Okili schrieb:Beweise/Belege nicht unbedingt Klarheit schaffen. Sie grenzen etwas ein, beenden die Diskussion...
Eigentlich sollten sie das nicht tun, sondern bestenfalls unterschiedliche Aspekte einer Diskussion möglich machen.
deponianer schrieb:den jeweils anderen von eurer Ansicht zu überzeugen
Das das nicht klappt weiß aber eigentlich jeder der drüber nachdenkt und wenn er das nicht wahr haben will soll er sich das halt täglich mit Schreiben beschäftigen.
Verstehen kann ich aber jederzeit Menschen die falsche Fakten richtig stellen solange sie es respektvoll tun und jene die sich aufrichtig für Meinungen interessieren die von ihrer eigenen abweichen.
Okili schrieb:Ich hab geschrieben, dass Menschen, die ein Problem damit haben nicht allwissend zu sein, Belege brauchen.
Ich z.B. beobachte oft das gegenteilige Phänomen.
Auf wissenschaftliche Belege zu vertrauen bedeutet unweigerlich auch zu akzeptieren, dass es für manche Dinge (noch) keine abschließende Faktenlage gibt und das bei einigen Dingen auch mit hoher Wahrscheinlichkeit so bleiben wird.
Okili schrieb:Für mich ist Wissen eine Ansammlung von Fakten, es wächst exponentiell. Lass mal irgendwo in diesem System eine kleine Unwahrheit sein,ein kleiner Fehler (den ein Mensch gemacht hat). Das verändert die komplette Wahrheit.
Da hast Du absolut Recht und es steht zu vermuten, dass es genau diese Erkenntnis war (neben der Idee "Wie nehmen wir Leute hoch die Forschungsergebnisse ganz banal fälschen?") die dazu geführt hat, dass der Anspruch der unabhängigen Reproduzierbarkeit mit in den wissenschaftlichen Standard aufgenommen wurde.
Heide_witzka schrieb:Ob sie exitieren oder nicht ist nicht abschliessend geklärt.
Absolut klar ist aber das keine der beiden Möglichkeiten wissenschaftlich erwiesen ist.
Sehr schön erklärt.
nepomukranich schrieb:Es ist halt immer schwierig nachzuweisen, dass etwas nicht existiert.
Exakt, wenn man ganz genau ist kann man sogar sagen "mindestens extrem schwierig", wenn man das Wort "unmöglich" nicht nutzen möchte, was ich verstehen kann.
nepomukranich schrieb:Dazu müsste man die Gesamtheit aller existierenden Dinge kennen, um da eine Aussage treffen zu können.
Außerdem müsste man nicht nur alle aktuellen sondern auch alle zukünftigen Messmethoden kennen.
Wo wir dann wieder bei der Sache mit dem hellseherischem Blick in die Zukunft wären.
Alphabetnkunst schrieb:Um Dinge zu bewegen, gibt es eigentlich nur eine Methode: streng deinen Kopf an und beweg die Gabel.
Du verkennst, dass das was wir da auf den Schultern rumtragen sehr viel komplexer ist als "nur ein Kopf".
Da ist ein verdammt kompliziert aufgebautes Gehirn drin, mit zahlreichen Arealen die nicht nur verschiedene Aufgaben übernehmen sondern das Ganze wird auch noch von einem endokrinologischem System beeinflusst das fast noch komplexer ist.
Da können Dir Neurologen Arien zu vorsingen.
Wenn da nen Patient reinkommt oder ne Mutter mit Kind und die sagen:
"Patient hatte einen Krampfanfall."
Dann kann der Neurologe auch nicht sagen "Ach ja?, mach mal vor, ich muss den Effekt erst sehen, dann kann ich nach einer Ursache suchen."
Nope, er muss extrem mühseelig anfangen das Pferd von hinten aufzuzäumen. Fragebögen durcharbeiten, bildgebende Verfahren nutzen und je nachdem was denn nun die Ursache war/ist ist es durchaus möglich das man Selbige niemals findet.
Auch ist es möglich, dass man den Anfall nicht mal reproduzieren könnte, selbst wenn man sowas tun wollte.
Aber auch Du würdest Dir da vermutlich (korrigier mich wenn ich mich irre) wünschen, dass der Neurologe nicht sagen "Hm, ich hab den Effekt nicht miterlebt, die Ursache kann ich auch nicht finden und da es mir nicht gelingt den Anfall unter wissenschaftlichen Bedingungen zu reproduzieren behaupte ich jetzt, dass Du gar keinen Anfall hattest und bitte Dich dir psychologische Hilfe wegen Deiner Wahnvorstellungen zu suchen."
Das wäre so not cool und außerdem auch noch vollkommen unwissenschaftlich.
Alphabetnkunst schrieb:Bleibt sie liegen, gibt es noch was genau für Methoden?
Da sind wir dann wieder bei der Komplexität von Gehirn und Endokrinologie und dabei das ich kein Hellseher bin.
Aus oft genannten Gründen gehe ich persönlich davon aus, dass es so etwas wie einen telekinetischen Effekt nicht gibt.
Aber ich kann nicht ausschließen, dass ich solch einen Effekt vielleicht äußerst lebhaft miterleben könnte, wenn ich eine Testperson von Fußsohle bis Haaransatz unter LSD setze, ihr dann ein Meerschweinchen auf den Kopf schnalle und ihn in ein Wasserbecken in dem Haie schwimmen werfe während gut sichtbar aber für die Arme nicht erreichbar am Beckenrand ein Gummihammer liegt.
Allerdings wäre selbst wenn bei diesem, ethisch ein ganz klein bisschen fragwürdigem, Versuch gar nicht abschließend zu klären ob ein telekinetischer Effekt sowieso nur stattfindet, wenn der Versuchsteilnehmer (also der Mensch jetzt, nicht das Meerschweinchen) auch WEISS, dass Haie es nicht so schätzen, wenn man ihnen auf die Nase haut.
Das vorher klären ist ja eher nicht drin, dann wärs keine Blindstudie mehr.
Oooooder aber der Versuch funktioniert nicht, weil ich statt LSD Adrenalin, Dopamin oder Kokain verwenden müsste.
Möglicherweise macht sich die Versuchsperson auch einfach nicht genug aus Meerschweinchen um genug Stress aufzubauen und der Versuch muss mit einem Katzenbaby wiederholt werden.
Das mag nu albern und überzeichnet klingen (vielleicht weil es albern und überzeichnet ist) aber das Prinzip dürfte klar sein:
Es ist nur Träumerei sich vorzustellen was zukünftige Versuchsabläufe belegen können und was nicht.
Erfahren tun wir das wenn es soweit ist, nicht früher.
Alphabetnkunst schrieb:Du definierst das so: die Wissenschaft hatte keine Möglichkeiten, war nicht in der Lage, ist nicht reif dafür.
Wieder falsch:
Ich definiere "konnte nicht nachgewiesen werden" als:
"Es könnte der falsche Versuch (egal ob falsch ausgesucht oder noch nicht ausgereift genug) sein"
ODER
"ich suche etwas das nicht da ist"
So ist das nun einmal mit wissenschaftlichen Forschungsmethoden. Sie bringen ein positives Ergebnis oder nicht und wenn nicht ist es unmöglich zu sagen ob der Versuch der Falsche war oder es einfach gar nichts zu finden gibt.
Alphabetnkunst schrieb:Dein Problem, das ich sehe, ist die großzügige Ausdehnung des Satzes “konnte nicht belegt werden“.
Ich hab überhaupt kein Problem.
Wenn ich einen Versuch mache um zu schauen ob ich belegen kann was ich vermute, dann will ich ja nur wissen ob das geht bzw ob das mit den mir vorschwebenden Methoden geht.
Das Ergebnis muss ich nehmen wie es kommt und wenn mir der Nachweis nicht gelingt, ich mir der Existenz des Effektes aber hinreichend sicher bin, dann muss ich eben schauen wo ich was verbockt habe oder warten bis jemand anders es besser macht als ich.
Alphabetnkunst schrieb:Deine Antwort auf “was muss denn passieren, um zu sagen, gibt es nicht?“
Das siehst Du richtig, das von Dir zitierte war meine Antwort darauf und die wird sich nicht ändern.
Wenn man sagen will:
"Die Existenz von Telekinese ist eindeutig widerlegt.", dann muss man sich von der wissenschaftlichen Objektivität im absolut gleichem Umfang abwenden wie es auch nötig ist um zu sagen "Die Existenz ist bewiesen."
Da gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keinen Unterschied.
Alphabetnkunst schrieb:Ich denke, daran zu glauben, ist ein Schritt aus der Wissenschaft,
EXAKT. Wenn man den Beweis einer Nichtexistenz propagiert ist man im Bereich des Glaubens und hat das Gebäude "Wissenschaft" verlassen.
Alphabetnkunst schrieb:Denn die Wissenschaft versucht nur, Belege einer Existenz zu finden, nicht der Nichtexistenz.
Das ist so nicht ganz richtig:
Wissenschaft PRÜFT ob es möglich ist etwas zu belegen.
Versucht man aktiv etwas zu belegen oder wünscht man sich das der Versuch keine Nachweisbarkeit ergibt, dann passiert es schnell, dass man unbewusst genau die kleinen Fehler macht die das Ergebnis in den gewünschten Bereich verschieben.
"Wünsche" usw als Antrieb weiter zu machen zu haben ist wichtig, aber man muss sie vor der Labortür lassen.
Alphabetnkunst schrieb:Daher ist es nicht sehr unwissenschaftlich, anhand dieser Basis sagen zu können, gibt es nicht
Aus genannten Gründen ist es sogar komplett unwissenschaftlich.
"Nicht sehr unwissenschaftlich" gibt es auch nicht. Das ist wie "nicht sehr tot".
Entweder etwas erfüllt den wissenschaftlichen Standard oder nicht, da gibt es keine Grauzone in der jeder das was nicht nachweisbar ist nach eigenen Vorstellungen und Wünschen ergänzen und dann noch als wissenschaftlich bezeichnen kann.
Wissenschaftlich haltbar ist es zu sagen :
"Bisher deuten die ausgewerteten Studien und gut erforschte Grundlagen eher darauf hin, dass eine Existenz unwahrscheinlich ist."
Alles darüber hinaus ist kein Fakt sondern Glaube.
Alphabetnkunst schrieb:Also warum sollte ein Ergebnis kein Ergebnis sein, wenn dieses Ergebnis keine Existenz belegt, noch nicht mal einen Hinweis dazu liefert?
"Konnte mit diesem Versuch nicht nachgewiesen werden." ist ein Ergebnis, aber solch ein Ergebnis ist nicht dazu geeignet Prognosen hinsichtlich der Ausgänge völlig anders aufgebauter Versuche zu formulieren.
Manchmal hat man "Glück" und bekommt durch einen Versuch der einen Nachweis nicht oder nicht eindeutig genug erbringen konnte einen Hinweis darauf welche Methode erfolgversprechender sein kann und manchmal kann man auch erahnen, dass es mehr Sinn ergibt den Versuch in ein paar Jahren zu wiederholen wenn gewisse Messmethoden weiter verfeinert wurden oder anzunehmen ist, dass gewisse Materialien preisgünstiger sein werden.
In der Wissenschaft hat man es sehr viel mit "Babysteps" zu tun. Die einzelnen Schritte zum Ziel sind im Normalfall um ein Vielfaches kleiner als Du es dir scheinbar vorstellst.
Alphabetnkunst schrieb:Bei Sperma gibt es nämlich die DNA und die Leute haben auch zudem immer mehr mit Erfindungen möglich gemacht.
Alphabetnkunst schrieb:Du meinst, die nachgewiesene Erkenntnis, dass Sperma DNA enthält, oder meinst du jetzt nur, sich diese Erkenntnis auch in der Krininaltechnik nutzbar zu machen?
Du ahnst nicht mal wie weit der Weg von "Es gibt DNA" zu "Da ist DNA drin" bereits war und wie viel länger er zu "Daraus kann man Profile erstellen." war.
Du sitzt schon wieder sehr fest angeschnallt auf dem Beifahrersitz mit abgedecktem Rückspiegel.
Du vergisst nicht nur, dass es Zeiten gab in denen man weder über Genetik noch über DNA etwas wusste.
Außerdem scheinst Du fälschlicherweise anzunehmen, dass es die in der DNA enthaltende Erbinformation ist, die diese wunderbaren DNA-Profile ermöglicht.
Wäre dem so hättest Du Recht und der Schritt von dem Einem zum Anderen wäre simpel.
Aber es ist ganz anders als Du annimmst. Die Erbinformation der DNA hat gar nichts mit der Möglichkeit ein Profil das man individuell zuordnen kann zu tun.
Man dachte aus guten Gründen, da kann man niemandem etwas vorwerfen, lange, dass die DNA lediglich Erbinformationen enthält und so lange man das dachte war die Idee sie in der Kriminaltechnik einzusetzen vollkommen absurd, auch weil diese Form der Nutzung sogar ganz eindeutig gegen entsprechende Gesetze in Deutschland verstößt.
Es ist gar nicht erlaubt die "Erbinformation" der DNA in irgendeiner Form in der Kriminaltechnik einzusetzen.
Soweit ich weiß gibt es dabei nur eine Ausnahme: Die Bestimmung ob der Spurenverursacher männlich oder weiblich ist ist meines Wissens zulässig. Ansonsten darf die Erbinformation nicht zur Eingrenzung des Spurenverursachers verwendet werden.
Der Gedankengang "In Sperma ist DNA von dem Menschen dessen Sperma das ist, also kann man das irgendwann auch so nutzen um den Täter zu überführen, was ist daran denn so schwer?" ist also bei Laien zwar nachvollziehbar, aber könnte von der wissenschaftlichen Realität fast gar nicht noch weiter weg sein.
Solange man (wie gesagt, berechtigt und aus guten Gründen) annahm die DNA enthielte nur Erbinformationen war die Idee man könne damit Profile erstellen, die sich individuell einem Menschen, Tier oder mancher Pflanze zuordnen lassen ehrlich gesagt auch nicht viel absurder als die Annahme es gäbe Umstände unter denen man Gummihammer via Gedankenkraft fliegen lassen kann.
Alphabetnkunst schrieb:Also nein, ich verstehe es nicht nicht,
Das ist mir mittlerweile klar und das geht hier auch langsam doch recht stark OT.
Wenn Du Dich also grundsätzlich für wissenschaftliche Methoden, deren Möglichkeiten aber auch für deren Grenzen interessierst, dann wärs wohl besser dazu im Bereich Wissenschaft einen Thread aufzumachen.
Das Du schreibst meine Beispiele wären deiner Ansicht nach nicht als Vergleich geeignet zeigt einfach zu deutlich, dass es dabei nicht mehr um Telekinese geht, sondern darum zu erklären wie die fundamentalsten Spielregeln die die Wissenschaft braucht um seriös und unabhängig zu bleiben funktionieren und das das für Laien oft schwer zu verstehen ist.
Deswegen wandern ja leider so massenweise Menschen die weniger skeptisch sind als Du zu den Parawissenschaftlern ab.
Die haben zwar keine Beweise und auch explizit nicht den Anspruch welche zu präsentieren (sonst wär es ja Wissenschaft und keine Parawissenschaft) aber dafür haben die eben auf alles eine (oder Mehrere so zum aussuchen) Antwort und das kann Wissenschaft leider nicht bieten und wird es in diesem Umfang auch niemals können.
anonyheathen schrieb:Tut mir leid, wenn ich Dir Unrecht getan habe
Macht nichts, das ist schon vergeben und vergessen.
Nen Forum ist nun einmal ein Kommunikationsmedium bei dem Missverständnisse kaum zu vermeiden sind, ist doch super wenn man sie so leicht ausräumen kann.
anonyheathen schrieb:Man versucht leider selten, einfach mal Meinungen und Erfahrungen zu sammeln, um zu gucken, welche Ansätze und Herangehensweisen es so gibt und was andere so erleben.
Da gebe ich Dir absolut Recht, je emotionaler das Thema für mindestens eine Seite ist, desto schneller sitzt man eher in einem Dampfkessel ohne Ventil als in einer Diskussion.
Ich bin da aber nicht in der Position zu urteilen, denn ich bin von Natur aus eher emotionslos und durfte das Privileg genießen von Menschen aufgezogen zu werden, die mir von klein auf beigebracht haben, dass es bei Meinungen kein "besser" oder "schlechter" gibt und auch kein "Recht haben".
Das gibt es nur bei Fakten, Meinungen sind immer alle gleich wert.
Ich darf also gar nicht darüber urteilen ob Menschen die anders gestrickt sind als ich und anders erzogen wurden sich wissentlich daneben benehmen wenn sie persönlich statt sachlich "argumentieren" oder ob sie vielleicht gar nicht wissen, dass es auch anders geht und eigentlich anders sein sollte, weil das viel zielführender bzw überhaupt zielführend ist.
Ich muss da immer an einen Film denken, dessen Titel mir nicht mehr einfällt.
Da wurde ein 9 Jahre altes Mädchen vermisst und bei den Ermittlungen wurde auch der 17 jährige Bruder einer Klassenkameradin befragt warum er gesehen wurde als er mit dem Mädchen sprach.
Als er antwortete "Sie hat meine kleine Schwester geärgert." fragte der Ermittler ziemlich provokativ "Und? hast Du das mit ihr ausdiskutiert?" und er antwortete fast schon genervt und extrem realistisch:
"Man diskutiert nicht mit einer 9 Jährigen, man wirft sich gegenseitig Schimpfwörter an den Kopf."
Leider kommt es mir in vielen Threads hier genauso vor, nur das man von erwachsenen Menschen eigentlich mehr erwarten sollte.
anonyheathen schrieb:Auch ich würde von einem Forum träumen, in dem man im gegenseitigen Respekt und neugierig einfach mal unterschiedliche Meinungen, Argumente, Informationen, Denkansätze und auch Erfahrungen austauscht.
Dann schnupper mal ins Taschenlampenforum.
Da sind alle echt super nett, sowas hab ich in anderen Foren noch nicht erlebt.
ABER da ist auch nen anderer Altersdurchschnitt aktiv als hier und Themen wie: "Welche Taschenlampe taugt was und was für eine für welchen Zweck" enthalten auch einfach mal sehr viel weniger emotionalen Zündstoff.
anonyheathen schrieb:Ich glaube das aber nicht, weil ich es glauben „will“ oder weil ich die Vorstellung so schön fände
Aber nur mal so als Anmerkung:
Du weißt aber das genau das ebenso Dein Recht wäre und niemand das Recht hätte Dir etwas Anderes einzureden oder Dich für diesen Glauben abzuwerten?
Denn das ist wichtig.
anonyheathen schrieb:Na ja, wir sollten die Ethnologen auch nicht für zu naiv halten.
Es geht da nicht im geringsten um Naivität.
Ich hab selbst in Neurologie (sowohl in Anatomie, Physiologie, Histologie und Embryologie) sehr gute Noten gehabt, nicht nur weil ich brav gelernt habe, sondern weil ich das auch wirklich spannend fand und finde und mir deswegen weit mehr als den prüfungsrelevanten Lernstoff angeeignet habe.
Aber bevor ich es nicht durch einen unerwünschten, pharmakologischen Nebeneffekt selbst erlebt habe hätte ich niemals für möglich gehalten wie real solche Wahnvorstellungen sein können.
Ich habe mir das zuvor (auch Kenntnisse über den neurologischen Ablauf) eher wie eine Art Tagtraum vorgestellt.
Also etwas das oberflächlich betrachtet real ist, aber wenn man gewisse Dinge scharf beobachtet mit etwas Übung demaskiert werden kann.
Der Klassiker ist, dass das Gehirn bei Traumzuständen an Details spart.
Du glaubst an einem Ort zu sein und auf den ersten Blick stimmt auch alles, aber je eher Du es schaffst die Situation wertend zu beurteilen so klarer wird, dass es nur das Äquivalent solch einer Hausfassade wie sie in Hollywooddörfern benutzt werden ist.
Du kannst nicht erfassen wie Du an diesen Ort gekommen bist bzw was Du vorher gemacht hast. Träume in denen Gerüche, Geschmäcker oder taktile Wahrnehmungen enthalten sind sind eher selten und welche bei denen alle diese Sinne abrufbar sind sind mir nicht bekannt.
Man kann meistens also merken, dass der Boden unter den Füßen sich nicht anfühlt wie er es täte wenn das real wäre, manchmal verschwinden Gegenstände wenn man versucht sie zu berühren, als wolle unser Gehirn den "Fehler", dass Oberfläche, Gewicht und ähnliche Eigenschaften eines Gegenstandes uns nicht in unsere Träume folgen "reparieren" bevor der Träumende ihn erfassen kann.
Aber Wahnvorstellungen sind etwas völlig anderes.
Es sind keine Träume, man ist vollständig wach und das Gehirn ist nicht mehr in der Lage zu erfassen was echt ist und was nicht.
Ich hab zum Teil in meinem Bett gesessen und um mich geschlagen, meinen Mann von der Arbeit nach Hause kommen lassen weil ich FEST davon überzeugt war das unsere Katze stirbt und das nachdem er den Effekt den ich beschrieb schon am Vortag nicht bestätigen konnte.
Er kam heim, aber nicht wegen der Katze, sondern weil er Bedenken hatte mich mit einem Gehirn alleine zu lassen das mir Dinge als echt verkaufen kann die nicht real sind und das obwohl ich da schon umfangreich nachgelesen und mich über diese Wechselwirkung informiert hatte.
Kamen im Hühnerstall Schatten mit glühenden Augen auf mich zu hab ich realisieren können "Wow, wüsst ich nicht warum mein Hirn das macht säße ich jetzt wohl schreiend in der Ecke."
Aber wenn eines der Tiere nicht ok zu sein schien oder sich "Gegenstände von alleine bewegten" war ich doch ganz schon verloren.
Ohne jeden Glauben an Telekinese, Poltergeister und Co und mit einem meilenweit über Allgemeinbildung hinausgehendem Wissen darüber war im Moment in meinem Gehirn abläuft.
Keins von beidem konnte mich davor schützen Dinge zu sehen und als absolut echt zu empfinden die nicht da waren und auch nicht passiert sind.
Naiv war es anzunehmen es sei so einfach Wahnvorstellung von Realität zu unterscheiden.
Ich weiß heute, dass die Schatten der Hühner keine glühenden Augen hatte und die Flasche mit dem Glasreiniger nicht direkt vor meinen Augen von der Fensterbank auf den Tisch flog.
Aber ich kann bis heute nicht sicher sagen ob meine Katze die ganze Zeit kerngesund war oder ob sie einen leichten Infekt hatte und mein Gehirn ihren Zustand nicht erfunden sondern nur hoffnungslos überzeichnet hat.
Ich werde das auch sehr wahrscheinlich nie erfahren.