Besessenheitszustände werden, wie gesagt, inzwischen in unzähligen ethnologischen und religionswissenschaftlichen Büchern, Aufsätzen und Reportagen beschrieben. Vor allem über verschiedene lateinamerikanische Besessenheitsreligionen, wie Voodoo, Candomblé, Umbanda usw., die ihrerseits auf afrikanische Besessenheitsreligionen zurückgehen, die mit europäischen – v.a. katholischen – Elementen verknüpft werden. Auch über Trancemedien und Besessenheit in Japan, China oder im islamischen Nordafrika gibt es viele interessante Sachen.
Wie solche veränderten Bewuststeinszustände herbeigeführt und wieder beendet werden, ist je nach Kultur ganz unterschiedlich.
Der „Klassiker“ zum Thema Besessenheit ist zwar schon bald 100 Jahre alt, wird aber heute noch oft zitiert und ist nach wie vor eine faszinierende Lektüre. Und – tada! - man kann diese klassiche Monographie sogar online lesen:
Es ist "Die Besessenheit" des Tübinger Philosophieprofessors, Religionsphilosophen und Psychologen Traugott Konstantin Oesterreich (Langensalza: Wendt & Klauwell, 1921)
Ein PDF des Buches findet man hier:
https://archive.org/stream/BesessenheitOesterreich/Besessenheit_Oesterreich_01_2015#page/n17/mode/2upEin neueres interessantes Buch zum Thema Besessenheit und Exorzismus ist der Reportageband des Journalisten Marcus Wegner: „Exorzismus heute. Der Teufel spricht deutsch“, Gütersloher Verlagshaus 2009, 318 Seiten. Hier eine Buchkritik von Deutschlandradio Kultur, betitelt „Von Dämonen und ihren Machern“:
http://www.deutschlandradiokultur.de/von-daemonen-und-ihren-machern.950.de.html?dram:article_id=137433Ein Exorzist, den Wegener bei seiner Arbeit begleitet hat, entlarvt eine Möchtegern-Besessene, indem er ihr lateinische Verse von Vergil vorliest – worauf sie mit Fauchen und Fluchen reagiert. Als „echte“ Besessene sollte sie so aber nur auf heilige lateinische Texte der katholischen Kirche reagieren, und nicht auf das Gedicht eines heidnischen Poeten. Damit weiß der Pfarrer, dass er es mit einer Simulantin zu tun hat, und er schickt sie zum Arzt: „Sie sind nicht vom Teufel besessen, leben Sie wohl.“
Der Journalist erlebt bei seinen Recherchen aber auch durchaus unerklärliche Phänomene. Ich zitiere mal aus der oben verlinkten Rezension des Deutschlandradio Kultur:
„Manche Phänomene kann Wegner nicht erklären. So ist der Rechtsanwalt Günther Z. ärztlichen Attesten nach kerngesund. Dennoch fällt er jeden Freitagabend in eine Art Wachkoma. Dann wandelt sich sein Charakter vollständig. Wegner besucht ihn gemeinsam mit drei Priestern. Bei diesem Besuch passiert etwas sehr Seltsames: "Z." nennt anfangs Details aus dem Leben des Journalisten, "jeden noch so kleinen menschlichen Fehltritt". Woher er diese Details hat, ist und bleibt rätselhaft.
Später offenbart sich "Z." als Samael. Das "ist in der Dämonologie das Haupt aller Dämonen". Mit dessen verbalen Äußerungen gehen im Zimmer Kälte und Gestank einher. Allem Anschein nach schwitzt der Rechtsanwalt Blut. Ohnmächtig sackt er in sich zusammen am Ende des Großen Exorzismus.“