@anonyheathen Danke für den informativen Beitrag. Zu den Engeln möchte ich noch ein wenig beisteuern.
Ursprünglich hatten Engel überhaupt keine Flügel. Flügel werden nicht nur nicht erwähnt, sondern es wird sogar mitgeteilt, daß ein Engel für einen (beeindruckenden) Menschen gehalten werden konnte. Mit Flügeln wäre das schlicht nicht möglich. Darüber hinaus sprechen die ältesten Texte im AT, die Engel erwähnen, immer nur von einem Engel, den sie dann aber stets als "den Engel (des HERRN)" einführen. Diese Art von Engel wird dann auch stets nur auf der Erde verortet. Es hat den Eindruck, als stehe dahinter die Vorstellung, daß wenn Gott auf der Erde etwas zu tun gedenkt, "der" Engel auf der Erde erscheint und dieses dann ausführt, um anschließend wieder zu verschwinden. Nicht: zu Gott zurückzukehren, sondern "einfach weg" zu sein. Hier scheint der Engelso eine Art Emanation oder Avatar Gottes zu sein, eine zeitlich begrenzte Existenz, die Gottes Auftrag auf der Erde erfüllt. Deswegen ist die Anwesenheit eines Engels genauso heilig wie die Gottes (vgl. Josua5,15 mit 2.Mose3,5), und einen Engel anzusehen genauso lebensgefährlich wie das Ansehen Gottes (vgl. Richter13,22).
In etwas jüngeren Texten kommen dann auch mehrere Engel zugleich vor, und sie scheinen auch ohne Auftrag zu existieren und sich dann bei Gott im Himmel aufzuhalten. Zum Wechsel vom Himmel zur Erde und zurück verwenden sie eine Leiter (1.Mose28,12).
Außer dem Engel des HERRN bzw. später den Engeln gibt es weitere Gestalten. Vor allem die "Zebaot", die "Heerscharen". Das ist eine Sammelbezeichnung für letztlich alle dienstbaren Geister Gottes, die (in Visionen) vor dem HERRN stehend gesehen werden. Der "himmlische Hofstaat" also. Gelegentlich werden auch die Sterne das Heer des Himmels genannt, womöglich galten auch sie als beseelt, als dienstbare Geister Gottes, die auch für Gott in den Krieg ziehen konnten (vgl. Richter5,20).
Unter den dienstbaren Geistern Gottes nun kommen zwei Gruppen namentlich vor, der Cherub (
keruv), Mehrzahl Cherubim, und der Saraph (
saraf), Mehrzahl Seraphim. Aus Palästina gibt es auch bildliche Darstellungen dieser beiden Wesengruppen.
Miniatur eines Cherubenthrons, Megiddo 13/12.Jh.Cherub aus Elfenbein, Samaria 9./8.Jh. Seraphim auf israelitischen Siegeln, Samaria 8./7.Jh.ägyptische Uräusschlange mit MenschenkopfMan kann schnell sehen, daß der Cherub und der Seraph ägyptische Bezüge aufweisen. Aus Ägypten kennen wir sie unter der Bezeichnung Sphinx und Uräe/Uräusschlange. Aber auch in Mesopotamien gibt es Vergleichbares, der bereits erwähnte Lamassu. Es gibt solche Wesen mit Stierkörper, Menschenkopf und Flügel aber auch unter der akkadischen Bezeichnung karabu (oder karibu), bei der man den Kerub ja schon geradezu hören kann.
Cherubim und Seraphim sind wahrlich keine Engel. Aber sie sind es, die Flügel haben, und zwar gefiederte Flügel, wie man sieht. Keine Chitinflügel wie die Insekten oder Hautflügel wie die Fledertiere Fledermaus und Flughund.
Cherubim und Seraphim finden sich stets in direkter Nähe zu Gott. Sei es wie in Jesaja6, daß die Seraphim stets vor Gottes Thron stehen und wie ein hochköniglicher Schmeichlerchor unaufhörlich die Heiligkeit Gottes ausrufen, oder daß der Cherub der Thronwächter ist, der Thronträger, aber auch der Thron selbst. Cheruben kommen auch als Reit"tiere" in der Bibel vor. Und aus der Verbindung beider Vorstellungen, quasi als "mobiler Thronträger", wurden die den Thronwagen Gottes tragenden/ziehenden Cherubim von Hesekiel1 und 10 gebildet.
Erst in späteren Jahrhunderten, ab der persischen, womöglich gar erst hellenistischen Zeit, vermischten sich die Vorstellungen von Himmelsheer, Engel, Göttersohn, Cherub, Saraph, und alles wurde unter die Oberkategorie "Engel" zusammengefaßt. Seither sind Engel menschliche Gestalten mit (Vogel-)Flügeln. Aberselbst im Neuen Testament können zuweilen noch flügellose Engel erwähnt werden. Hebräer13,2: "Die Gastfreundschaft vergesst nicht, denn dadurch haben einige, ohne es zu wissen, Engel beherbergt."