@MisanMisan schrieb:Wie schätzt ihr den Wert eines Menschen ein?
Unterschiedlich, temporär und vor allem oft unbewusst. Hängt viel mit der persönlichen Lebenserfahrung und der Menschenkenntnis zusammen. Nach was soll man gehen, wenn nicht nach Äusserungen und Äusserlichkeiten?
Eigentlich gibt es nur ein Muster, nach dem ich Menschen bewusst bewerte: nach meinem Eindruck ihrer Philosophie des Bewertens. So scheint mir Einer
temporär minderwertig, wenn er der Menschlichkeit auf einer jener unsäglichen Weisen den Bankrott erklärt. Betonung auf "temporär", weil ich mir gar nicht erst angewöhnt hab, Menschen abzustempeln oder abzuschreiben und zudem dem schöngeistigen Glaube aufgesessen bin, dass jeden das trifft, was er verdient und jeder auf seine Weise vom Leben belohnt oder bestraft wird. Doch es ist wahr: manchen Leutz geh ich präventiv lieber aus dem Weg: es gibt eine gewisse projektive Geisteshaltung - besonders unter Betrunkenen oder Bekoksten, aber nicht nur: laut, aufspielend, verletzend, abfällig, streitlüsternd - mit der ich nicht harmonisiere und gegen die anzureden ich es leid bin. Jene sind für mich - ebenso temporär, aber halt länger andauernd - mit am minderwertigsten, gerade dadurch, dass sie sich so wichtig nehmen und anderen die Luft zum atmen rauben. Doch auch sie können eines Tages ganz anders sein. Um auf eine Linie mit Gesetz und Menschlichkeit zu kommen, sag ich mir immer: "Auch wenn Du sie grad nicht siehst - jeder hat seine Qualitäten." Oft genug begegnen einem Leute einfach auf dem falschen Fuß. Dieser temporäre Rahmen der Wertung hat auch viel mit meinen Launen und Prioritäten zu tun:
Auch wenn manche sich minderwertig und unterwürfig geben, in der Summe seiner indivuellen Ausgeprägtheit von Fähigkeiten und Eigenschaften ist jeder Mensch gleichwertig. "Wert" ist für mich kein vordergründig finanzieller Begriff und ich find das auch abfällig, den Wert eines Menschen anhand des Geldes zu messen. Geld ist eine Geste, mit der wir Wert bekunden, nicht umgekehrt.
Schon schlimm genug, dass wir das bei Tieren machen. Da brökelt bei manchen die Ethik. Bei Psychospielchen ertappt ziehen sie andere Leute mit ins Boot. Ohne die Kraft der Worte wären sie machtlos. Auch die immer wieder vor lauter Sinneseindrücken zurückzuerkämpfende Besinnung hat Einfluss auf die Wertung von Menschen.
cresting schrieb:Beziehungsweise wodurch bekommt ein Mensch Wert?
Für mich: Durch Tugenden. Gleichermaßen verliert er an Wert durch Untugenden, wie zum Beispiel der Herabwertung anderer.
Ich seh das so: Das Wertvollste, was ein Mensch tun kann, ist, einem anderen Menschen zu helfen. Fürsorge ist für mich die größte Tugend von allen.
Es gibt viele Dinge, die das Selbstwertgefühl steigern: getane Arbeit, gesunde Nahrung, schöne Blicke, Schönheit. Doch auch das ist alles temporär, je seltener, desto sehnlicher und wertvoller erscheint es.