Link: www.demokrit.com (extern) (Archiv-Version vom 04.02.2005)Aus einem Interview mit Prof. Dr. Anton Zeilinger
Prof. Dr. Anton Zeilinger ist Professor am Institut für Experimentalphysik der Universität Wien.
Was ist Ihrer Meinung nach die Bedeutung der Quantenphysik für unser Weltbild und unser Bewusstsein?
Zeilinger: Es stellt sich letztlich heraus, dass Information ein wesentlicher Grundbaustein der Welt ist. Wir müssen uns wohl von dem naiven Realismus, nach dem die Welt an sich existiert, ohne unser Zutun und unabhängig von unserer Beobachtung, irgendwann verabschieden.
...und die Arbeiten David Bohms verdeutlichen folgendes:
Bohm nannte seine Entdeckung Quantenpotential. Eine technische Kleinigkeit macht aus diesem Potential etwas ganz besonderes und aus einer interessanten mathematischen Theorie eine Quelle großartiger und weitreichender spiritueller Erkenntnisse. Zuerst die Mathematik: Das Potential kommt im Zähler und im Nenner vor, wie etwa in dem Ausdruck (x-1)/x. So harmlos die aussieht, die Folgen sind weitreichend, und das ganz wörtlich. Denn selbst wenn die Kraft x kleiner wird, etwa weil sie im Laufe der Zeit, oder über den Raum abnimmt - der Ausdruck selbst, das Potential, wird nicht weniger! Die Stärke des Bohmschen Quantenpotentials (der Führungswelle für die Bewegung von Elementarteilchen) ist also unabhängig von Raum und Zeit, und dies bedeutet: Verbindungen über weite Entfernungen werden nicht schwächer. Sie sind, wie die Physiker sagen, nicht-lokal, beschränken sich nicht auf die unmittelbare Nachbarschaft. Einstein-Podolsky-Rosens auseinanderfliegende Elektronen können nun ganz zwanglos in unverminderter Stärke über das gesamte Universum hinweg miteinander kommunizieren, und auch die Zeit spielt dabei keine Rolle. Die Einführung des Quantenpotentials war der Anfang einer ungewöhnlichen wissenschaftlichen Entwicklung. Als Bohm seinen mathematischen Apparat auf die Bewegung von Photonen anwenden wollte, kam er in Schwierigkeiten. Er löste sie durch Einführung einer weiteren Führungswelle, sie Super- Quantenpotential nannte. Es beeinflußt das normale Quantenpotential und wird somit zu einer Führungskraft zweiter Stufe. Wenn nun, so dachte Bohm, Stufe zwei nicht das Ende ist, sondern die zweite Stufe einer unendlichen Stufenfolge immer höherer Führungswellen, dann - so seine Spekulation - könnte man eine ganze Menge bisher unerklärlicher Phänomene verdeutlichen. So könnte das Quantenpotential Stufe drei die Formen des Lebens beeinflussen, womit Rupert Sheldrakes morphogenetische Felder eine physikalische Grundlage bekämen. Stufe vier könnte die Vorgänge in unserer Seele begleiten, sozusagen die Mathematik zur Verfügung stellen, die Siegmund Freud für seine Seelenforschung gebraucht hätte. Stufe fünf enthielte jene Gesetzte, die unser Bewußtsein beherrschen - oder erzeugen. Und dann? Irgendwann kämen wir auf diese Weise zu Bewußtseinsstufen, die nur höheren Wesen zu eigen sind. Stufe unendlich schließlich, die radikalste, tiefste und gleichzeitig höchste Ordnung, wäre vielleicht Gott.
Aber wohl nicht unser Schöpfergott, eher das indische Konzept des Brahman oder Atman, in dem das ganze Universum enthalten ist und der dieses Universum immer wieder aus sich heraus erschafft. Wie Bohm sagte: Das Universum betrachtet sich selbst im Spiegel unseres Bewußtseins. Was umgekehrt bedeutet, daß unser Bewußtsein den ganzen Kosmos in sich enthält.
Das kybernetische Äquivalent von Logik ist Oszillation.
Ganz unten auf dem Grunde des Lebendigseins treffen wir auf die Metapher. (Gregory Bateson)