@Mafiatom Mafiatom schrieb am 23.03.2017:Mich macht der fette Satz etwas stutzig. Wie denkt ihr darüber?
Zum Einen frage ich mich, woher stammt diese Info? Aus der Feder des Journalisten oder hat dieser wirklich einen Beamten befragt und der hätte ihm wirklich diese Auskunft erteilt?
Zum Anderen erfuhr man von diesem helle sehenden Hellseher vor der Auffindung der Leiche aber rein gar nichts.
Komisch, gelt?
Mafiatom schrieb am 23.03.2017:Bewundernswert ist es dennoch, dass die Leiche in der Tat an einer Stelle gefunden wurde, die auf die Angabe des Hellsehers zutrifft.
Bewundernswert ist eher, wie schnell diese nicht ganz richtige Meinung akzeptiert wird. „zwischen zwei bestimmten Landungsbrücken befinden müsste“ ist nun wirklich keine besonders präzise Angabe, zumal in Hamburg! Der Hellseher vermochte ja auch nicht zu sagen, ob es sich ums Meer oder um einen Fluss handelt.
Richtig beeindruckt hätte mich der Hellseher, wenn er gesagt hätte „im Bereich des Museumsschiffs "Cap San Diego“ an der Elbe“ – das nenne ich Hellsehen. Ebenso hätte es mich beeindruckt, wenn er gesagt hätte „Auf Halde 3 in diesem und jenem Kohlebergwerk Meilen außerhalb Hamburgs“ – und man hätte die Leiche dort gefunden.
Wir haben hier ein altes, aber offenbar nicht tot zu kriegendes Phänomen: den Glauben an etwas Besonderes, während in Wirklichkeit der erstaunte Bewunderer nur nicht alle Fakten kennt, sie missinterpretiert oder selektiv wählt.
Wissen wir, ob der Hellseher denn wirklich befragt wurde?
Wissen wir, wie viele „hell gesehen“, aber komplett da neben gelegen haben?
Wissen wir denn, wie viele andere Optionen der Hellseher so vor sich hin brabbelte?
Vor Allem lässt sich ausrechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand in Hamburg, der ins Wasser gefallen sein könnte, dann auch zwischen zwei Brücken oder Stegen liegt oder dort angespült wird.
Auch ich habe vor zwei Jahren oder so einmal „voraus gesagt“, wo sich eine Leiche befinden könnte, ich habe sogar voraus gesagt, dass jemand tot ist, der noch gesucht wurde.
Ich hatte in Beidem Recht.
Wie das?
Ganz einfach:
Es wurde ein Jugendlicher vermisst, der gerade aus einer Kneipe kam, in der er zuvor stundenlang gesoffen hatte. Er sagte zu seinen Freunden, er würde nur mal kurz ans Ufer gehen. Die Salzach fließt nur ein paar Meter von der Kneipe entfernt vorbei. Er sagte nicht, warum, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er nach stundenlangem Saufen mal pinkeln musste, ist hoch.
Ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass erst die Kälte (es war nachts) das Pinkelbedürfnis in ihm geweckt hatte und er deshalb nicht bereits schon früher im Lokal auf den Lokus ging. Hinzu kommt, dass Männer es toll finden, auf der Straße Dinge an- oder in den Fluss zu pinkeln, solange sie dabei nicht erwischt werden.
All diese Bedingungen waren gegeben. Der Typ war nicht mehr nüchtern, die Böschung steil und rutschig – da liegt der Schluss nahe, dass der ausrutschte, in den Fluss fiel und ertrank.
Es führen außerdem eine stark befahrene Straße über eine Brücke sowie eine zwischen Lokal und Fluss vorbei, Leute gehen rein und raus und lachen, machen Lärm, da kann man einen eventuellen Hilferuf oder ein Aufschlagen auf das Wasser, das ohnedies eher ein Hineingleiten gewesen sein dürfte, überhören. Er könnte sich auch am Brückenpfeiler (ja, eine solche ist vorhanden) den Kopf gestoßen haben.
Ich weiß zwar nicht, ob der schwimmen konnte, aber ab einer gewissen Strömung und Kälte, wird das recht schwer. Außerdem kommt es oft, wenn jemand unerwartet ins kalte Wasser fällt und dabei auch noch untergeht, zu einer unbewusst herbei geführten Schnappatmung, was zu sofortiger Bewusstlosigkeit führt – der Arme ertrank.
Kleine Beleg-Anekdote: Der berühmt-berüchtigte britische Serienkiller Smith, dessen Taten auch als Braut-im-Bade bekannt sind, tötete mit dieser raffinierten Technik mehrere Verlobte. Jedes Mal, nachdem er sie dazu überredet hatte, eine Lebensversicherung in seinem Namen abzuschließen, buchte er sich entweder in Hotels mit Badewannen ein oder kaufte sogar mal eine Wanne. Dann überredete er seine Verlobte, sich in einem Bad zu entspannen, dass einzufüllen er ihr half. Kaum lag sie drin, zog er sie blitzschnell an ihren Füßen und die Opfer erlitten sofort diese Schnappatmung, wurden bewusstlos und ertranken (danach ging er dann seelenruhig spazieren, um nicht verdächtig zu erscheinen – allerdings führte dieser stets gleich bleibende
Modus Operandi letztendlich auch zu seiner Verhaftung, da er den Fehler machte, immer dieselbe Versicherung zu prellen).
Es dauerte lange, bis endlich klar war, wie die Opfer eigentlich ertrinken konnten, denn es gab nie Anzeichen dafür, dass sie versucht hätten, aus der Wanne zu kommen oder dass sie Kopfwunden aufwiesen, die einen Unfall und eine Bewusstlosigkeit hätten erklären können). Wurde übrigens von einem wagemutigen Kriminalbeamten und einer Bekannten, die eine hervorragende Schwimmerin war, nach gestellt. Die Dame wäre übrigens beinahe an dem Experiment gestorben, sie musste zwanzig Minuten lang wieder belebt werden.
Smith hatte entweder Glück oder diese Art des Ertrinkens rein zufällig gekannt.
In so einem Fall hat das Opfer noch nicht einmal Gelegenheit zu schreien, was auch gut erklärt, warum keiner der nahen Freunde etwas hörte.
Meine Hellsichtigkeit hat also nichts mit Hellsehen zu tun, sondern lediglich mit guter Kenntnis der Lage des Orts des Geschehens, der Situation und der Art dieses Todes.
Und natürlich mit dem Rückschau-Effekt. Es wurde hier ja auch viel spekuliert (Abgehauen, ermordet, die Freunde haben gestritten, …) aber diese Spekulierer lagen eben alle lagen. Nur daran denkt im Nachhinein, wenn man wieder ein Hellseher auftritt, keiner, der ans Hellsehen glauben will.
Meine Version ist halt richtig. Hätte ich gleich zu Beginn der Untersuchung eine große Show daraus gemacht, ein Interview gegeben, die Polizei belästigt oder einen Journalisten gefunden, der mir im Nachhinein nach gesagt hätte, dass ich das ja schon viel früher so gesehen hätte, nun ja, dann würde diese Anekdote jetzt auch als „Hellseher sah die Fundstelle voraus“ in diversen Zeitung zu finden sein.
Ah, und dann war da noch der Selbstmörder am Kapuzinerberg, den ich ebenfalls "voraus sah", mal ganz zu schweigen von den diversen Intrigen unter Kollegen.
In allen Fällen ist es aber stets die Kenntnis der Umstände, die aus einem Verdacht ein "Hellsehen" machen - im Nachinein, versteht sich.