Ich habe mich in den letzten Tagen ausschließlich mit Punkt 5 ) von
@bb37 befasst, also nach der Frage des Motivs. Zu den anderen Punkten muss ich erst noch weitere Überlegungen anstellen.
Es hat in der Kriminalgeschichte sog. Liebespaarmorde gegeben. Lt. Harbort hat es in den Jahren von 1945 bis heute statistisch gesehen sehr wenige Liebespaarmorde gegeben, nämlich "nur" 21 Taten. Schwerpunktmäßig handelt es sich dabei um Morde in den 50iger Jahren. Bis auf die Morde im Kasseler Habichtswald aus dem Jahr 1948 sind diese Taten vom Motiv her forensisch nicht aufgearbeitet worden. Der klassische Liebespaarmord wurde nachts an Pärchen verübt, die sich an dunkler einsamer Stelle in einem Auto getroffen hat und dort sexuell aktiv waren. Meist wurden sie im Auto ermordet, gelegentlich auch in der Nähe der Autos. Diese Pärchenmorde sind mE hauptsächlich in den 50iger Jahren verübt worden, weil damals aus Gründen der Moral und der Strafbarkeit viele unverheiratete Pärchen auf Autos ausweichen mussten, wenn sie miteinander intim sein wollten.
Denkbar sind mE folgende Motive:
1. Sexuell motivierte Tat. Der Täter tötet Pärchen, weil ihn das Töten sexuell erregt.
2. Hass auf Paare / Stellvertretermorde
3.Beziehungstat (Hass auf untreue Ehefrau und den Geliebten)
4.Auftragsmord
Zu 1)
Ein bekanntes Beispiel für einen sexuell motivierten Serienmörder, dem das Töten von Frauen sexuelle Befriedigung verschafft hat, ist Dieter Kürten. Er hat seine Opfer mit einem speziellen Halsstich getötet und oft auch deren Blut aufgesogen. Von ihm ist sinngemäß überliefert: "Wenn das Blut floss, floss der Samen."
Denkbar wäre es, dass auch dem Göhrdemörder der Tötungsvorgang, vielleicht auch die Todesängste der Opfer, sexuelle Befriedigung verschafft haben. Nur da ist die Frage berechtigt, warum er für diesen angestrebten Genuss Pärchen und nicht nur Einzelpersonen getötet hat, denn mit einem Doppelmord geht ein Täter generell ein erhöhtes Risiko ein, weil die Interaktion mit zwei Opfern notwendig ist.
Das Risiko wird ganz deutlich, wenn man sich den Tatablauf eines Doppelmordes vor Augen führt.
Ich gehe inzwischen davon aus, dass ein Doppelmord im Wald einen bestimmten Ablauf voraussetzt.
Entscheidend ist mE die sofortige Gewaltanwendung. Ich habe mir immer wieder einen Tatablauf vorgestellt und ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass es nicht möglich ist einen Mann und eine Frau mit vorgehaltener Waffe durch den Wald zu treiben und mit ihnen dann noch am Tatort vor der Tötung zu kommunizieren. Das funktioniert nicht, weil angesichts der Bedrohung und der Todesangst verhalten sich Erwachsene nicht wie Schlachtvieh, sondern sie üben Gegenwehr, bzw. einer versucht zu fliehen. Es entsteht für den Täter eine unübersichtliche und gefährliche Situation, die es tunlichst zu vermeiden gilt.
Ich gehe daher davon aus, dass der Täter seinen Doppelmord jeweils damit eingeleitet hat, dass er die arglosen Opfer durch sofortige massive Gewalt überwältigt hat, indem er dem Mann mit der Waffe ins Gesicht bzw. in den Hals geschossen hat, um ihn sofort zu töten oder zumindest kampfunfähig zusammen sinken zu lassen. Auf diese Aktion folgte, für den Täter absehbar, dass das zu Tode erschrockene weibliche Opfer sich instinktiv ihrem Mann am Boden zugewandt hat, um nach ihm zu sehen. Diese Bewegung hat der Täter ausgenutzt um die Frau zu überwältigen und sie zu fesseln, damit sie nicht fliehen und sich nicht wehren kann, wenn er sie erschlägt.
Ich habe das früher anders herum gesehen, nämlich dass der Mann zuerst gewürgt und dann erschossen worden ist. Aber nach reiflicher Überlegung habe ich meine Meinung in diesem Punkt geändert. Die sofortige Gewaltanwendung, die den Mann ausschaltet ist nur durch gezieltes Schießen auf den Kopf / Hals möglich. Strangulieren ist viel zu unsicher, dauert viel zu lange. Der benötigt beide Hände. Das geht bei zwei Personen nicht.
In Anbetracht des Tatablaufs sieht man, welch ein erhöhtes Risiko der Täter bei einem Doppelmord eingeht.
Dieses Risiko würde er bei der Tötung einer Person nicht eingehen. Er könnte sich sexuelle Befriedigung also auf weniger risikoreiche Art verschaffen.
Wenn er dieses Risiko auf sich nimmt, muss es für einen sexuell motivierten Täter dafür einen besonderen Grund geben. Dieser Grund müsste darin bestehen, dass es ihn sexuell besonders erregt, wenn Frauen mit ansehen müssen, wie der eigene Mann getötet wird. Dann käme ein solcher Täter allerdings zunächst mal nicht für Morde an einzelnen Personen in Betracht und es gäbe das Problem, dass jemand innerhalb kurzer Zeit nur zwei Doppelmorde begangen hat, und das obwohl er nicht gefasst worden ist generell Gelegenheit für weitere Taten hatte. Weitere Doppelmorde an Paaren sind nach 1989 aber nicht bekannt. Außerdem gebe ich auch zu bedenken, dass Pärchenmorde statistisch gesehen sehr selten sind, vermutlich weil sich das erhöhte Risiko für einen sexuell motivierten Täter in keiner Weise lohnt.
Dass der Täter Frau W. die Brüste abgeschnitten hat, was eindeutig auf eine sexuelle Motivation hinweisen würde, halte ich trotz des Berichtes in der Morgenpost nicht für gesichert. Es war nämlich aus dem vorläufigen Obduktionsbericht nur in Fragmenten zitiert worden. Die Brustorgane fehlten, dafür kann mE aber auch Tierfraß bei einer Lagerung im Wald die Ursache gewesen sein. Auch bezüglich Irma Busch ist aus seriösen Quellen nicht zu entnehmen, dass ihre Brüste abgeschnitten worden sind.
Sehr interessant ist es, dass auch in den 50iger Jahren nach den Düsseldorfer Pärchenmorden ähnliche Berichte mit Gruselfaktor in den Zeitungen erschienen. Dort war zu lesen, dass der Täter die Opfer auf eigentümliche Art und Weise verstümmelt hätte, in dem er ihnen Löcher hinter die Ohren geschnitten hätte. Ich sehe in dem Morgenpost-Bericht eine Fortführung dieser Tradition über ungeklärte Morde besonders gruselige Dinge zu schreiben. Vielleicht steckt dahinter die Absicht Druck auf die Polizei auszuüben die Taten endlich zu klären und den perversen Mörder endlich zu fangen.
Zu 2)
Da verweise ich auf meinen gestrigen Beitrag zu den Morden bzw. Mordversuchen im Kasseler Habichtswald. Grundsätzlich halte ich eine solche Motivation für denkbar.
Zu 3)
Ich halte aufgrund der Vielzahl von Schlägen bzw. der massiven Strangulationen eine Beziehungstat für möglich. Der Täter könnte immer wieder auf die Opfer eingeschlagen haben, bzw. den Mann jeweils gewürgt haben um seinen Hass und seine Wut, die sich in ihm angesammelt hatten, durch ein Übertöten Ausdruck zu verleihen und sich abzureagieren.
Wenn man von dieser Motivation ausgeht, müsste aber, da es sich um zwei Doppelmorde gehandelt hat und es sehr unwahrscheinlich ist, dass der Täter zu beiden Paaren in Konflikt belasteter Beziehung stand, etwas Besonderes im Rahmen der Tatausführung hinzukommen, entweder eine Verwechslung oder die erste Tat diente der Übung und der Vorbereitung der zweiten Tat, um den Tatverdacht vom Umfeld auf einen sexuell motivierten Serienmörder zu lenken.
Am wahrscheinlichsten ist es bei dieser Konstellation, dass die Doppelmorde dem zweiten Opferpaar gegolten hat, denn sie unterhielten eine heimliche Liebesbeziehung, was Konfliktstoff im Umfeld in sich birgt, wenn die Ehepartner beispielsweise vom Ehebruch erfahren. Wie wir aus der Zeitung wissen, hatte B.M.K. geplant kurz vor der Tat von Hannover nach Uelzen zu ziehen, also in die Nähe seiner Geliebten, so dass eine Intensivierung der Beziehung zu erwarten war. Das dürfte dem Umfeld der beiden nicht gefallen haben.
Der Beziehungstäter müsste also bei der Verwechslungstheorie das Paar Nr. 2 , das er eigentlich töten wollte mit Paar Nr. 1 verwechselt haben, weil er sie nicht erkannt hat. Ein Szenario wie so etwas überhaupt passieren kann wäre, dass der Täter Paar Nr. 1 bei Intimitäten im Wald überrascht hat ( immerhin waren sie nackt bei der Auffindung!) , vielleicht nur den Rücken eines Mannes sieht und ihn auf einer Frau liegen sieht, sich darüber schon aufregt, weil er genau das sieht, was er von Paar Nr. 2 erwartet und dann sicher ist, dass es die von ihm vermuteten Personen sind und mit der Tat beginnt, d.h. sofortige Gewaltanwendung, sofortiges Erschießen des Mannes. Als er den Irrtum bemerkt hat, war der Mann am Boden und es war vielleicht zu spät um von der Tat Abstand zu nehmen. Er machte weiter, tötete auch die Frau um nicht überführt werden zu können. Zu seiner inneren Rechtfertigung dachte er sich, dass es um die beiden nicht schade ist, weil sie aus einem ebenso unmoralischen Anlass im Wald waren wie er es bei denen vermutet hat, die er eigentlich töten wollte.
Weiter würde diese Konstellation voraussetzen, dass der Täter Anlass hatte anzunehmen, dass Paar Nr. 2 sich gerade an dem Tag und um die Zeit als sich Paar Nr. 1 im Bezirk Röthen aufhielt, dort traf. Immerhin zeigt der Fundort der zweiten Opfer, dass sie grundsätzlich auch im Forstrevier Röthen unterwegs waren. Aus der Zeitung wissen wir, dass zumindest Herr K. einen Bezug zur Göhrde hatte. Es lässt sich natürlich nicht mehr klären, ob Paar Nr. 2 auch am 21.5. getroffen hat und wegen des schönen Wetters ins Revier Röthen gefahren ist. Unmöglich scheint es nicht zu sein.
Zu 4)
Zur Auftragsmordproblematik könnte ich viel schreiben. Das führt aber zu weit. Man darf hierbei nicht immer nur vor Augen haben, dass ein Berufskiller angeheuert wird und einen Mord im Auftrag eines anderen begeht. Es sind da auch andere Konstellationen möglich. Ich denke dabei an eine Möglichkeit, dass jemand eine Person aus seinem nahen Umfeld zu einem Mord anstiftet, indem er ihm einredet, dass es keinen anderen Ausweg gibt.
Dass die Taten von einem Berufskiller ausgeführt worden sind, schließe ich aus. Dazu passt die Verwendung der Tatwaffen nicht. Der Berufskiller hätte die Opfer erschossen. Er hätte sie nicht durch eine Vielzahl von Schlägen auf den Kopf getötet und auch nicht massiv stranguliert. Die Tötungsart deutet eher auf eine Beziehungstat hin.