernen.
Das finde ich äußerst treffend und ich wünsche mir eben, dass mehr und mehr Menschen klar wird, dass ein niedriges Potential weder beschämend ist noch einen Menschen weniger wertvoll macht.
Denn man mag die Grenze die einem das eigene Potential setzt nicht sprengen können, aber man kann innerhalb dieser Grenzen herausfinden was für einen selbst wirklich wichtig ist und damit sein Leben erfüllen und nützlich für Andere sein.
lg
Fraukie
entschuldigt, dass der Beitrag so lang geworden ist