kleinundgrün schrieb:Aber die frage ist eben, wie vorwerfbar kann eine solche Tat sein. Man kann eben Maßstäbe, die für einen Erwachsenen gelten, nicht unbeschränkt "herunter rechnen". Irgend wann kommst Du zu einem Punkt, da überwiegt das generelle Kindswohl und es greift ein allgemeiner und nicht aushebelbarer Schutz. Das mag im Einzelfall und isoliert betrachtet ungerecht sein, aber dieses Prinzip muss man gesamtgesellschaftlich betrachten. Mache ich mehr kaputt, wenn ich zu Unrecht (weil ich mich bei der Beurteilung eines Kindes irre) ein Kind bestrafe oder mache ich mehr kaputt, wenn ich ein Kin, das eigentlich reif genug wäre, nicht bestrafe. Ich muss eben eine solche absolute Entscheidung treffen.
Und diese Dinge gibt es an vielen Stellen. "In dubio pro reo" geht in diese Richtung.
Ob etwas vorwerfbar ist, da gibt es natürlich 2 Seiten der Medaille, nämlich die moralische und die rechtliche Vorwerfbarkeit. Nimmt man jetzt den Einzelfall her, wo es zwar keine rechtliche Strafe gibt, sehrwohl aber einen merkbaren sozialen bzw gesellschaftlichen Schaden (nichts ist mehr wie es war, ein Leben zuhause bei den Eltern wird zumindest vorerst nicht mehr möglich sein, alle Freunde sind zwangsläufig weg, der Wohnort muss zwangsläufig gewechselt werden) - das alles ist irgendwo auch eine Bestrafung, und zwar eine wohl völlig ausreichende. Den Rest müssen und werden ohnehin die Psychologen in die Hand nehmen.
Nach diesem Gedankengang dürften 14 oder 15-jährige ebenfalls nicht strafbar sein, sind sie aber und das nicht ohne Grund.
kleinundgrün schrieb:Du verkennst hierbei, das z.B. das Risiko, dass der Vater ein viel größeres Risiko generiert, sich hinsichtlich der Täterschaft zu irren und den Falschen halb tot zu prügeln. Allein das verbietet eine solche Handhabung.
Das Gericht kann sich genau so hinsichtlich der Täterschaft irren, wenn mich nicht alles täuscht wurden in den USA schon Unschuldige hingerichtet. Aber klar, das sollte natürlich auch nicht passieren. Die Täterschaft muss zweifelsfrei geklärt sein. Wobei wir da in einen sehr komplizierten Bereich kommen, wo sich 2 Punkte für die ich eigentlich einstehe als schwer vereinbar erweisen: Habe ich jetzt einen potenziellen Täter, der auch als gefährlich einzustufen ist, und mir fehlt aber der absolute Beweis für die Täterschaft bin ich in einer Sackgasse. Entweder ich riskiere es, einen Schuldigen freizulassen und riskiere damit weitere Taten, oder ich riskiere, einen Unschuldigen für eine Tat zu bestrafen die er nicht begangen hat. Beides sind Dinge die absolut nicht passieren dürfen, aber es ist eben oft schwierig und für uns die wir in diversen Internets diskutieren als Außenstehende, leicht mal etwas gesagt was in der Praxis in Wahrheit schwer umsetzbar ist.
kleinundgrün schrieb:Absolut. Aber dazu gehört auch, dass Täter nicht übermäßig bestraft werden, sondern angemessen. Auch Täter sind Teil der Allgemeinheit.
Natürlich sind sie das, und ich bin auch keiner der Menschen abstempelt die irgendwann in ihrem Leben eine Straftat begangen haben, eine Resozialisierung ist immer möglich und da ist vor allem bei Gewalt und/oder Tötungsdelikten das Motiv zu betrachten - tötet einer im Affekt aus Rache oder weil er die Kontrolle verloren hat, ist hier die künftige Gefahr sicher geringer als bei zB einem Sexualdelikt oder um irgendwelche anderen Bedürfnisse zu befriedigen.
kleinundgrün schrieb:Natürlich geht von ihnen eine Gefahr aus. Sie könnten es wieder tun.
Stell Dir vor, Steuerhinterziehung im großen Maßstab würde nicht bekämpft werden, dann würde es Dir irgendwann auch weh tun. Spätestens wenn das Krankenhaus zu macht, weil es keine öffentlichen Gelder mehr gibt und Du einen Herzinfarkt hast. Du beziehst in Deine Überlegungen vornehmlich unmittelbare körperliche Schäden ein - aber mittelbare Auswirkungen können genauso relevant werden.
Davon wird der Staat schon nicht eingehen und Krankenhäuser schließen müssen
;) Ich heiße es natürlich nicht gut, um das auch gesagt zu haben und eine Bestrafung muss hier auch sein. In Wahrheit haben wir aber zumindest in Österreich eine Gesetzeslage, nach der ein Steuerhinterzieher oder Internet-Betrüger für längere Zeit einsitzt, während Vergewaltiger teilweise wegkommen ohne jemals eine Nacht in einer JVA verbracht zu haben, durch Bewährung, Fußfesseln und dergleichen. Das steht in keiner Relation zueinander.
kleinundgrün schrieb:Man kann halt keine 100%ige Sicherheit gewährleisten. Nirgends. Man kann immer nur Prognosen mit einer gewissen Fehlerwahrscheinlichkeit ab geben.
Das kann man in der Tat nicht. Was man aber kann, ist vermeidbare Taten zu verhindern. Wenn jemand zum Wiederholungstäter wird dann müssen auch nicht die Ärzte, Richter und Anwälte die sich für eine Entlassung aussprechen, die Rechnung dafür bezahlen sondern unschuldige Opfer und deren Angehörige.
kleinundgrün schrieb:Wie viel ist denn "viel zu oft"? Wie viele erfolgreiche Resozialisierungen stehen dem denn gegenüber?
Für eine solche Feststellung muss man die Gesamtsituation betrachten. Leider sind uns aber die Fälle, in denen so etwas schief geht, viel geläufiger, so dass wir vor allem diese Fälle sehen.
Wenn es ein einziges Mal passiert, ist es schon zu oft. Aber auch hier nochmal: Es ist natürlich in der Theorie leichter dahergeredet als es praktisch de facto umzusetzen ist.
kleinundgrün schrieb:In solchen Fällen finden Therapien doch statt? Wenn so etwas passiert, ist das doch ein starkes Indiz, dass psychologisch etwas sehr schief läuft und dann wird darauf doch reagiert?
Natürlich muss irgendwas schief laufen, wenn man derart die Kontrolle verliert, einfach so passiert das ja nicht, egal in welchem Alter. Aber es war etwas unglücklich formuliert von mir: Das sollte auf den aktuellen Fall bezogen sein. Es gibt schon auch andere Fälle in dem Alter, zB Mobbing-Delikte und dergleichen, wo ich aber nicht mit einem Fingerzeig auskomme, da muss es durchaus auch eine "Strafe" als solche geben. Natürlich verhältnismäßig. Man könnte hier ja auch Kreativität beweisen, eine Strafe muss nicht zwangsläufig hart sein.
kleinundgrün schrieb:Nur um das klar zu stellen, ich bin kein Vertreter irgendwelcher "Kuschelkurse" für Täter. Wer sich außerhalb der Rechtsordnung bewegt, muss bestraft werden. Und zwar, um ihn zurück auf die Spur zu bringen; um andere abzuhalten, es nachzumachen und um Betroffenen und der Allgemeinheit Genugtuung zu verschaffen (bei Interesse: Wikipedia: Strafzwecktheorie )
Die Kuschelkurse die haben wir ja schon - sofern in Deutschland die Gesetze ähnlich ausgelegt sind wie in Österreich. Hierzu ist zu sagen - auch ein zu erwartendes Strafmaß KANN abschreckend sein (MUSS natürlich aber nicht).
kleinundgrün schrieb:Genau.
Stand jetzt ist die Entscheidung: "Bis zum Alter von 14 Jahren schütze ich Kinder unter allen Umständen vor dem Risiko einer falschen Verurteilung".
Das kann man sicher diskutieren.
Jeder Mensch muss vor einer falschen Verurteilung geschützt werden.
Kc schrieb:Klauen soll man also bis 14 Jahre noch dürfen? Wie ist es mit Sachbeschädigungen, Beleidigungen...?
Soll man natürlich nicht dürfen, nicht mit 14, auch nicht mit 10. Die Frage ist jetzt aber wie ich ein entsprechendes Vergehen sanktioniere, und ob ich in wegen jeder Kleinigkeit ein Gericht brauche.
Kc schrieb:Sie können zwar rein vom Prinzip her die Folgen oft abschätzen, aber handeln nicht notwendigerweise danach, wie es Erwachsene tun.
wie es Erwachsene tun? Diese Aussage würde ich überdenken. Wir haben jetzt die Situation, sie sind grundsätzlich alt genug um zu wissen wann etwas richtig oder falsch ist aber sie handeln nicht zwangsläufig danach. Da sehe ich jetzt keinen Unterschied zu erwachsenen Straftätern. Einzig die "Motive" werden andere sein aber da muss ich sowieso immer differenzieren ob einem die Sicherungen durchbrennen oder ob einer vorsätzlich handelt.