Stimmen im Kopf zu hören ist normal
15.01.2010 um 11:57
Verschiedene Sichtweisen von Stimmen hören
Stimmenhören ist eine besondere menschliche Wahrnehmungsform, die zwar Leiden hervorrufen kann, unter günstigen individuellen und sozialen Voraussetzungen aber das Leben bereichern kann. Leider wird Stimmenhören heutzutage vor allem als Symptom psychischer Krankheit betrachtet und Stimmenhörerinnen werden als Verrückte stigmatisiert. Im Gegensatz dazu ist es in anderen Kulturen und war es in der Vergangenheit unserer westlichen Kultur anerkannt, dass viele Personen, die Außergewöhnliches leisteten, Stimmen hörten: z. B. Sokrates, Mohammed, Jeanne d’Arc, Theresa v. Avila, Hildegard von Bingen. Es kommt bisweilen vor, dass Trauernde die Stimme eines verstorbenen Angehörigen hören. Auch Menschen, die lange isoliert sind, wie z.B. Weltumsegler, Isolationshäftlinge und Menschen mit traumatischen Erfahrungen hören häufig Stimmen.
Wenn eine/r Stimmen hört, heißt das also nicht zwangsläufig, dass er oder sie psychisch krank ist. Forschungen über das Vorkommen von Stimmenhören belegen, dass viele StimmenhörerInnen deswegen keine psychischen Probleme haben.
Die Untersuchungen von Romme und MitarbeiterInnen zeigen, dass jene StimmenhörerInnen, die psychiatrische Unterstützung beanspruchen mussten, die Stimmen besonders negativ und bedrohlich erlebten, sodass ihr Alltagsleben erheblich gestört wurde. Sie fühlten sich den Stimmen gegenüber hilflos. Manche Menschen, die von PsychiaterInnen als psychotisch oder Schizophren bezeichnet werden hören Stimmen. Die Behandlung mit Psychopharmaka bringt für einige Erleichterung, andere leiden trotz der Medikamentenbehandlung weiterhin unter den Stimmen.
Drei Phasen des Stimmenhörens
Die Stimmen können unterschiedlich häufig auftreten, haben ganz verschiedene Charaktere, können flüstern und schreien, drohen und herabsetzen.... Sie treten einzeln auf, reden durcheinander oder im Chor. Manchmal sind sie bekannt, haben einen Eigennamen, manchmal sind sie vage und flüchtig . Auch die Inhalte, über die geredet wird, unterscheiden sich sehr.
Trotz der Vielfalt der Erfahrungen gibt es auch Gemeinsamkeiten, wie Stimmen erlebt werden und wie die betroffenen Personen darauf reagieren.
1. Erschrecken
Die meisten Betroffenen beschreiben den Beginn des Stimmenhörens als plötzliches, erschreckendes und beängstigendes Erlebnis und können sich genau erinnern, wann sie zum ersten Mal eine Stimme gehört haben. Das Alter, in dem zum ersten Mal Stimmen auftraten, ist ganz verschieden. Die Intensität des Erschreckens ist in der Adoleszenz am größten. Verglichen damit ist die Verstörung geringer, wenn man als Kind oder als Erwachsener Stimmen hört.
Stimmen werden häufig von traumatischen oder emotional belastenden Ereignissen wie Unfällen, Scheidung, Todesfällen, Krankheiten ausgelöst.
Manche betroffenen Menschen betrachten die Stimmen als hilfreich; sie rufen ein Gefühl der Vertrautheit hervor. Für diese Menschen steht fest, dass die Stimmen sie bestärken und ihr Selbstwertgefühl heben. Die Stimmen werden als positiver und verständlicher Aspekt des eigenen Ich erlebt.
Andere erleben die Stimmen von Anfang an als aggressiv und negativ. Für diese Menschen sind die Stimmen feindliche Kräfte, sie akzeptieren sie nicht als Teil ihrer selbst. Sie leiden unter den negativen Stimmen, die sie ins geistige Chaos stürzen können und sie so in Anspruch nehmen, dass die Beziehungen zur Außenwelt schwer gestört werden. Vor allem Menschen mit psychischen Problemen erleben die Stimmen oft als so bedrohlich, dass sie dadurch sehr verwirrt werden.
Manche StimmenhörerInnen können anfangs nicht über ihre Erfahrungen sprechen. Manchmal verbieten ihnen das die Stimmen oder die StimmenhörerInnen befürchten, dass durch die Mitteilung die Stimmen verstärkt würden, und schweigen deshalb. Viele befürchten auch, als wahnsinnig abgestempelt zu werden, wenn sie zugeben, dass sie Stimmen hören.
In dieser Phase ist es wichtig, die StimmenhörerInnen darin zu unterstützen, dass sie Kontrolle über ihre Stimmen ausüben können und sich von ihnen distanzieren können.
2. Wege suchen, mit den Stimmen auszukommen
Nachdem sich die StimmenhörerInnen an die Stimmen gewöhnt haben, ist es möglich, Erklärungen und Wege zu suchen, um besser mit den Stimmen zu leben. Verschiedene Formen von Psychotherapie und auch Selbsthilfegruppen können in dieser Phase sehr hilfreich sein.
Wer Stimmen hört, wird oft so verwirrt, dass er/sie ihnen entfliehen möchte. Will man sich mit den Stimmen arrangieren, dann erfordert das eine bewusste Akzeptanz, d.h. ich stelle mich der Tatsache, dass ich Stimmen höre und dass sie zu mir gehören, auch wenn ich nicht mit ihrem Inhalt einverstanden bin.
Wie StimmenhörerInnen berichten, ist es hilfreich, die als positiv empfundenen Stimmen auszuwählen, nur ihnen zuzuhören, zu antworten und sie zu verstehen versuchen. Man kann aber auch den Kontakt mit den Stimmen eingrenzen und strukturieren, z.B. den Stimmen nur zu einer festgesetzten Zeit zuhören.
Man kann in dieser Phase ganz verschieden reagieren:
die Stimmen überhören
selektiv hören, d.h. sich entscheiden, nur auf bestimmte Stimmen zu hören
aktiv in den Dialog mit den Stimmen treten
sich mit den Stimmen regelrecht verabreden.
Wie aber verhält man sich gegenüber Stimmen, die einem unfreundlich gesonnen sind, die einen schlechtmachen und schmähen oder sich in die Gedanken einmischen, schädliche Ratschläge geben und zu unklugen Taten anregen?
Als Erstes muss man sich klar machen, dass man dieser Stimme, obwohl sie ins Bewusstsein dringt, nicht blindlings folgen muss. StimmenhörerInnen haben, wie alle anderen Menschen, ein Recht auf Selbstbestimmung, und auf diesem Recht können sie auch den Stimmen gegenüber bestehen.
3. Psychische Stabilität und Selbstbewusstsein erreichen
Es ist möglich, in positiver Weise mit den Stimmen umzugehen und seelisches Gleichgewicht zu finden. Die Betroffenen entscheiden, ob sie den Stimmen gehorchen oder lieber eigene Ideen und Vorhaben verwirklichen. Die StimmenhörerInnen haben mehr Kontrolle über die Stimmen erlernt und können die Stimmen mit ihrer Lebensgeschichte in Verbindung bringen.
In diesem Stadium der inneren Ausgeglichenheit betrachten die betroffenen Menschen ihre Stimmen als Teil ihres Selbst und ihres Lebens: "Ich höre Stimmen, kann damit leben und mich vielleicht sogar darüber freuen. Ich lasse mich nicht mehr von den Stimmen beherrschen, sondern beherrsche sie."
Damit ist die Grundlage dafür geschaffen, an der Lösung von Alltagsproblemen zu arbeiten und sich ein Leben nach eigenen Wünschen aufzubauen.
Habe dies Schreiben aus dem Netz, Verfasser unbekannt....
finde es aber als gelungene Hilfestellung allgemein.