Co-Abhängige Beziehung ???
10.09.2004 um 11:47
@ tofri
das mag bei einigen partnerschaften wahrscheinlich zu treffen. "ich habe ja was gemacht! ich bin ein guter mensch." aber man darf das ganze nicht so sehen, dass sich alle partnerschaften, in der eine co-abhängikeit entsteht, darauf aus sind, dass sich der jeweilige partner es sich so ausgesucht hat, damit er/sie sich besser fühlt und die karnkheit des partners braucht - für diese selbstwertdienlichen akte, wie du sie beschreibst.
oder habe ich etwas missverstanden?
co-abhängigkeit ist kein gutes verhalten, da gebe ich dir recht.
Co-Abhängigkeit
In Fachkreisen hat man hier den Begriff der Co-Abhängigkeit geprägt. Gemeint sind all jene typischen Verhaltensweisen von Bezugspersonen des Alkoholkranken, die damit die süchtige Fehlhaltung unterstützen und eine rechtzeitige Behandlung verhindern. Menschen, die mit Suchtkranken zusammenleben, werden durch das Verhalten des Süchtigen, sowie dessen Konsequenzen mitbetroffen, beeinträchtigt und gekränkt, ohne zu wissen, was sie anders machen könnten. Angehörige versuchen meistens allein ihre Lebenssituation zu bewältigen und soviel Kontrolle wie möglich über diese chaotische Situation zu gewinnen. Das bedeutet gleichzeitig, dass dem Abhängigen Verantwortung abgenommen wird.
Suchtförderndes Verhalten von Partnern, Eltern oder anderen erwachsenen Bezugspersonen kann sehr unterschiedlich aussehen und letztendlich ist es dabei unerheblich welches Suchtmittel missbraucht wird - ob es sich um Alkohol oder eine andere Droge handelt. Heute kennt man mehrere typische Verhaltensstile, die von einer Co-Abhängigen Person praktiziert werden:
* Vermeiden und beschützen: Der Abhängige wird davor bewahrt, die volle Tragweite der schädlichen Konsequenzen des Suchtmittelkonsums zu spüren.
* Kontrolle: Der Co-Abhängige übernimmt die Kontrolle über den Suchtmittelkonsum des Abhängigen.
* Der Co-Abhängige übernimmt zunehmend die persönlichen Verantwortlichkeiten des Abhängigen, seien dies Tätigkeiten im Haushalt oder am Arbeitsplatz.
* Rationalisieren und Akzeptieren: Verhaltensweisen des Co-Abhängigen, mit denen er den Suchtmittelmissbrauch erklärt und rechtfertigt oder gar akzeptiert.
* Unterstützung und Beteiligung des Co-Abhängigen bei der Beschaffung, der Zubereitung und dem Gebrauch des Suchtmittels.
* Retten und sich dem Abhängigen nützlich machen: Der Abhängige wird übermäßig beschützt.
Im allgemeinen wird die Co-Abhängige Rolle von der Person übernommen, die dem Abhängigen emotional am nächsten steht. In einer Familie handelt es sich dabei oft um den Partner bzw. die Ehefrau/ den Ehemann. Diese Rolle kann aber auch von einem Freund, einer Freundin, anderen Angehörigen und sogar vom ältesten Kind übernommen werden.
Ist ein Kind abhängig, so übernimmt meistens ein Elternteil die aktive Unterstützung der Sucht - eben jener Elternteil, der sich dem Kind gefühlsmäßig besonders verbunden fühlt, es können aber durchaus auch beide Eltern sein.
Entwicklungsschritte in die Co-Abhängigkeit
Die Entwicklung eines Verhaltens des Partners oder eines Elternteils, das die Sucht unterstützt, beginnt zunächst kaum wahrnehmbar - so wie die Abhängigkeit selbst. Wie der anfängliche Alkoholgenuss eines Alkoholikers zunehmend in Betrunkenheit endet, kann der Co-Abhängige sich immer häufiger dabei beobachten, wie er anderen Angehörigen oder Freunden gegenüber Erklärungen und Entschuldigungen hierfür abgibt. Ein entscheidender Schritt zur Übernahme der Co-Abhängigen Rolle ist dann getan, wenn "beschlossen" wird, irgendeine der Verantwortlichkeiten des Abhängigen selbst zu übernehmen - auch wenn diese Entscheidung nicht bewusst getroffen wird, sondern wie automatisch, aus dem Empfinden heraus gehandelt wird, jetzt selbst die Verantwortung übernehmen zu müssen.
Obwohl der Co-Abhängige noch nicht realisiert, dass er es mit Sucht zu tun hat, so wird deutlich, dass der Abhängige immer unzuverlässiger wird. Wenn das Zusammenleben weiterhin funktionieren soll, ist es besser, wenn er selbst sich um immer mehr Dinge kümmert und über alle anderen Pflichten hinaus schließlich die meisten familiären Entscheidungen alleine trifft. Die Co-Abhängige Person kümmert sich um die Kinder, das Auto, die Reparaturen im Haushalt, die Kleidung, usw. - sie befreit damit den Alkoholiker von der Last, sich um seine Pflichten in diesen Bereichen zu kümmern. Gleichzeitig erspart sie ihm die Konsequenzen, die seine Unzuverlässigkeit ohne ihre Hilfs- und Rettungsaktionen nach sich zöge. Darüber hinaus bemüht sich der Co-Abhängige dem Abhängigen alle Probleme aus dem Weg zu räumen, die eventuell einen weiteren Konsum provozieren könnten. Tatsächlich wird jedoch durch diese überverantwortliche Haltung eine Situation hergestellt, in welcher es keinerlei Grund für den Abhängigen gibt, seinen Konsum einzustellen. Es werden wichtige Krisen verhindert, die dazu führen könnten, den Abhängigen zu einer Änderung seines Verhaltens zu bewegen.
Co-Abhängige Menschen verbrauchen ihre Kräfte bis zur Erschöpfung, haben nur wenig Zeit für ihre persönlichen Bedürfnisse und sind mit einer Vielfalt von Sorgen und Problemen belastet. Trotz der Anstrengungen und Bemühungen scheinen all die Dinge, die das Leben lebenswert machen, immer weniger zu werden. In Familien von drogenabhängigen Jugendlichen ist besonders das Selbstwertgefühl der Eltern bedroht, da ihnen Versagen in der Erziehung vorgeworfen wird. Dieser Druck betrifft zwar theoretisch beide Elternteile, in der Praxis wird er häufig nur von den Müttern wahrgenommen.
Schließlich erreicht die Co-Abhängige Person die kritische Phase. An einem bestimmten Punkt, meistens nach vielen Jahren des Leidens, müssten die persönlichen Bedürfnisse und Interessen vollständig aufgegeben werden, wenn die Versorgung des Suchtkranken weiterhin gewährleistet werden soll, so wie es erforderlich erscheint. Die Erschöpfung ist inzwischen groß und die Selbstzweifel wachsen. Obwohl der Co-Abhängige die ganze Energie, Zeit und Aufmerksamkeit darauf verwendet hat, die Familie in Ordnung zu halten, ist tatsächlich nichts in Ordnung, und er fragt sich, warum dies so ist. Die meisten Menschen, die Sucht eines anderen unterstützen, suchen leider erst in diesem Stadium ihrer Co-Abhängigkeit professionelle Hilfe ( z.B bei Beratungsstellen oder in Selbsthilfegruppen ).
~~*"Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen." (Winston Churchill)*~~