@Tussinelda Tussinelda schrieb:es spielt aber eben genau keine Rolle, wie er ist, denn das sind alles Interpretationen von uns, dem Menschen....woher willst Du denn bitte wissen, welche Vorgeschichte warum welche Auswirkungen hat, ohne das Du "interpretierst"? Der Hund kann es Dir nicht mitteilen, also gehst Du, ganz normal als Mensch, von dem aus, was Du glaubst, das man Empfinden müsste, wenn man z.B. ausgesetzt wurde, schlecht "gehalten" wurde, etc.
Hmmm...ich weiss nicht...
Ich habe die Erfahrung, dass es Hunde gibt, die von Geburt an eher ängstlich oder eher forsch sind. Sogar innerhalb eines Wurfs gibt es große Unterschiede im Charakter. Und da denke ich schon, dass man an einen ängstlichen Hund in der Erziehung ganz anders rangehen sollte, als an einen forschen Hund. Auch die Intelligenz des Hundes ist total unterschiedlich ausgeprägt. Manche kapieren halt sofort, welches Verhalten man möchte und manche brauchen halt etwas länger. Und dann gibt's noch den Faktor Sturheit. Bestimmte Rassen sind ja deutlich sturer, als andere. Ich sag nur Pinscher...Intelligenz gepaart mit Sturheit :-)
Und doch, ich denke schon, dass die Vorgeschichte eine große Rolle spielt. Wenn ich mir einen Hund aus "2. Hand" hole, möchte ich natürlich wissen, was vorher los war. Nur so könnte ich mir das Verhalten des Hundes in bestimmten Situationen erklären und gezielt handeln. Wenn der Hund zum Beispiel nicht in ein Auto steigen will und ich ärgere mich und zwinge/bedränge/strafe den Hund. Nun weiss ich aber aus seiner Vorgeschichte, dass er mit einem Auto etwas echt Schreckliches verbindet. Sofort sollte sich meine Einstellung dem Hund gegenüber verändern. Dann reagiere ich mit Geduld und Verständnis und nicht mit Verärgerung. Das Gewöhnen des Hundes an das "böse" Auto kann dann so erfolgen, dass ich dem Hund zeige, dass das hier nichts schlimmes ist. Er sollte freiwillig und gern in das Auto steigen und nicht deshalb, weil ich ihn auf Hundeart dazu gezwunden habe und er eigentlich total Angst hat. Generell denke ich, dass Tiere von bestimmten Erlebnissen durchaus traumatisiert sein können. Eine meiner Katzen aus dem Tierheim war das beste Beispiel dafür. Die hatte nach 10 Jahren bei uns in der Familie immer noch panische Angst vor der Fliegenklatsche, obwohl wir ihr in der ganzen Zeit nie etwas getan haben.
Klar hast Du Recht, dass man mit dem klassischen Verhalten von Hunden untereinander sicherlich zu jedem Hund schnell durchdringt und sich behaupten kann. Aber ist das immer der beste Weg, wenn es im Normalfall auch anders geht, dass der Hund seine Regeln kennt und sich im Großen und Ganzen dran hält?
Beispiel: Meine Hündin wurde komplett mit Positivbestärkung so erzogen, dass sie keine mir unangenehmen Verhaltensweisen zeigt, sich überall artig aufführt und in der Regel auch keinen sonstigen Blödsinn anstellt. Dazu wurde kein übermässiger Drill und auch keine laute Stimme oder körperliche "Züchtigung" benötigt. Wir haben von Anfang an nicht nur mit Leckerlies gearbeitet. Auch verbales Lob, streicheln und spielen wird als direkte Reaktion auf ein korrektes Verhalten als Belohnung betrachtet.
Wenn sie aber doch mal aus der Reihe tanzt (Pinscher-Sturheit) genügt es meist, die Stimme etwas zu erheben. Wenn ich damit nicht durchdringe, werde ich kurz mal auch zum Hund und unterwerfe sie ein bisschen. Passiert aber höchstens 2-3 mal im Jahr. Da sie das als etwas nicht alltägliches sieht, wird darauf reagiert und sie weiss auch sofort, dass sie gerade etwas gemacht hat, das mir nicht passt. Und zwar kommt sie dann sofort an und möchte mir die Mundwinkel ablecken. Das ist ja die typische Beschwichtigungsgeste bei Hunden.
Wenn der Hund eine gewisse Härte nicht schon von vorne herein als Grundsatz in der Erziehung als normal ansieht, hat man meiner Meinung nach mehr Spielraum in Ausnahmesituationen. Als Steigerungsform sozusagen. Wenn ich schon von vorne herein eine gewisse Härte an den Tag lege, wie steigere ich das dann noch?
Gut, ich behaupte mal, wir hatten Glück und haben einen Hund erwischt, der (ich sag mal) relativ gut erziehbar war. Dazu muss ich noch sagen, ich für meinen Teil möchte keinen Hund, der nur folgsam ist und wie ein Tamagotchi funktionert, weil er im Grunde Angst vor mir hat und der so komplett erzogen ist, dass er gar keinen eigenen Charakter mehr hat. Genau so wenig möchte ich im täglichen Umgang mit meinem Hund dauernd die "strenge Domina" raushängen lassen müssen. Mein Hund respektiert mich und ich ihn. Bei uns sind die Regeln so, dass die Kleine einen festen "Lebensrahmen" hat, nach dem sie sich richten kann. Zu wenig Regeln sind ja auch wieder nicht gut, da der Hund sonst dauernd Stress hat und wie in der Luft hängt. Aber ihr Tagesablauf ist nicht komplett durchgeregelt.
Sorry für den Roman, aber ich hab hier immer den Zwang, mich so genau wie möglich auszudrücken, damit ich nicht falsch verstanden werde!