@sadbHallo - entschuldigung, daß ich Dir jetzt erst antworte. War einige Tage krank, hatte Fieber und vor allem keinen klaren Kopf. Seit Montag geht es wieder, bin jedoch noch immer etwas angeschlagen.
In einem meiner Bücher fand ich einen recht ausführlichen Bericht über Urbain Grandier von Loudun. Die Anklagepunkte und Prozesse gegen ihn gehören ebenfalls zu diesen kirchlichen Skandale. 2,3 Berichte fand ich in meinen Büchern, auch im Internet fand ich einiges zum Jesuiten und Priester Urbain Grandier.
Der Fall Urbain Grandier
Im Buch von Hans Jürgen Wolff - "Die Sünden der Kirche" wird ausführlich über diesen Fall berichtet. Das ist so ein typischer Fall von Denunzierung. Über den tatsächlichen Grund für die beiden Anklagen und dem Schuldspruch, gehen die Meinungen etwas auseinander.
Es hat auf jeden Fall auch etwas mit den Nonnen (Konvent der Ursulinen) zu tun.
Nach den Beschreibungen war er ein sehr attraktiver, schlanker und gebildeter Mann Mitte 40. Natürlich hatte er viele "Verehrerinnen" unter anderem auch die Oberin des Ursulinen Konvents. Ihr Wunsch war, daß er die Leitung übernehmen solle.
Das Problem von Grandier war seine Eitelkeit, manchmal vergriff er sich im Ton. Er wollte nicht die Leitung der Nonnen übernehmen - die Oberin nahm es persönlich und fühlte sich vor den Kopf gestoßen.
Grundsätzlich war er beim Volk sehr bliebt, doch manche Männer waren auf ihn eifersüchtig. Seine Feinde erfanden eine Reihe von Anschuldigungen. Bei seinem ersten Prozess gegen ihn wurde er frei gesprochen...wegen seiner stolzen und eitlen Art, kritsierte seine Ankläger und Feinde aus dem Klerus. Wenn er nach dem ersten Prozeß ruhig geblieben wäre, hätte er keine Probleme mehr.
Doch die verbalen Auseinandersetzungen wurden immer heftiger. Die Oberin der Ursulinen nannte ihn bereits einen "gottlosen Priester". Wie Du schon erwähnt hast, wurde er wegen Teufelsanbetung und wegen dem Pakt mit dem Teufel angeklagt. Bischof Richelieu und einige seiner "unabhängigen" Exorzisten verdrehten ihm während des Prozesses ständig das Wort im Mund.
Seine einflußreiche Mutter, aber auch sein Bruder, der einen hohe Position im Stadtradt hatte, konnten ihm nicht mehr helfen. Trotz Folterung beteuerte er bis zum Schluß seine Unschuld.....doch die Hinrichtung war bereits beschlossen.
Das waren diese typischen Skandale....unzählige wurde auf ähnliche Weise hingerichtet.
Bis ins 17.-18. Jahrhundert glaubten auch gebildete Menschen an Teufel und Dämonen. Alle Menschen zu jener Zeit waren von Himmel und Hölle überzeugt. Das war jedoch häufig nicht der wirkliche Grund für die Hinrichtung.
Die Kirche brauchte Geld für ihre Kathedralen, Klöster, Dombau...
Das Wichtigst war für die Kirche das Geld. In der Regel wurden Menschen aus zwei Gründen hingerichtet, um die Hinterlassenschaft zu konfiszieren. Oder wenn es eine sehr gut bezahlte und einflußreiche Stelle war, um diese wieder neu zu vergeben, an jemanden, der "kirchenfreundlicher" war. Das bedeutete, daß man von einem Priester, Bischof, Kardinal freiwillige Spenden an den Vatikan erwartete.
Ein ebenfalls sehr wichtiger Grund war, daß diese hohen Positionen in der Kirche sehr viel Geld kosteten. Wenn jemand Kardinal werden wollte, mußte er dem Papst oder dem Vatikan allgemein, eine fünfstellige Summe bezahlen.
Jeder Papst, jeder Bischof, jeder Kardinal wollte unbedingt ein bedeutendes Kirchenbauwerk während seiner Amtszeit (Pontifikat) erbauen zu lassen. So würde sein Name in der Geschicht der Kirche unvergessen bleiben. Manche von ihnen gingen dermaßen brutal gegen das Volk vor, so daß ihnen wahrlich der letzte Taler aus der Tasche gezogen wird.
Menschen werden zur Kassa gebeten
Pilger nach Rom zahlten an "jeder Ecke" einen "Zutrittspreis", auch die Ablaßbriefe von Sünden waren eine Möglichkeit, den Menschen Geld abzunehmen, dafür erhielten sie offizielles Dokument, welches ihnen der Zugang zum Himmel ermöglicht.
Sämtliche Juden und Moslems wurden aus Europa vertrieben (lebten schon einige Hundert Jahre in Europ.), doch sie mußten all ihre Habe zurücklassen. Vor allem die Wertsachen. Das meiste nahm sich die Kirche, einen Teil das Königshaus. Vermögende und einflußreiche Leute wurden wegen angeblicher Häresie angeklagt und hingerichtet, ihr Vermögen nahm sich der Vatikan. Sie erfanden viele Möglichkeiten, wie sie zu mehr Geld kommen.
Sitzstreik der Nonnen - Kloster von Ittingen
Der Nonnen-Sitzstreik vor der Kartause Ittingen im 15. Jhdt., ist ebenfalls typisch für die damalige streng patriachische Einstellung des männlichen Klerus.
Patriachat und Christentum
Bevor das Christentum Mittel- und Nordeuropa erreichte, waren die germanischen, keltischen Frauen gleichberechtigt. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus erwähnte in seiner Germanica vor 2000 Jahren, daß die Frauen bei allen Stämmen, wie Kimbern, Teutonen, Sachsen....usw. die gleiche soziale Stellung hatten. Sie waren gleichgroß wie ihre Männer und nahmen auch an der Jagd teil.
Nördlich der Alpen hatten die Frauen durchaus etwas zu sagen, sowie mehr Verantwortung. Man fand Hinweise aus der jüngeren Steinzeit, daß damals ein Matriachat herrschte. Der Grund war der, daß die Lebenserwartung der Männer durchschnittlich nur bei 35-40 Jahre lag. Frauen lebten länger, daher hatten sie auch mehr Erfahrung.
In den germanischen, keltischen, slawischen.....Stämmen waren viele Frauen gleich groß wie die Männer. Die körperliche Belastbarkeit und die physische Stärke der europäischen Frauen war fast gleich, wie jene der Männer. Das Stammesoberhaupt bis zur Jungsteinzeit war meistens eine ältere Frau.
Vor allem die älteren Frauen blieben im Lager, kümmerten sich um die Kinder, Kranken und den älteren Stammesmitglieder.
Erwähnenswert ist noch, daß Männer nicht immer erfolgreich bei der Jagd waren, oder sie waren mehrere Tage unterwegs.
Hingegen die Frauen im Lager mußten sich um eine tägliche Ernährung kümmern. Sie sammelten Pilze, gewisse Pflanzenarten, Samen, Früchte. Sie fingen auch kleinere Tiere mit einem Netz, wie kleine Wildschweine, Nagetiere, Fische usw.
Als in der Archäologie und Antropologie immer mehr Frauen Ausgrabungen leiteten, änderte sich plötzlich das Bild. Den maskulinen Mammutjäger gab es nie. Heute hat man bessere technische Möglichkeiten, die Skelette und die Funde genauer zu untersuchen.
So fand man heraus, daß die alltägliche Kost aus Pflanzen, Pilze, Fisch und je nach Jahreszeit aus Früchte oder Samen bestand. Nur manchmal hatten sie Fleisch von Rentiere, Wildscheine......und nur ganz selten von einem Mammut.
Als das Christentum sich in ganz Europa ausbreitete, mußte die Frau um ihre Stellung kämpfen. Dieses Patriachat kommt aus dem Orient. Nördlich der Alpen, bei den Goten, Franken, Angeln...usw. war die Frau gleichgestellt. Das erwähnt Tacitus der römische Historiker.
Ab dem frühen Mittelalter versuchte die römisch katholische Kirche mit all ihren Möglichkeiten die Frauen zu denunzieren. Im Norden von Europe, wie bei den Wikingern hatten sie keinen großen Einfluß. Die Emanzipation entwickelte sich auch in Ländern wie Deutschland, Holland, Schweiz, England, Skandinavien, Österreich, Tschechoslowakei....
So nun muß ich schluß machen. In Afrika und Asien kommt es heute noch zur Hexenverfolgung. In den letzten Jahren wurden in Nigeria rund 5000 Frauen wegen Hexerei hingerichtet.
Man kann sich solche Szenarien und solche abergläubischen fanatischen Menschen nicht vorstellen. Jetzt muß ich wirklich ein Ende machen. Ich bin ja noch ein bißchen verkühlt - am ärgsten war es letztes Wochenende mit 38C Fieber. Meine Frau ist Krankenschwester.....zaubern kann ich leider auch nicht.
Als das hohe Fieber weg war, konnte ich wieder Bücher lesen, welche ich schon die längste Zeit habe, doch nie in der Hand hatte. Auch die kirchengeschichtlichen Büchern blätterte ich wieder durch.
Trotzdem wünsche ich Dir noch einen schönen Abend!
Peter