Fleischskandal
20.11.2005 um 18:07
"Veterinär kommt, alles wegpacken"
Die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen einen Betrieb bei Cloppenburg, der fauliges Geflügelfleisch verkauft haben soll. Jetzt wurden die verdächtigen Lebensmittel ins Labor geschickt. Ergebnis: Von 20 untersuchten Proben waren sieben verdorben und ungenießbar.
Oldenburg/Cloppenburg - Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg werde aber noch weitere Proben analysieren, sagte eine Sprecherin. Zum Stand des Ermittlungsverfahrens gegen den Fleisch verarbeitenden Betrieb will die Staatsanwaltschaft erst am Donnerstag Stellung nehmen.
Der dritte große Fleischskandal in Deutschland in diesem Jahr löste eine Diskussion über schärfere Kontrollen aus. Der Verband der Lebensmittelkontrolleure verlangte den Aufbau eines bundesweit einheitlichen Verbraucherschutzes. "Einige Länder kontrollieren nur 30 Prozent ihrer Betriebe, weil zu wenig Personal da ist", hatte der Verbandsvorsitzende Hans-Henning Viedt beklagt. Die SPD-Fraktion im Landtag in Hannover forderte, die Lebensmittelkontrollen massiv auszuweiten. "Anders ist der Fleischmafia nicht beizukommen."
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges und des Verstoßes gegen Lebensmittelgesetze gegen einen 45 Jahre alten Unternehmer. Er soll verdorbenes Fleisch verkauft haben, das auch bis auf den Tisch der Verbraucher gelangt ist.
In seiner Betriebsstätte in Lastrup, die im Wesentlichen als Lager diente, haben die Behörden rund 20 Tonnen Geflügelfleisch beschlagnahmt. Das Lager wurde inzwischen geschlossen. Der eigentliche Betrieb im wenige Kilometer entfernten Lindern arbeitet nach Angaben des Landkreises Cloppenburg weiter, steht aber unter verschärfter Kontrolle der Behörden. Der Sprecher des Verbraucherschutzministeriums in Hannover, Dominik Meyer, hatte gesagt, in den Betrieben müsse es "ein richtiges Warnsystem" gegeben haben, nach dem Motto: "Ein Veterinär kommt, alles wegpacken."
Lebensmittelskandal
„Das Fleisch stank zum Himmel”
05. November 2005 Der Fleischskandal in Niedersachsen scheint größere Ausmaße anzunehmen als bisher bekannt. Ein Sprecher des Agrarministeriums sagte am Samstag, „man kann davon ausgehen, daß das Prinzip schon länger läuft”. Es sei nicht unwahrscheinlich, daß Fleisch in den Handel gelangt sei.
In mehreren Bundesländern haben die Ermittler insgesamt 15 bis 20 fleischverarbeitende Betriebe durchsucht. Bei der Firma Lastrup wurden 20 Tonnen möglicherweise verdorbenes Geflügelfleisch sowie Unterlagen und Computer beschlagnahmt. Bundesverbraucherminister Jürgen Trittin (Grüne) verlangte vom Land Niedersachsen, den Vorfall möglichst schnell aufzuklären.
Schweigen aus Angst vor Kündigung
Vorerst stillgelegt: Der Fleisch-Betrieb in Lastrup
Ob eine Gesundheitsgefährdung von dem Fleisch aus dem Lastruper Betrieb ausgeht, will das Ministerium in Hannover am Montag bekanntgeben. Dann sollen im Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg die Ergebnisse untersuchter Fleischproben vorliegen.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) sei Anfang des Jahres von zwei Mitarbeitern über solche Praktiken in dem Betrieb informiert worden, bestätigte ein Gewerkschaftssekretär dem „Spiegel”. Die NGG habe ihnen geraten, mit ihrem Wissen zur Polizei zu gehen, was diese aus Angst vor Kündigung aber nicht gewagt hätten.
Kritik an Kontrollen
Der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Möllenberg forderte deshalb, den Informantenschutz für Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche zu erhöhen. Der Gesetzgeber müsse verhindern, daß Arbeitgeber über die Akteneinsicht herausfinden können, wer ihre Praktiken verraten hat. „Die Zahl der Lebensmittel-Skandale in jüngster Zeit zeigt, daß dringend gehandelt werden muß, zumal die staatlichen Kontrollen nicht ausreichen”, sagte Möllenberg.
Der Geschäftsführer der Verbraucherorganisation „Foodwatch”, Thilo Bode, warf den Ländern und Kreisen vor, bei Kontrollen nicht genügend durchzugreifen. Im NDR forderte er, die Behörden müßten Namen der verdächtigen Betriebe veröffentlichen. „Dann würden die Firmen viel mehr aufpassen, bevor sie irgendwelche schlechten Sachen machen.”
„Das Fleisch ist vergammelt”
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hatte den Betrieb in Lastrup geschlossen, nachdem vor etwa 14 Tagen eine Mitarbeiterin der insolventen Firma berichtet hatte, dort sei gefrorenes Fleisch unsachgemäß aufgetaut und als Frischfleisch in den Handel gebracht worden.
Der Verdacht gegen den Betrieb in Lastrup hat sich bereits bei der Untersuchung einer ersten Probe bestätigt. Das sichergestellte Geflügelfleisch „stank zum Himmel”, teilte das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) in Oldenburg mit. „Das Fleisch ist vergammelt und nicht zum Verzehr geeignet”, sagte die Sprecherin der Behörde, Hiltrud Schrandt.
Tonnenweise Geflügelfleisch beschlagnahmt
Außer in sechs weiteren niedersächsischen Betrieben gab es nach Angaben des Justizministeriums in Hannover auch Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen, Bremen, Berlin und Süddeutschland. „Das geschah zum Verbraucherschutz und zur Beweissicherung”, sagte Ministeriumssprecherin Jutta Rosendahl. Auch dort wurden nach Aussage des Oldenburger Staatsanwalts Bernard Südbeck abermals „tonnenweise Geflügelfleisch beschlagnahmt”. Der Betreiber der Firma schweigt bisher zu den Vorwürfen.
Minister Trittin forderte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium auf, ihm umgehend den aktuellen Sachstand mitzuteilen und eine Einschätzung über die mögliche Gesundheitsgefährdung für Verbraucher zu geben. Außerdem müßten die Lieferwege des Geflügelfleisches und mögliche Rückholaktionen geprüft werden. Sollte verdorbene Ware auch ins Ausland gegangen sein, müßten die EU-Kommission und die betroffenen Staaten informiert werden.
„Das ist schlicht Betrug”
Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Hannover betonte, die zuständigen Überwachungsbehörden hätten korrekt gearbeitet. Inzwischen werde ein Berufsverbot für den verdächtigen Zwischenhändler geprüft. Es zeichne sich bereits als „ziemlich sicher” ab, daß er sich der „gewerbsmäßigen Betrügerei” schuldig gemacht habe. Mittlerweile ermittelt auch die Justiz wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz.
Die erste untersuchte Probe aus dem Betrieb sei schon vom Geruch her durchgefallen, sagte Laves-Sprecherin Schrandt. „Das reicht zur Beanstandung, ohne daß wir weiter untersuchen müßten.” Das Fleisch werde nun aber weiter analysiert. So soll unter anderem ermittelt werden, ob es mit Keimen belastet ist. Dies könnte unter anderem dann der Fall sein, wenn - so ein weiterer Vorwurf - tatsächlich Fleisch mit Wasser aufgespritzt wurde, um das Gewicht zu vergrößern und damit den Preis zu steigern.
Der neue Fleischskandal ist bereits der dritte binnen weniger Monate. So war bei Filialen der Handelskette Real Fleisch mit abgelaufenem Verfallsdatum umetikettiert und wieder verkauft worden. Eine Fleischfirma im niederbayerischen Deggendorf soll in mehr als 50 Fällen rund 760.000 Kilogramm für den menschlichen Verzehr untaugliche Geflügelabfälle als genußtaugliche Ware an Firmen verkauft haben, die diese Ware zu Lebensmitteln verarbeiteten.
Trotz der Fleischskandale um zwei niedersächsische Zerlegebetriebe sehen die Behörden keine Versäumnisse bei den Lebensmittelkontrollen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin sieht das allerdings anders.
Die Staatsanwaltschaft sieht in Zusammenhang mit dem niedersächsischen Fleischskandal keine Versäumnisse bei der Lebensmittelüberwachung. Es gebe "keine Anhaltspunkte für ein Überwachungsverschulden" des Landkreises Cloppenburg und des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), teilte die Staatsanwaltschaft Oldenburg am Donnerstag mit. Inzwischen hätten Untersuchungen gezeigt, dass 24 von 68 Geflügelfleischproben des Unternehmens "eindeutig verdorben" waren. Ob das Fleisch zudem auch mit Salmonellen belastet ist, sollen weitere Tests klären. Die Ergebnisse könnten an diesem Freitag vorliegen.
Trittin kritisiert Niedersachsen
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat indes den niedersächsischen Behörden im Skandal um den Handel mit verdorbenem Geflügelfleisch Versäumnisse vorgeworfen. "Es ist merkwürdig, dass solche Skandale nicht von den zuständigen Veterinärbehörden, sondern von anderen aufgedeckt werden", sagte Trittin der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Die Kontrolleure seien zwar vor Ort gewesen, hätten aber nichts entdeckt. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Oldenburg trifft die Behörden kein Verschulden.
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"Eindeutig genussuntauglich"
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft und des LAVES wurden insgesamt 68 Fleischproben in der Lagerhalle des Unternehmens in Lastrup und im Verarbeitungsbetrieb im wenige Kilometer entfernten Lindern genommen. Jeweils 12 Proben waren nach Untersuchungen des LAVES verdorben. Auch drei Proben aus einem belieferten Betrieb in Solingen (Nordrhein-Westfalen) hätten sich als "eindeutig genussuntauglich" erwiesen. In Berlin untersuchte Proben wurden dagegen als unbedenklich eingestuft.
Geflügelfleisch mit Wasser versetzt
Inzwischen sei auch nachgewiesen, dass Geflügelfleisch mit eingespritztem Wasser schwerer gemacht wurde, teilte das LAVES mit. Bei vier Proben sei ein Fremdwassergehalt zwischen 4,5 und 10,3 Prozent gefunden worden. Laut Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass mehrere Tonnen mit Wasser manipuliertes Putenfleisch verbotenerweise in den Handel gelangt sind.
Die sensorische Untersuchung reicht aus
Untersuchungsergebnisse über eine mögliche Salmonellen-Belastung lagen am Donnerstag zunächst nicht vor. "Die mikrobiologischen Untersuchungen dauern leider relativ lang", sagte LAVES-Präsident Eberhard Haunhorst der dpa. Der Nachweis von Keimen sei zwar interessant und möglicherweise im Falle einer Verurteilung des betroffenen Unternehmers für das Strafmaß relevant. "Der sensorische Befund reicht jedoch aus, um sagen zu können, dass das Fleisch verdorben und nicht zum Verzehr geeignet ist. Damit liegt dann auch ein eindeutiger Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen vor", meinte Haunhorst.
Verdorbenes Geflügelfleisch als frisch verkauft
Das Geflügelfleisch stammte aus Betrieben einer Firma in Lastrup und Lindern bei Cloppenburg. Gegen das Unternehmen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Anklagebehörde wirft Verantwortlichen der Firma den Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz und gewerbsmäßigen Betrug vor. Die Beschuldigten sollen tiefgefrorenes Geflügelfleisch unsachgemäß aufgetaut und als Frischfleisch verkauft haben. Von den Abnehmern beanstandetes und zurückgeschicktes Fleisch soll eingefroren und später wieder als Frischfleisch verkauft worden sein.
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Fleischskandal: Verdorbenes Fleisch im Döner
"Mangelhafte Lagerung durch Abnehmerbetriebe"
Der Anwalt des beschuldigten 45 Jahre alten Unternehmers wies die Vorwürfe gegen seinen Mandanten erneut zurück. Seitens des betroffenen Betriebes sei kein verdorbenes Fleisch in den Handel gelangt. Es müsse überprüft werden, inwieweit bereits mangelhafte Ware aus dem Ausland an den Standort Lindern geliefert wurde. Zudem könne "eventuelle mangelhafte Lagerung und Behandlung des gelieferten Fleisches durch Abnehmerbetriebe nicht dem betroffenen Geschäftsführer angelastet werden", sagte Rechtsanwalt Axel Husheer. Bei der Staatsanwaltschaft hat der Beschuldigte nach Angaben eines Sprechers bisher noch keine Angaben gemacht.
"Der Fall ist für uns Anlass, konkret zu überlegen, wie man solche kriminellen Machenschaften in Zukunft verhindern kann", sagte ein Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums in Hannover. Dazu werde es nach Abschluss der Ermittlungen einen runden Tisch mit Vertretern des Ministeriums, des LAVES und der Landkreise geben.
DPA/Reuters
Verdorbenes Fleisch im Döner
© Carmen Jaspersen/DPA
Mitarbeiterinnen des Landesamts für Verbraucherschutz und Ernährungssicherheit testen Geflügelfleisch
Das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz hat einem Betrieb die Zulassung entzogen, der verdorbenes Geflügelfleisch in den Handel gebracht haben soll. Das Fleisch wurde bereits zu Döner-Spießen verarbeitet.
Der als Verursacher des jüngsten Fleischskandals bekannt gewordenen Geflügelzerlegebetrieb im niedersächsischen Kreis Cloppenburg soll seine Zulassung verlieren. Landwirtschaftminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) habe das Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährungssicherheit (LAVES) angewiesen, dem Betrieb die EU-Zulassung zu entziehen, sagte Ehlens Sprecher Gert Hahne am Dienstagnachmittag in Hannover. Der entsprechende Bescheid werde gegenwärtig von dem Landesamt in Oldenburg vorbereitet.
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Das Unternehmen habe sich in der Führung eines Fleisch verarbeitenden Betriebes als unzuverlässig erwiesen, begründete der Ministeriumssprecher den geplanten Entzug der Zulassung. Dass auch bei Kunden der Firma verdorbenes Fleisch gefunden worden sei, zeige, dass das Unternehmen "offenbar genussuntaugliches Fleisch ausgeliefert hat". Nach Angaben des Ministeriumssprechers kann der Betrieb rein rechtlich nach dem Entzug der EU-weiten Zulassung zwar noch weiter innerhalb Deutschlands Kunden beliefern. In der Branche gelte die EU-Zulassung aber mittlerweile als allgemeines Gütesiegel. Ohne Zulassung werde der Betrieb auch keine deutschen Abnehmer mehr finden, betonte Hahne.
Stilllegung nach Durchsuchungsaktion
Der 45-jährige Betriebsinhaber, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges und des Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz ermittelt, unterhielt im Kreis Cloppenburg zwei Betriebstätten. Eine ältere Betriebstätte in Lastrup hatte überhaupt keine EU-Zulassung und wurde von den Behörden nach einer Durchsuchungsaktion geschlossen. Der zweite neuere Betrieb in Lindern war nach der Durchsuchung nur vorübergehend still gelegt worden und durfte dann unter ständiger Aufsicht der Behörden zunächst weiter arbeiten. Seine faktische Stilllegung ordnete nun Landwirtschaftminister Ehlen an.
Die Behörden hatten der niedersächsischen Firma Lastrup nachgewiesen, ungenießbare Lieferungen vergammelten Geflügelfleischs in den Handel gebracht zu haben. In Nordrhein-Westfalen entdeckten Kontrolleure in einem Großbetrieb für Döner-Herstellung verdorbenes Fleisch. Drei von fünf Proben waren nach Ministeriumsangaben schlecht. Auch in anderen Bundesländern wird jetzt nach verdächtigem Geflügelfleisch gesucht.
"Es ist kein verdorbenes Fleisch in den Handel gelangt"
Der Anwalt der verdächtigen Firma aus Lastrup bei Cloppenburg wies alle Vorwürfe zurück. "Es ist kein verdorbenes Fleisch in den Handel gelangt", sagte Rechtsanwalt Axel Husheer am Dienstag. Das bei seinem Mandanten beschlagnahmte Hähnchen- und Putenfleisch sollte nicht ausgeliefert, sondern vernichtet werden. Zum Stand des Ermittlungsverfahrens gegen den Fleisch verarbeitenden Betrieb will die Staatsanwaltschaft an diesem Donnerstag Stellung nehmen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 45 Jahre alten Unternehmer wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges und Verstoßes gegen Lebensmittelgesetze. Er soll nicht mehr genießbares Fleisch verkauft haben, das auch bis auf den Tisch der Verbraucher gelangt ist. In seinem inzwischen geschlossenen Lager in Lastrup haben die Behörden rund 20 Tonnen Geflügelfleisch beschlagnahmt.
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Fleisch-Skandal: Eklige Geschäfte
Der eigentliche Betrieb im wenige Kilometer entfernten Lindern arbeitet nach Angaben des Kreises Cloppenburg weiter, steht aber unter verschärfter Aufsicht der Lebensmittelkontrolleure. Rechtsanwalt Husheer sagte, sein Mandant werde keine Angaben machen, bevor die Staatsanwaltschaft Akteneinsicht gewährt hat. Das Fleisch in Lastrup war laut Husheer so genannte Retourenware, die aus dem Handel an den Betrieb zurückgegeben wurde. Sie sollte in den Müll. Bei Kunden der Firma in mehreren Bundesländern ließ die Staatsanwaltschaft zur Beweissicherung tonnenweise Geflügelfleisch sicherstellen. Die Sprecherin des NRW-Verbraucherministeriums, Carolin König, teilte mit, drei von fünf Proben aus einem Großbetrieb zur Döner-Herstellerung in Hagen seien schlecht gewesen.
Verdorbenes Fleisch zu Döner verarbeitet
Ein Verarbeitungsbetrieb im brandenburgischen Prignitz lieferte nach Angaben des Agrarministeriums in Potsdam rund 230 Kilogramm möglicherweise verdorbenes Geflügelfleisch aus dem niedersächsischen Betrieb in andere Länder. Betroffen seien vor allem Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen- Anhalt, erklärte das Ministerium. In Sachsen soll Ware aus dem verdächtigen Betrieb in Niedersachsen zu Döner verarbeitet worden. Es sei aber noch nicht klar, ob die 1,2 Tonnen Fleisch tatsächlich schlecht gewesen seien, sagte der Sprecher des Sozialministeriums in Dresden, Ralph Schreiber.
Die Justiz prüft außerdem, ob der Betrieb in Lastrup Fleisch mit Wasser aufgespritzt hat, um es schwerer zu machen und so höhere Preise zu erzielen. Anwalt Husheer sagte, das sei in der Branche nicht ungewöhnlich. "Man kann bis zu einer gewissen Obergrenze Gewürzflüssigkeit zusetzen." Der Betrieb habe dies aber erst erprobt, so dass kein solches Fleisch in den Handel gelangt war. Das Bundesverbraucherministerium hat die Länder zu einem Ausbau der Lebensmittelkontrolle aufgerufen.
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© Ralf Hirschberger/DPA
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Gegen den Hauptverdächtigen im Fleischskandal um falsch deklarierte Schlachtabfälle hat das Amtsgericht Memmingen Haftbefehl erlassen. Dem Mann wird vorgeworfen, in mehr als 50 Fällen ungenießbares Fleisch in den Verkehr gebracht und als genusstauglich an mehrere Firmen in Deutschland mit hohem Gewinn weiterverkauft zu haben. Das teilte die Staatsanwaltschaft Memmingen mit.
Der Beschuldigte soll allein rund 120.000 Kilo Schweineschwarten in mehreren Lieferungen an eine Firma in Rheinland-Pfalz als eine zum menschlichen Verzehr geeignete Ware verkauft haben. Die "gutgläubige Firma" habe daraus Speisegelatine hergestellt und weiterverkauft. Die Rückholaktion des bayerischen Umweltministeriums für das verdächtige Fleisch kam in der vergangenen Woche zu spät, da der Großteil der Ware offenbar schon bei den Verbrauchern gelandet war.
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Etikettenschwindel: Abgelaufenes Hackfleisch im Supermarkt
Zwischen Bayern und Berlin entbrannte ein Streit um die Veröffentlichung der Herstellernamen. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hatte die Bekanntgabe verlangt, damit die Verbraucher die Ware erkennen und zurückbringen könnten. Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) entgegnete, die Daten lägen dem Bund vor. Es bleibe ihm unbenommen, diese zu veröffentlichen, wenn er dies für zulässig halte. Eine Sprecherin des Bundesministeriums sagte aber am Montag, die Veröffentlichung sei allein Sache Bayerns. Wenn Schnappauf die Informationspflicht abwälzen wolle zeige das, dass er kein Interesse an der Aufklärung habe.
Die Durchsuchungen in zwei bayerischen Firmen dauerten Montag noch an. In den Betrieben in Oberfranken und Niederbayern werde alles unter die Lupe genommen, sagte ein Sprecher des bayerischen Umweltministeriums in München. In dem oberfränkischen Betrieb hatten die Ermittler am Wochenende vier Tonnen der verdächtigen Schlachtabfälle gefunden. Ob die Firma das Fleisch illegal zu Lebensmitteln verarbeiten wollte, war zunächst unklar.
2600 Tonnen Tierreste nach Italien, Ungarn und Frankreich
Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass 2600 Tonnen der nicht für den menschlichen Verzehr geeigneten Tierreste auch noch nach Italien, Ungarn und Frankreich geliefert worden waren.
Der Hauptverdächtige im Fleischskandal soll von Dezember 2003 bis Mai 2005 in mehr als 50 Fällen rund 760.000 Kilogramm für den menschlichen Verzehr untaugliche Geflügelabfälle als genusstaugliche Ware an zwei Firmen in Bayern und Thüringen verkauft haben, die diese Ware im Lebensmittelbereich verarbeiteten und verkauften.
Exemplarisch für die Vorgehensweise des Beschuldigten sei, dass er in der Schweiz als ungenießbar deklarierte Schweineschwarten billig kaufte, nach Deutschland importierte und meist noch am gleichen Tag weiter verkaufte. Dabei soll er gefälsche Begleitpapiere vorgelegt haben, auf denen die Fleischabfälle als genusstauglich deklariert waren.
DPA
Abgelaufenes Hackfleisch im Supermarkt
© Picture Alliance
In mehreren Filialen der Supermarktkette "Real" wurde abgelaufenes Hackfleisch zum Verkauf angeboten
Bisher war es nur ein Verdacht: In Niedersachsen sollen Supermarkt-Angestellte Fleisch zum verkauft haben, dessen Verfallsdatum überschritten war. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Betrüger auf frischer Tat ertappt.
Laut staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen soll in zwei Filialen der Supermarktkette "Real" in Niedersachsen der Etikettenschwindel regelmäßig stattgefunden haben. In den durchsuchten Geschäften in Laatzen und Langenhagen bei Hannover seien Beschäftigte auf frischer Tat ertappt worden, als sie das abgelaufene Fleisch umpackten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg. Bislang seien aber keine Fälle bekannt, in denen Menschen durch den Verzehr des Fleisches erkrankt seien.
Eine Sprecherin des Unternehmens erklärte, "Real" nehme die Vorwürfe sehr ernst. Es werde auch intern auf Hochtouren ermittelt, um die Behörden zu unterstützen, "wo immer es geht". Die betreffenden Mitarbeiter seien freigestellt worden.
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Gegen neun Mitarbeiter wird ermittelt
Laut Staatsanwalt Bernard Südbeck richten sich die Ermittlungen gegen neun Mitarbeiter der Kette, darunter zwei Fleischermeister. Die beiden sollen systematisch Hackfleischprodukte nach Ablauf des Verbrauchsdatums umverpackt und neu etikettiert haben. In Gang gekommen seien die Untersuchungen durch die Aussagen eines Supermarkt-Mitarbeiters. Seit seiner Einstellung im September 2003 habe er in einer der Filialen und später in einem zweiten Geschäft beobachtet, wie mit dem Hackfleisch verfahren worden sei. Der Zeuge habe die Vorgänge auch fotografiert.
Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft vergangene Woche die beiden Märkte durchsucht und die Beschäftigten ertappt, sagte Südbeck. Die Mitarbeiter hätten allerdings erklärt, nur an diesem Tag Fleisch neu verpackt zu haben. In Folge der Durchsuchung habe sich noch ein Zeuge gemeldet, der Hinweise auf zwei weitere Märkte gegeben habe. Mit Ermittlungsergebnisse sei in diesen Fällen frühestens Ende der Woche zu rechnen. Südbeck, der nur von Ermittlungen gegen eine Lebensmittelkette sprach, erklärte, es werde wegen Verstoßes gegen die Hackfleischverordnung und das Lebensmittelgesetz ermittelt.
Die Staatsanwaltschaft will auch klären, inwieweit Vorgesetzte, etwa Filialleiter oder Regionalleiter, involviert sind. Die Ermittler schließen derzeit aber aus, dass die "Real"-Zentrale in Mönchengladbach von den Vorgängen Kenntnis hatte, wie Südbeck mitteilte.
so hier sind noch ein paar skandale
Live your life!!!
freue mich immer auf einen gb eintrag