@jofe Ja kann ich nahezu alles unterschreiben-brauchte das auch einfach als Gegenpart zur gehobenen Literatut-lach. hatte auchmal sehr sehr viele...aber dannn verkauft/verschenkt.
Aber die Hörbücher , die brauche ich-beste Einschlafhilfe*
Stimmt geht nichts über SCHMÖKERN*
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Aus FOCUS Nr. 11 (1994)
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DRACULA wieder da ?
Kultur:
Haariger Hillbilly-Vampir Ein Spanier schläft in Särgen, trinkt Blut und macht die Friedhöfe unsicher. Seine Legitimation: Er will Nachkomme Draculas sein
Schon als Kind pflegte sich Rafael Pintus wie eine Fledermaus an Balken oder in das Geäst der Bäume zu hängen. Der Knabe fühlte sich unwiderstehlich zu Friedhöfen hingezogen, und wenn im Dorf Pontevedra in Galicien ein Todesfall zu beklagen war, freute sich der seltsame Bursche. „Für mich war der Tod immer ein Fest. Heute weiß ich, daß der Tod die Reinkarnation ist, also etwas Positives.“
Inzwischen ist er 29 Jahre alt und verrückter denn je. In Pontevedra hat man sich längst daran gewöhnt, daß der hagere, bleiche Geselle in einem weiten, schwarzen Mantel mit rotem Innenfutter nächtens unruhig über die Gottesäcker streift.
Rafael Pintus hält sich für einen Vampir. Artgerecht scheut er das Licht und verbringt lethargisch seine Tage hinter verschlossenen Fenstern.
„Ich bin der einzige Dracula, der legitime Nachkomme von Vlad Tepes, Prinz von Transsylvanien, Sohn der Finsternis“, behauptet der Spanier. „Dracula Tepes hat nach fünf Jahrhunderten mich dazu erwählt, in mir und nur in mir wiedergeboren zu werden.“
Vlad nennt sich der wunderliche Mann mit den langen, rabenschwarzen Haaren, dem bleichen Gesicht und den stechenden Augen, dessen Eckzähne jeden Dentisten in Verzückung geraten lassen. Seine krallenartigen Fingernägel sind der Traum einer jeden Maniküre.
Der Fledermaus-Verschnitt nennt sich nach seinem Vorgänger, jenem historischen Vlad aus dem Rumänien des 15. Jahrhunderts, der Tausende feindlicher Türken barbarisch pfählte und mit sadistischer Grausamkeit Aufständische und sogar Freunde folterte und vierteilte.
Weil der Untote das Licht haßt, schläft er tagsüber in einem seiner vier Luxus-Särge: bequem und lichtundurchlässig. Sobald es dunkel wird, zieht es Pintus zu den Gottesäckern. Rafael braucht die Nähe der Toten, denn „sie geben Energie ab, die ich für meine Reinkarnation benötige“.
Gesunde Ernährung ist für Existenzen vom Schlage eines Pintus natürlich äußerst wichtig: Der Lebenssaft bedeutet für den Nachkommen Draculas Energie und Kraft. Nur durch das Trinken von Blut wird es ihm möglich sein, als Prinz der Vampire herrschen zu können. Die Metzger von Pontevedra haben Verständnis für die Nöte ihres Dorfbewohners. In Anerkennung seiner besonderen Lage erhielt Pintus vor einiger Zeit freien Zugang zum Schlachthof. Diskret bekommt Vlad vor dem Morgengrauen – einerseits scheut Vlad das Tageslicht, andererseits will die Stadtverwaltung den skurrilen Fall ungern an die große Glocke hängen – seine tägliche Ration Blut von jungen Lämmern, Hühnern und anderen Kleintieren – gratis.
Doch der Vampir lebt nicht von Blut allein. Seinen Ernährungsplan ergänzend, greift Pintus auch gern auf die deftige galicische Hausmannskost seiner Mutter zurück.
Menschliches Blut hat der zeitgenössiche Vampir ebenfalls schon gekostet. Ohne Angst, sich zu infizieren: „Ich bin weder ein Allesfresser noch Feinschmecker roter Blutkörperchen.“ Sein idealer Spender sollte gesund sein und weder Alkohol noch Zigaretten noch andere Drogen zu sich genommen haben. Ist das nicht der Fall, läßt der Blutsauger lieber den Biß von ihm. So nötig hat er die Eiweißbombe denn doch nicht. Über die konkrete Beschaffung seiner Opfer schweigt Vlad sich aus. Allerdings sind eindeutige Straftaten oder gar rätselhafte Morde in Pontevedra bislang nicht bekannt.
Sein eigenes Blut – wen wundert´s – läßt sich keiner herkömmlichen menschlichen Gruppierung zuordnen. Dies bescheinigte ihm zumindest ein spanischer Arzt.
„Der hatte keine andere Wahl“, triumphiert Pintus, „denn mein Blut ist das Blut des echten Dracula Tepes.“ Experten vom Bundesgesundheitsamt in Berlin wagen es, dem Fürst der spanischen Finsternis zu widersprechen: „Menschliches Blut läßt sich immer bestimmen. Ausnahmen sind uns bis jetzt nicht bekannt.“
Auch bei anderen Verhaltensweisen Rafaels kommen Zweifel auf, ob er ein reinrassiger Nachkomme des berüchtigten Rumänen ist. Jedes Kind weiß, daß Vampire beim Anblick von heiligen Kreuzen und eichenen Holzkeilen die Krise bekommen. Nicht so die spanische Ausgabe.
Nur zum Knoblauch hält Pinto lehrbuchgemäße Distanz: „Knoblauch enthält Substanzen, mit denen sich unser Blut nicht verträgt.“
Für das Städtchen Pontevedra könnte sich die Toleranz und Großzügigkeit seinem kauzigen Einwohner gegenüber demnächst auszahlen. Womöglich wird Pontevedra dann auf der spanischen Touristiklandkarte endlich einen Stammplatz erhalten, denn Vlads Existenz spricht sich langsam herum. Eine ganz neue Dimension bekam der Fall Vlad zuletzt durch einen ausgewiesenen Dracula-Experten aus dem fernen Hollywood.