Hallo,
der berühmteste Vampir der Welt mischt sich dann auch mal ein. Würde es uns nicht geben - wie könntet ihr dann mit dem Grafen Dracula schreiben? Und wenn ihr mir nicht glaubt, dass ich ein Vampir bin, komme ich vorbei und beweise euch das Gegenteil
;)Spaß beiseite. Ob es Vampire gibt oder nicht, ist durchaus eine interessante Frage. Vielleicht sollten wir uns, bevor wir uns näher mit ihr beschäftigen, jedoch erst einmal anschauen, woher unsere heutigen Vorstellungen von Vampiren kommen.
Der werte Nosferatu hat wahrscheinlich griechische Verwandte: In Griechenland kennt man eine Sagengestalt namens Nosophoros. Das ist ein pestbringendes Wesen. Knoblauch wurde schon seit jeher als Abwehrmittel gegen Ungeheuer jeglicher Art (z. B. Hexen oder Dämonen) eingesetzt. Vermutlich kommt dieser Abwehrglaube davon, dass Knoblauch durchaus für seine heilende Wirkung bekannt ist: Allicin - das ist der Stoff, der dafür sorgt, dass geschnittener Knoblauch stinkt - senkt zum Beispiel den Blutdruck. Außerdem hat man früher für verschiedenste Phänomene, die man heute erklären kann, noch keine natürliche Erklärung gekannt und sich deshalb eine übernatürliche gesucht. Ein paar Beispiele für solche Phänomene:
- Spitze, verlängerte Eckzähne sind höchst wahrscheinlich Zahnfehlbildungen, die auf völlig natürlichen Ursachen beruhen (z.B. Christ-Siemens-Tourraine-Syndrom).
- Jemand mit Angst vor Knoblauch oder zumindest einer starken Abneigung dagegen leidet höchst wahrscheinlich an Alliumphobie (Angst vor Knoblauch) oder einer Knoblauchallergie.
- Ein Toter hat Blut an Mund, Nase und Ohren? Dabei handelt es sich wohl nicht um Blut (oder zumindest nicht um reines), sondern viel mehr um austretende Fäulnisflüssigkeit.
- Blutdurst wird durch Hämatophilie (siehe auch den Post "Real Life Vampires") ausgelöst.
- Jemand, dem Sonnenlicht schadet, hat eine Sonnenallergie, die durch verschiedene Krankheiten (u.A. Porphyrie) ausgelöst werden kann.
- Die starke Lichtempfindlichkeit der Augen, insbesondere gegen Tageslicht, ist auch völlig natürlich. Das nennt sich Photophobie.
- "Verwühlte" Kleidung eines Toten wird wohl dadurch verursacht, dass jemand lebendig begraben wurde und versucht hat sich zu befreien.
- Jemand, der vom Tod auferstanden zu sein scheint, war wahrscheinlichscheintot und hat es geschafft sich aus seinem Grab zu befreien.
- Jemand ist schneller und stärker als alle anderen? Er ist einfach sehr sportlich
- Es gibt auch Menschen, die nachtaktiv sind und tagsüber schlafen.
- Manche Menschen tragen nur schwarze Kleidung. Deswegen sind sie jedoch nicht gleich Vampire. Geschäftsleute z.B. müssen oft schwarze Anzüge oder Kostüme tragen, und Goths und Emos tragen in der Regel auch sehr viel Schwarz, aber auch manche Menschen, die keiner dieser Personengruppen angehören.
- Jemand beschäftigt sich gerne mit unheimlichen Dingen? Auch hier gibt es viele Menschen, die das tun, deswegen aber noch lange nicht übernatürlich sind.
- Bei einem Toten sind Haare, Nägel und Zähne gewachsen? Nein. Viel mehr hat sich die oberste Hautschicht abgelöst, was beim Verwesungsprozess völlig normal ist. Dadurch sehen Haare, Nägel und Zähne länger aus.
Es gibt außerdem etwas namens Hämatophilie (auch: Blutsucht, Renfield-Syndrom, klinischer Vampirismus). Betroffene fühlen sich dazu gezwungen, ihren Blutdurst zu stillen.
Im DSM-IV ("Diagnostisches und statistisches Handbuch psychischer Störungen") steht darüber Folgendes:
Über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten wiederkehrende intensive sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sich (in diesem Fall) auf Blut beziehen.
Es wird aber auch folgende wichtige Einschränkung vorgenommen:
Die Person hat auf diese sexuell dranghaften Phantasien oder Bedürfnisse mit einer nicht einwilligungsfähigen oder -willigen Person gehandelt, oder die Phantasien, sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Verhaltensweisen verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
Im Laufe der Jahre hat sich daraus eine richtige Subkultur entwickelt, deren Anhänger sich "Vampyre" (Achtung Schreibweise!) oder "Real Life Vampires" nennen. Viele versuchen, ihren Blutdurst geheimzuhalten, während andere Mitglieder in so genannten Clans/Covens/Blutzirkeln sind und damit relativ offen umgehen.
Sie und auch ein paar Nicht-Mitglieder suchen sich dann einen donor (Spender), von dem sie auch nur wenige Tropfen nehmen. Dieser muss ein aktuelles Gesundheitszeugnis vorlegen können. Da sich im Mund eines Menschen die gleichen Bakterien wie im Maul eines Löwen befinden, wird dessen Ader meist mit einer Nadel oder einer Kanüle geöffnet.
Andere versuchen, ihren Blutdurst anderweitig zu stillen, zum Beispiel durch Milch und Blutwurst.
Da das Stillen dieses Blutdurstes nicht immer gleichermaßen gelingt, müssen sie manchmal genau so dagegen ankämpfen wie die Filmvampire.
Ausgelöst wird dieser durch Einsamkeit oder ein sehr blutiges Erlebnis in der frühen Kindheit. Als Geisteskrankheit gilt das Ganze erst, wenn man sich selbst und/oder anderen Schaden zufügt (d.h. wenn man gegen ihren Willen von ihnen trinkt) und/oder körperlich abhängig ist, d.h. wenn man sich krank fühlt, wenn man einmal nicht getrunken hat.
Zu einem "Vampyr" kann man also nicht gemacht werden. Meist geschieht das so genannte Awakening, was meist mit dem ersten Blutdurst beginnt, in der Pubertät. Daran merken Betroffene, dass sie "Real Life Vampires" sind.
"Vampyre" sind eine Minderheit unter den Subkulturen. In Deutschland wird ihre Anzahl auf etwa 1.000 geschätzt.
Wer sich näher über das Thema informieren möchte, sollte die Bücher "Vampire unter uns! Bd. 1+2" von Mark und Lydia Benecke durchlesen.
Einen weiteren wichtigen Beitrag zu unserer heutigen Vorstellung von Vampiren hat Bram Stoker mit seinem 1897 erschienenen Roman "Dracula" geleistet: Spätestens seit den verschiedenen Verfilmungen sind Vampire generell rumänische Adlige, die Knoblauch hassen und in Schlössern in Transsilvanien leben...
Bisher hat man also für alles Vampirtypische eine Erklärung gefunden.