@jofejofe schrieb:Es ist doch wohl eher so, das etwas solange nicht existent ist, bis eine Existenz bewiesen ist!
Nein. Das ist eine Frage sprachlicher Konventionen, und zwar aus dem Gebiet der Erkenntnistheorie.
Nichtexistenz ist schon mal grundsätzlich unbeweisbar. Aber genau die behauptest Du ja. Belege? Beweise mir mal, das es keine grünen Schwäne gibt. Das geht nicht; ist aus praktischen Gründen ausgeschlossen.
Nun könnte man natürlich sagen, das derjenige, der eine Behauptung aufstellt, den Beleg bringen muss. Einverstanden! Wenn Du aber nun behauptest, X wäre nicht existent, bist Du in der Belegpflicht, und zwar in einer, die Du nicht erfüllen kannst, was ich mit dem Beispiel der Schwäne verdeutlichen möchte. Du kannst lediglich die Existenz von etwas beweisen; Inexistenz ist nicht belegbar.
Allenfalls können Zwischenzeitlich Theorien aufgestellt, die auf eine mögliche Existenz hinweisen, aufgestellt!
Und diese halt bis zum Endgültigen Be-/Nachweis nur Theorien!
Nein, das ist falsch. Auch das Wort Theorie ist definiert. Ich gebe Dir mal etwas griffiges:
Eine Theorie ist eine unbeweisbare Behauptung, die durch nachweisbare Belege untermauert wird.Eine Theorie ist prinzipiell niemals vollständig beweisbar, nicht einmal dann, wenn sie richtig sein sollte. Alles, was Du machen kannst, ist das sammeln von Belegen, die Du zur Untermauerung der Theorie vorweisen kannst. Mal ein Beispiel:
Sagen wir mal, Du stellst die Behauptung auf, das es eine Kraft gibt, die Dinge zum Boden hinzieht. Diese Kraft nennst Du Gravitation. Zum Beleg, das eine solche Kraft existiert, lässt Du einen Stein zum Boden fallen. Dieses Experiment kann nun jeder auf der Welt prüfen.
Letztlich belegt das Experiment aber nur, das Steine auf den Boden fallen - diese ominöse Kraft, "Gravitation", hast Du damit keineswegs belegt. Und das kann und wird Dir auch nie gelingen. Nicht nur, weil Gravitation keine Kraft ist, sondern, weil sämtliche Belege auf experimenteller Basis eine Behauptung zugrundeliegt, die Du nicht belegen kannst, nämlich, das ein Experiment, das Du eine Millionen mal durchfühst, auch beim Einemillionenundersten mal noch das selbe Ergebnis hat. Wissen kannst Du das aber nur, wenn Du dieses Einemillionenerstemal auch durchführst. Und natürlich das Einemillionenundzweitemal usw.. Ganz sicher wirst Du dir darüber nie sein können. Das ganze nennt sich Induktionsproblem und ist ein wichtiger Baustein des kritischen Rationalismus, bei dem der Falsifikationismus ein grundlegender Baustein der wissenschaftlichen Methode darstellt.
Falsifikationismus besagt, das eine Theorie, die man nicht falsifizieren, d.h. wiederlegen kann, keine Theorie sein kann. Nimm beispielsweise die Existenz Gottes - unwiderlegbar, somit keine Theorie, somit wissenschaftlich nicht behandelbar. Aber auf keinen Fall inexistent - die Behauptung der Inexistenz ist nun mal eine Behauptung und muss belegt werden. Und das ist nicht möglich.
Du zäumst das Pferd von hinten auf. Wenn jemand sagt, das es Engel, Geister oder was auch immer gibt, behaupte nicht, das diese nicht existieren, sondern frage doch Dein Gegenüber, was der Beleg für die Existenz ist. Belege als solche lassen sich problemlos falsifzieren (ansonsten sind es keine Belege). Am Beispiel der eben genannten "Gravitationstheorie" ist der Beleg ein Stein, der auf den Boden fällt. Die Widerlegung wäre also ein Stein, der in den Himmel fällt. Das Steine das für gewöhnlich nicht tun, ist dabei nicht Dein Problem; der Punkt ist, Du kannst eine Bedingung nennen, die Deine "Theorie" widerlegt, und das ist prinzipiell wichtig. Wer also sagt, das man Engel nicht widerlegen könne und gleichzeitig keine Beweise hat, hat sich ultimativ ins aus gekegelt. Eine Theorie kann es nicht sein, und eine Tatsachenbehauptung ohne Beleg (in dem Falle einem Engel) ist wertlos.
Natürlich gibt es noch weitere Bedingungen, damit sich etwas Theorie schimpfen kann. Im Gegensatz zur These ist eine Theorie bspw. der Wissenschaftliche Konsens. Außerdem muss sie Vorhersagen treffen können und die Belege, die vorgebracht werden, müssen wiederholbar sein.
Das Thema ist, vorsichtig formuliert, recht umfangreich. Und aus den Fingern habe ich es mir auch nicht gesogen. Korrekte Wissenschaft benötigt eine einheitliche Betrachtung und eine einheitliche Sprache. Die wurde insbesondere von Popper geprägt; einer der größte Befürworter war damals bspw. Albert Einstein, aber auch andere Größen der Naturwissenschaften befürworteten den kritischen Rationalismus, heute ist er grundlegender Baustein aller Naturwissenschaften. Zum Verständnis emfpehle ich folgende Artikel in der Wikipedia:
Wikipedia: Kritischer Rationalismus#WissenschaftstheorieWikipedia: Wissenschaftliche MethodeWikipedia: FalsifikationismusIch weise allerdings darauf hin, das diese Artikel lediglich eine oberflächliche Behandlung des doch sehr umfangreichen Themas erlauben. Bei Interesse kann ich Dir gerne Literatur dazu nennen oder gerne einen kompetenten Ansprechpartner, der sich auf Erkenntnistheorie eingeschossen hat. Höchst interessant ist in dem Zusammenhang auch folgendes Video von Popper:
https://www.youtube.com/watch?v=HqlsCIJrj_cDürfte Dir gefallen.
jofe schrieb:Auch wenn DU dies anders sehen magst!
Möglicherweise hast Du nicht gelesen, was ich zuletzt geschrieben habe. Es geht nicht um meine Vorstellung, wie die Welt funktioniert, sondern um Fakten, wie Wissenschaft funktioniert. Wissenschaft ist agnostisch. Sie triff keinerlei Aussage über die Existenz von Dingen, für die es keine Belege gibt, weder positiver noch negativer Art. Das ist ja nichts, was ich mir ausgedacht habe, das sind Grundregeln der Wissenschaft. Wenn Du glaubst, ich wolle hier die Existenz von Geistern auf irgend einem ominösen Weg plausibel machen, kennst Du mich nicht - klick Dich mal durch alles, was ich so geschrieben habe, und zeig mir auch nur eine Zeile, in der ich so etwas behauptet oder propagiert habe. Mir geht es lediglich um die präzise Formulierung und die Einhaltung wissenschaftlicher Standards. Zu behaupten, etwas wäre wissenschaftlich inexistent ist schwerer Tobak, da er Dich in die Situation bringt etwas zu belegen, das Du nicht belegen kannst.