Der Däne hat eine andere Kultur? Der Österreicher ist voller angestauter Aggressionen. Wusste ich es doch!
@Nahtern Aus der der kommunistischen Propaganda höchst unverdächtigen Unternehmer-Postille FAZ:
Arbeitsbedingungen auf Schlachthöfen Das billige Fleisch hat einen Preis
15.04.2013 · Rumänen, Ungarn oder Bulgaren zerlegen als Akkordarbeiter im Schichtbetrieb auf deutschen Schlachthöfen Putenteile am Fließband. Selbst Arbeitgeber setzen sich jetzt für einen Mindestlohn ein. Um weitere Negativschlagzeilen zu vermeiden.
Von Jan Grossarth, Vechta
Am Morgen verlässt der Rumäne den mit Betten dicht belegten Schlafraum, neun Stunden zerlegt er am Fließband Schweineköpfe, fünf, sechs Tage die Woche. Am Monatsende bleiben ihm wenige hundert Euro übrig, die schickt er der Familie in die Heimat, die er ein Mal im Jahr besucht. In Rumänien würde er im Monat nicht die Hälfte verdienen, wird er schließlich sagen, er sei sehr dankbar für diese Arbeit.
Die deutsche Fleischindustrie gerät wegen der Beschäftigung tausender Arbeiter aus Osteuropa zu nach hiesigem Empfinden miserablen Bedingungen gleichwohl zunehmend in die Kritik - politisch, medial, seitens der Nachbarstaaten. Denn jenseits von Mindestlohnregelungen arbeiten hierzulande Rumänen, Ungarn oder Bulgaren als Akkordarbeiter und tragen so das enorme Produktions- und Exportwachstum der Branche mit. Sie lebten in engen Unterkünften, etwa mit acht Mann in einem Vierbettzimmer - von denen dann vier tagsüber, vier in der Nachtschicht am Fließband Putenteile zerlegen. Diese Lebens- und Arbeitsbedingungen kritisiert mittlerweile nicht nur die Gewerkschaft NGG, sondern auch die rot-grüne Regierung des größten Fleischerzeugerlandes Niedersachsens, wie auch Teile der CDU. Viele Aussagen der Arbeiter zeigen deutliche Missstände. Die Arbeiter werden nicht von den Schlacht- oder Verarbeitungsunternehmen angestellt, sondern über Werkverträge von Subunternehmern. Gegen diese gibt es zahlreiche Vorwürfe.
„Moderne Sklaverei“
Zum Beispiel stehen, wie in nahezu allen großen Schlachthöfen der Republik, im Puten-Schlachthof Geestland in Wildeshausen, der zum PHW-Konzern (Wiesenhof) gehört, mehrere hundert Mitarbeiter im Schichtbetrieb an den Fließbändern. Der überwiegende Anteil sind Osteuropäer. Die leben, wie üblich in Großteilen der Branche, oft in erbärmlichen Unterkünften. Dagegen gingen jetzt erstmals Behörden vor: Der Landkreis Vechta überprüfte bis zum Freitag nach Worten eines Sprechers mehr als 120 Unterkünfte von insgesamt rund 1300 Arbeitern. An einem Hauseingang hätten allein 70 Namen gestanden. Für diejenigen Zimmer, in denen die hygienischen Bedingungen unzureichend waren, untersagte der Kreis die Nutzung - für rund 400 Schlafplätze. „Andere rechtliche Mittel haben wir nicht“, sagt der Sprecher.
Auch stellte der Landkreis erstmals Kriterien für die Unterbringung auf. Ähnliche Bemühungen unternehmen unter dem öffentlichen Druck andere Kommunen, in denen große Fleischfabrikanten angesiedelt sind, wie der Landkreis Emsland. Im Nordwesten bildeten sich auch ungewöhnliche Allianzen: Peter Kossen, ein Priester der katholischen Kirche in Vechta, tritt gemeinsam mit Grünen wie dem neuen Agrarminister in Hannover, Christian Meyer und Gewerkschaften als beharrlicher Kritiker der Arbeitsbedingungen auf. „Moderne Sklaverei“ nennt er sie. „Wir müssen eindeutig Widerstand leisten.“ Die Wohnverhältnisse, wie er sie selbst besichtigen konnte, sagt der Prälat Kossen, sein ihm nur aus der Schulzeit bekannt - aus Geschichtsbüchern über die Industrialisierung im 18. Jahrhundert.
Belgien kündigt Klage an
Die Arbeiter sind, anders als Saisonarbeiter etwa für die Spargelernte, manchmal Jahre in Deutschland beschäftigt. Ihre Arbeitgeber, die Subunternehmer, sind oft in Ungarn, Rumänien oder Bulgarien registriert. Dort werben sie die Arbeiter laut Medienberichten mit überzogenen Lohnversprechungen - von etwa 1500 Euro im Monat. Ausbezahlt werde später aber nur rund ein Viertel. Wer es wage, zu widersprechen, werde vor die Tür gesetzt. Vom mickrigen Verdienst würden dann zum Beispiel noch einmal 170 Euro für den Schlafplatz als Miete abgezogen. Auch von gar nicht ausbezahlten Löhnen ist die Rede. Zuletzt hatten Fernsehberichte die Lebensbedingungen von Gastarbeitern in Schlachthöfen der Konzerne Danish Crown und Vion geschildert: Arbeiter aus Ungarn hätten 10 bis 14 Stunden am Tag gearbeitet und dafür einen Lohn von 362 Euro für zwei Monate erhalten, berichtete das ZDF-Magazin „Frontal 21“. Die Arbeiter leben den Bildern zufolge in kasernenartigen Unterkünften. In der Kleinstadt Quakenbrück, hätte laut NDR ein Schlägertrupp einige Rumänen überfallen, die aus Protest in einen Streik hätten treten wollen.
Die Niedriglöhne der deutschen Fleischindustrie sind auch ein europäisches Politikum geworden. Vor wenigen Wochen war der belgische Wirtschaftsminister Johan Vande Lanotte in Vechta zu Gast und informierte sich bei Prälat Kossen über die Arbeitsrealitäten. Dann kündigte Belgien eine Anti-Dumping-Klage bei der EU-Kommission an. Denn belgische Schlachthöfe, die einen Mindestlohn von 12,88 Euro zahlen müssen, gerieten in Existenznot und hätten keine Chance im Wettbewerb. Nach Schätzungen der Gewerkschaft NGG erhalten die Werkvertragsarbeiter in Deutschland durchschnittlich 4 bis 5 Euro je Stunde. Die NGG ist nicht gut auf die Fleischbranche zu sprechen. Auch aus eigenem Interesse: Der Organisationsgrad ist extrem niedrig, und je weniger deutsche Beschäftige es gibt, desto schlechter die Aussichten.
Unternehmen fordern Mindestlohn
Deutschland profitiert als Standort für Schlachthöfe von Mindestlöhnen der Nachbarländer - und von den osteuropäischen Billigarbeitern. Jeder zweite Arbeiter von Tönnies, dem größten Schlachtkonzern, ist nach Angaben des Unternehmens über einen Werkvertrag mit Subunternehmen angestellt. Bei Danish Crown sind es sogar 75 Prozent, Vion hält sich bedeckt. „Bei durchschnittlich 8 bis 8,50 Euro“ lägen die Löhne, teilt Tönnies mit. „Zwischen „13 und 15 Euro pro Stunde“ zahle Danish Crown den Subunternehmern - wie viel diese an die Arbeiter weiterreichten, sei deren Sache. Auch der Konzern Vion beruft sich auf die „unternehmerische Freiheit“ seiner Vertragspartner. In der Fleischindustrie heißt es, ohne Auslagerung an Subunternehmer sei es nicht möglich, den harten Preiskampf im Lebensmittelhandel zu bestehen. In den vergangenen Jahren wurden Tausende Arbeitsplätze ausgelagert. Die Einhaltung von Arbeitsstandards sei Sache der Subunternehmer, lautet stets die Ausrede, wenn etwas nicht stimmt. Diese aber stehen sogar im Ruf der Nähe zur organisierten Kriminalität. Ein vor Jahren gerichtlich verurteilter Subunternehmer hatte über Schwarzgeldzahlungen an Arbeiter berichtet, die mithilfe von Rockerbanden abgewickelt wurden.
Das Geflecht der Eignerstrukturen dieser Firmen ist schwer durchschaubar. Der Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG in Oldenburg, Matthias Brümmer, sagt, es gebe Indizien dafür, dass Fleisch- oder Schlachtkonzerne selbst hinter den Subunternehmern stecken, und sei es über „Strohmänner“. Beweise aber habe er nicht. Nicht selten, so zeigten Recherchen der „Oldenburgischen Volkszeitung“, hätten etwa Subunternehmer und die Gesellschaft, die die Schrottwohnungen an die Arbeiter vermietet, identische Geschäftsführer - und ihre Firmenadresse in den Gebäuden eines großen Fleischkonzerns.
Die Zentren der Fleischindustrie im Norden Deutschlands oder in Nordrhein-Westfalen haben auch deswegen einen wirtschaftlichen Aufschwung hinter sich, weil es Unternehmen niedrigere Löhne zahlen können als in Nachbarländern. So wuchs in den vergangenen Jahren das dänische Unternehmen Danish Crown auch deswegen in Deutschland stark zum viertgrößten Schlachtkonzern, weil es in Dänemark allen Angestellten einen Mindestlohn zahlen muss. Dass ein solcher auch für die deutsche Schlachtbranche kommt, dafür sprechen sich selbst die großen Konzerne der Branche aus. Vion sei „seit Jahren für gesetzliche Mindestlöhne“, um die Negativschlagzeilen zu beenden. Auch Tönnies und Danish Crown befürworten die Idee.