Mein geliebter Bügel,
Es ist fast vier Monate her. Es war erst gestern.
Da bist du nicht mehr aufgestanden, obwohl du wolltest. So plötzlich, so schockierend, so aus dem Nichts. Obwohl wir schon vier Jahre mit deiner Diagnose lebten. Als du Teil unserer Familie wurdest.
Es ist so absurd, so surreal. Gestern noch da. Voller Leben und Unfug im Kopf. Und am nächsten Tag nehme ich dich wieder mit nach Hause. Leblos.
Und lege dich abends auf meine Terrasse, weil du es dort geliebt hast. Und ich nicht die Kraft dazu habe, dich heute noch zu begraben. Vor allem nicht das Verständnis dazu.
Du bist doch noch da...
Ich hole dich Nachts im Schlafanzug wieder ins Haus, weil ich Angst habe, dass du draußen frierst.
Und am nächsten Tag, hebe ich ein Loch aus. Ein Ruheplatz in der Erde, bei meinen riesigen Kirschlorbeeren, die dich schützen und bei deinem Bruder Sol.
Du bist in deine Schmusedecke eingeschnubbelt und ich errechne, wie viel Platz du brauchst. Wie geisteskrank ist das?
Ich nehme dich hoch und lege dich hinein, nein, ein Küsschen noch... Eine Umarmung. Und noch eine. Und diesen geliebten, unfassbar samtigen Kopf streicheln, mit den Augenhöhlen, die so perfekt in meinen Handballen passen. Ich will dich nicht gehen lassen, weil wir noch nicht fertig sind.
Und es kommt die Erkenntnis, die ich seit langem habe und versuche zu verstehen. Sie ist schlimm und unglaublich tröstlich zugleich:
Es ist immer ein Wort zuwenig. Und immer ein Kuss, eine Umarmung zu wenig. Wenn man liebt, egal wen, was oder wann, reichen 100 Jahre nicht aus, um zu sagen:
Ja, jetzt habe ich genug geliebt, wir sind fertig.
Du fehlst uns, Coyote (aka Bügel). Wir lieben dich.
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