@yoyoyoyo schrieb am 31.07.2009:Empathie ist dem Menschen angeboren, Stichwort Spiegelneuronen.
So ist es.
yoyo schrieb am 31.07.2009:Selbst "kalte" Menschen registrieren wohl durchaus die Gefühle anderer, sie reagieren nur nicht angemessen darauf.
Nun, jain.
Jeder neurologisch nicht gestörte Mensch nimmt über die "emotionale Ansteckung" (Spiegelneuronen) die Emotionen anderer wahr und projiziert diese auf das eigene Gefühlsleben. Dieser Vorgang lässt sich bewusst unterdrücken.
Allerdings gibt es da eine Grenze, denn bevor das Bewusstsein überhaupt wahrnimmt, dass der Gegenüber eine Emotion zeigt, hat das Unbewusste bereits eine Reaktion eingeleitet, die maximal gebremst werden kann (auch wenn sich das in der Realität dann maximal in Sekundenbruchteilen einer eigenen Emotion äußert).
Das heißt beispielsweise, dass es Menschen mit gesundem "sozialen Gehirn" unmöglich ist, effektiv zu lügen, wenn sie einem Menschen gegenüber stehen, der empathisch auf Zack ist (eine Fähigkeit, die sich übrigens mit gezielten Übungen trainieren lässt, was auch wissenschaftlich belegt ist).
So viel jetzt zum bewussten Unterdrücken.
Dann gibt es da noch das unbewusste Unterdrücken der Empathie, welches vielleicht auf die "kalten" Menschen, von denen Du sprichst, zutrifft. Dieses Unterdrücken hat nichts mit Unmenschlichkeit oder mangelder Empathie zu tun, es folgert einfach daraus, dass der Gegenüber nur als Objekt gesehen wird. Das hört sich jetzt vielleicht hart an, ist aber gar nicht so unüblich. Oft ist es in unserem Alltag einfach nicht erwünscht, mit diversen anderen Personen zu persönlich zu werden, also werden sie sozusagen "als Mittel zum Zweck", als Maschine gesehen. Das trifft zum Beispiel auf den unbekannten Verkäufer im Supermarkt oder die Kellnerin im Restaurant zu, zu denen eine emotionale Verbundenheit in diesem Momente unerwünscht wäre.
Das Plural dieses Effektes ist allerdings (in verstärkter Form, denn in schwacher ist es IMMER vorhanden, ob man es war haben will oder nicht) weniger lustig, da es zu großen Gruppierungen führt ("Wir und die anderen", "Wir Deutschen, die Amerikaner", usw.), welche gerade uns Deutschen bekannt sein sollte
;)Wir folgern also, dass jene "Kalten", sofern keine neurologische Störung vorliegt, entweder bewusst ihre Emotionen vertuschen oder einfach aufgrund der Situation und formalen Distanz "kalt" wirken, auch wenn das ihrem Charakter nicht entsprechen möge.
Im letzteren Falle sei aber zu bedenken, dass sie, yoyo, die Gefühle anderer hier auch nur bedingt registrieren, größtenteils rational, was nicht zu irgendeiner emotionalen Reaktion führt.
@spinspin schrieb:Sehe ich leider nicht so. Es gibt so viele Menschen die sich überhaupt nicht in andere reinversetzen können. Solche Menschen sind oft egoistisch und kaum tollerant.
Habe ich wirklich schon oft erlebt.
Das ist falsch.
Ich möchte hier nochmal auf das oben ausgeführte hinweisen.
Die Empathie ist uns Menschen grundlegen gegeben. Durch falsche Erziehung bzw. eine sozial isolierte Kindheit oder neurologische Störungen lassen sich die empathischen Fähigkeiten einschränken, stark ebeinträchtigen - doch davon gehen wir nicht aus, vor allem nicht, wenn Du von "so vielen" Menschen sprichst.
Dass die Empathie generell den Menschen gegeben ist, ist ein biologisches Faktum, und das ist absolut indiskutabel.
spin schrieb:Und Hass kann es eigendlich auch nicht sein, denn jeder Hass verfliegt, finde ich, sobald man sich in den anderen hineinversetzen kann.
Nun, ist hier auch so eine Sache.
Je nachdem, wie der Hass der Person gegenüber geschaffen ist, will man die Person vielleicht gar nicht mehr als "Du", sondern als "Es" sehen. Dadurch wird die Empathie dieser Person gegenüber einfach ausgeblendet.
Hohe Empathie setzt wohl eher ebim entstehen des Hasses ein, kann aber auch nicht jeglcihen Hass einfach wegblenden. Dies kommt, wie gesagt, ganz darauf an, wie dieser geschaffen ist und inwiefern man diesen subjektiv nachvollziehen kann.
Die Menschen, die mit Absicht "böse" manipulieren bilden sich vieleicht ja nur ein, empathisch zu sein. Vieleicht denken sie ja zu WISSEN wie sich der andere ungefähr fühlt, aber FÜHLEN es nicht.
Haargenau.
(Siehe mein Kommentar zu KicherErbse)
spin schrieb:Vieleicht irre ich mich auch, und es gibt wirklich Menschen denen einfach die Urliebe zur Welt fehlt.
Aber ich verstehe nicht, wie soetwas sein kann. Denn durch starke Empathie versteht man den Hintergrund hinter all den Taten der Menschen, und dann kann man eigentlich nicht mehr Hassen.
Falsche, sozial isolierte und unempathische Erziehung (selbstverständlich selten auch einfach neurologische Defekte) führen einfach dazu, dass die Fertigkeit zur Empathie fehlt (siehe Autismus). Dadurch ist das soziale Leben stark beeinträchtigt.
Es ist auch möglich, Gefühle rational zu deuten. Dies ist allerdings weniger effizient, kann aber auch egoistisch ausgenutzt werden (was selbstverständlich nicht immer der Fall ist). Wenn Menschen dadurch stark genug gestört sind, dann ist es ihnen unmöglich, eine "Urliebe zur Welt" zu empfinden und es ist ihnen wahrhscheinlich nahezuunmöglich, das jemals zu ändern (da die Prägung des sozialen Gehirn meist bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahr anhält und zu diesem Zeitpunkt verkümmerte Neuronen desselben sich im Laufe des Lebens nur schwer neubilden lassen).
spin schrieb:Sie können nichts für ihren Egoismus.
Jeder Mensch ist egoistisch.
Die Frage, inwiefern sich dieser äußert, ist weniger eine Frage der Empathiefähigkeit als eine, wie gut die Moral es geschafft hat, den Egoismus zu unterdrücken.
Dennoch möchte ich nicht ableugnen, dass Empathie den Egosimus ebenfalls hemmt.
Das kann man auch sehr egoistisch erklären;
Durch Empathie nimmt man die Emotionen des anderen wahr, diese werden auf den eigenen Organismus übertragen. Leidet der andere, so leidet man selbst. So bringt es auch eigenes Wohl, das Leid des anderen zu beseitigen.
@KicherErbseKicherErbse schrieb:Egoistisch und intolerant kann man aber doch ebenso gut sein, wenn man ein empathischer Mensch ist.
Heisst doch nichts weiter, als das man halt ein sensibleres Gespür für die Gefühle anderer hat.
Das muss ja nicht zugleich eine positive Wirkung auf den jeweiligen Charakter haben.
Da Empathie Dich in gewisser Weise dazu forciert, die wahrgenommene Emotion auf Dich selbst zu projizieren, würde ich das nicht so ausführen.
Menschen, von denen Du hier sprichst, gibt es auch, dies allerdings sind meist empathsich-gestörte Menschen, die die Emotionen rein rational deuten müssen (solche Menschen lassen sich übrigens gut als solche entlarven; wenn man sie in ungeahnte, unübliche Situationen, die einer emotionalen Lösung bedürften, bringt, so brauchen sie ziemlich lange - auffälig lange, um diese Lösung rational zu erbringen, da das Rationale sehr viel länger braucht als das Emotionale, um bei Emotionen mitzuhalten).
Diese Leute können die Emotionen anderer dann gut deuten (erfahrungsgemäß, nicht empathisch) und dann auch unempathisch handeln.
Beinahe ironisch, dass diese Fertigkeit gerade auf der mangelnden Empathie beruht.
Ohje, jetzt habe ich einen etwas längeren Text schreiben.
Ich hoffe dennoch, dass es mir gelungen ist, Euch die Mechanismen der Empathie mal aus neurologischer und psychologischer Sciht näherzubringen
;)