Ich bin bei Verdi, würde mir aber auch wünschen, dass Verdi etwas ambitionierter auftritt. Aber man muss dazu auch sagen, dass oft die Attacken gegen Verdi nicht ganz fair sind.
Hier mal ein Konflikt, der zuletzt relevant war:
Verdi hat mit Netflix Mindestgagen für deutsche Serienproduktionen verhandelt. So stellt Verdi das dar:
https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++1c5d9a14-034f-11ed-8d59-001a4a160129So der Berufsverband der Regisseure:
https://www.regieverband.de/aktuelles/2022-07_raus-aus-verdiUnd hier die Antwort von Verdi:
https://www.dwdl.de/nachrichten/88836/verdi_weist_harsche_kritik_am_netflixvertrag_zurueck/?utm_source=&utm_medium=&utm_campaign=&utm_term=Im Endeffekt wirft der Regieverband BVR Verdi vor, eine Mindestvergütung erreicht zu haben, die Regisseure benachteiligt und damit die eigenen Verhandlungen des BVR mit Netflix torpediert zu haben.
Verdi wiederum entgegnet, dass der BVR schon vorher mit seinen Verhandlungen gescheitert sei und dass sie nunmal mehr Berufsgruppen als nur Regisseure vertreten.
Ich kann hier beide Seiten ein Stück weit verstehen, würde aber eher Partei für Verdi ergreifen. Denn zwar stimmt es, dass Verdi wohl auf den BVR hätte zugehen sollen und Regisseure kaum vertritt. Dass es nicht besonders glücklich war, diesen Abschluss während der BVR Verhandlungen zu erzielen (die letztendlich auch nach dem vorläufigen Scheitern weitergegangen wären), stimmt auch.
Aber dazu gehören auch zwei. Der DDV (Drehbuchverband) arbeitet seit Jahren mit Verdi zusammen um genau sowas zu verhindern.
Und die Regie nimmt sich hier auch sehr wichtig. Die anderen Filmgewerke interessieren sie nicht, weil sie ein Berufsverband für Regie sind. Das ist ja erstmal auch okay, aber die Regie verdient (zusammen mit Drehbuch) bei diesen Produktionen bezüglich der produzierenden Gewerke am meisten. Aus dem DWDL Link:
Bezüglich der Kritik des Regieverbandes verweist man bei ver.di zudem darauf, dass die nun festgelegten Mindestvergütungen für Serienfolgen doppelt so hoch lägen wie nach der BVR-Regelung für Kinofilme (Minimum 42.000 Euro für eine 45-minütige Serienfolge mit Budget von mind. 2,5 Mio. Euro im Vergleich zu 50.000 Euro für einen Kinofilm bei gleichem Budget). Dazu komme je nach Erfolg in beiden Fällen eine Zusatzvergütung, wobei der Regie und den Drehbuchautorinnen und -autoren der höchste Anteil zukomme.
So viel Geld bekommen Szenenbildner, VFXler, Kameraleute, Maske, Kostüm, Tonmann und der ganze Rest der Crew nicht, die müssen oft wirklich am Hungertuch nagen und da ist es für eine Gewerkschaft erstmal richtig, doch auch an die zu denken. Dass Verdi da nicht mit den Forderungen des BVR, die eher die Kategorie "was Regisseure gerne hätten" vertritt, reingehen, ist ja verständlich.
Da wurde auch viel mit unlauterer Kritik gearbeitet. Da gab es z.b. die Anschuldigung, dass die Verhandlungsergebnisse die schlechtesten in ganz Europa seien. Kann sein, aber es gibt auch nur einige wenige Länder in Europa, wo es überhaupt solche Mindestvergütungen bzw. Tarifvertträge in der Filmbranche gibt, insofern relativiert sich das wieder.
Insofern: Kritik an Gewerkschaften ist gut und richtig und sicherlich gibt es da auch viel zu kritisieren. Gerade bei verdi, gerade was Ambition betrifft aber auch Arroganz (gegenüber Berufsverbänden aber auch gegenüber Mitgliedern) und so weiter.
Aber oft kommt es zu Pauschalkritik, die bei näherem Hinschauen so nicht haltbar ist.