@Dr.ThraxDa es keine geschichtswissenschaftliche Hypothese ist, hättest du dir diese Aussage auch sparen können, und einfach schreiben können: "Dass sehe ich nicht so".
Das sehe ich nicht so. Du hattest eine Hypothese aufgestellt, in der Du historische Entwicklungen andere Kausalketten zugeordnet hast, als dies die Geschichtswissenschaft tut, ohne dafür eine angemessene Begründung zu liefern. Die Gründe für die französische Revolution sind vielfältig. Sie war aber kaum darin begründet, dass der europäische Hochadel Inzest im weitesten Sinne betrieb. Bei Deiner höchst unwissenschaftlichen Darstellung verkennst Du zunächst, dass "der Adel" sowieso keine spezifische genetische Untergruppe der Spezies Mensch darstellt, die evolutionär in irgendeiner Form hätte untergehen können, sondern eine Gruppe von Menschen, die sich besondere Priviliegien sicherten und diese auch über die Jahrhunderte aufrecht erhielten. Darüber hinaus war "der Adel" europaweit natürlich nicht mit der französischen Revolution abgeschafft. Auf diese folgte in Frnkreich die Restauration. In weiten Teilen Europas kam es erst nach dem ersten Weltkrieg zu einem entsprechenden Machtverlust des Adels. In Großbrittanien etwa hält sich "der Adel" noch heute, auch wenn ihm natürlich nicht mehr die Machtfülle zukommt. Und schließlich hat die französische Revolution ganz andere Gründe, die nichts damit zu tun haben, dass die Gruppe der Adligen eine geringere genetische Variabilität aufwiese (was sowieso erst noch zu beweisen wäre). Insofern also ist Deine These - selbst wenn Du sie gerade nicht geschichtswissenschaftlich begründen willst - nicht haltbar, muss sie sich doch immer an dem geschichtswissenschaftlichen Standard messen lassen. Ein gutes Werk zur französischen Revolution ist folgendes Buch, das ich Dir uneingeschränkt zur Lektüre empfehlen kann, falls Du Dich ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzen willst: Reichardt, Rolf, Das Blut der Freiheit. Französische Revolution und demokratische Kultur, Frankfurt aM 1999.
@InterestedDer Inzestparagraph in seiner aktuellen Fassung kommt bei Anklagen höchst selten eine eigenständige Bedeutung zu. In den Fällen von Kindesmissbrauch wird der mitverwirklichte Inzest nicht mitangeklagt. Für die Fälle, in denen der Kindesmissbrauch im Erwachsenenalter fortgesetzt wird und hier - aufgrund der Konditionierung - sich das jetzt erwachsene Kind nicht mehr zur Wehr setzt, würde es sich anbieten, den Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs auf solche Fälle auszudehnen. Dabei sollte dieser neue Straftatbestand so formuliert sein, dass er alle Fälle (nicht nur die Inzestfälle) solcher Konditionierung erfasst, die gegen den Willen des Opfers erfolgt(e), um die sexuellen Handlungen zu ermöglichen. Das ist aber - wie schon
@kleinundgrün schrieb - kein spezifisches Inzestproblem. Wenn man - was ich durchaus nachvollziehen kann - eine Vergewaltigung oder einen sexuellen Missbrauch innerhalb der Familie als besonders strafwürdig ansieht, kann man hier ja bei den entsprechenden Straftatbeständen eine Strafschärfung oder besondere Qualifikation für solche Fälle einführen. Diese müsste aber jedenfalls anders formuliert sein, als der bisherige Inzestparagraph.
Der einvernehmliche Inzest als solcher sollte hingegen straflos bleiben. Es handelt sich dabei um eine opferlose Straftat. Instruktiv hierzu ist die Stellungnahme des ehemaligen Vizepräsidenten des BVerfG Hassemer, die ich nur voll unterschreiben kann.
@praiseway@LesenundAtmen1. Der Inzestparagraph verbietet nicht das Zeugen von Kindern, sondern den Geschlechtsakt an sich. Kann das Paar keine Kinder bekommen (natürliche Unfruchtbarkeit, Sterilisation) oder verhütet das Paar effektiv und kommt es daher nicht zur Schwangerschaft, wäre der Akt an sich trotzdem strafbar. Insofern wäre das Inzestverbot in seiner jetztigen Form unverhältnismäßig im weiteren Sinne, weil es für die Erreichung des Ziels - die Nachkommen aus Inzestverbindungen zu verhindern - nicht erforderlich ist und auch Fälle erfasst, bei denen dies gerade gar nicht mehr möglich wäre.
2. Wie die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik in ihrer Stellungnahme zu dem Themenkomplex Eugenik und Inzest darstellt, sind eugenische Argumente generell für ein Inzestverbot nicht tragfähig (wobei Eugenik übrigens jede Einflussnahme zur Verbesserung des Genpools einer Population bedeutet und sich nicht etwa auf "Reinhaltung der Rasse" beschränkt). a) Nach der insofern gut nachvollziehbaren Argumentation der GfH haben etwaige Nachkommen aus Inzestverbindungen "keinen nennenswerten Einfluss auf die genetische Konstitution einer Population".
b) Konsequenterweise müsste man dann allen Paaren, bei denen ein erhöhtes Risiko für Erbschäden besteht, deren Fortpflanzung verbieten. Ein auf Inzestfälle beschränktes Verbot würde dem Gleichbehandlungsgebot zuwiderlaufen. Ich denke doch, dass hier niemand allen Ernstes entsprechende medizinisches Tests verpflichtend einführen will, bevor zwei Menschen einen Geschlechtsakt ausüben? Oder dass etwa Paaren, die bereits ein erbgutgeschädigtes Kind gezeugt haben, die weitere Fortpflanzung bzw. gar den Geschlechtsakt an sich verbieten wollen?
c) Eine derartiges Verbot läuft auch dem elementaren Grundwert unserer Verfassung und Gesellschaft zuwider, der hier leider weitgehend unbekannt zu sein scheint. Gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Dieser Grundsatz verbietet es, menschliches Leben als geringwertig einzustufen, etwa weil der Mensch behindert ist oder aber eine geringere genetisch Variabilität aufweisen würde.
Fazit: Das "genetische Vielfalt"-Argument ist weder geeignet das Inzestverbot in seiner aktuellen Form zu stützen, noch ein anders formuliertes allgemeines oder spezielles Fortpflanzungsverbot zu begründen.