Mit anderen Menschen in Kontakt treten. Wie?

@Negev

Ich möchte Dir nur mal eine Idee nahebringen, wie so eine Situation entsteht:

Ich glaube, man lernt viele Menschen über andere Menschen, meist Freunde kennen. Und dann gehen einige Leute aus dem Leben raus, andere rein.

Wenn man aber nicht schon einen festen Freundeskreis hat, dann fehlt ja dieser Startpunkt.

Den kann man auch nicht herbeizaubern. Und alle Ideen, man solle an sich selbst erst mal rumdoktorn halte ich für wenig durchführbar und gar nicht zielführend.

Ein realitisches Ziel kann doch sein, sich erst mal einen kleinen Kreis loser Bekannter 'anzueignen'. Das gelingt meist über gemeinsame Interessen, sprich Hobbies.

Nach meiner Scheidung vor vielen Jahren fühlte ich mich auch eine Zeitlang aus der Welt herauskatapultiert. Ich hätte wohl nicht die Eier gehabt, da selbst rauszufinden. Seltsamerweise waren es dann andere Leute, die den Kontakt zu mir gesucht hatten und nach einer kurzen Phase des Sichwunderns konnte ich das auch annehmen.

Also vergiss die Grübelei und halte auch die Augen offen nach Anzeichen, dass andere gerne mit Dir Kontakt haben würden. Das übersieht man nämlich leicht, wenn man von der Vorannahme ausgeht, das wäre nicht so.

Du siehst doch wenigstens aus der Resonanz auf Deinen thread, dass Du sogar Unbekannten nicht gleichgültig bist.

EnyaVanBran schrieb:Einfach danach googeln. In der heutigen Zeit sind doch alle Vereine und Gesellschaften online aufgeführt.

Online...
Komm ich heut nicht, komm ich morgen.
Und alles ist so fluide, zerfasert.

Ich komm damit echt nicht klar. Irgendwie hab ich auch den Eindruck, als ob man in den meisten Gruppen auch wieder nur "Eingeladen" wird. Was ebenfalls Kontakt voraussetzt.

@Negev
Du kannst an deiner Hemmschwelle arbeiten
Völlig banal
Klingt bescheuert, wird sich auch bescheuert anfühlen und du wirst es nicht jedes Mal über dich bringen

Beispiel:
Du bist im Supermarkt, jemand kauft irgendeine Dose XY

Unabhängig davon ob du an diesem Produkt interessiert bist, sprich die Person an
"Hallo, können Sie das Produkt empfehlen?"
"Nö, nehme ich zum ersten Mal/ja, finde ich gut"
"Vielen Dank, schönen Tag noch"

Der Initiative ging von dir aus
Die Situation ist kontrollierbar
Es ist nicht angedacht einen tiefergehenden Kontakt zu der Person aufzubauen

Was kann dir schlimmstenfalls passieren? Du kriegst keine Antwort (ist aber unwahrscheinlich auch wenn die meisten Leute gar nicht zwingend scharf darauf sind, im Laden angequatscht zu werden)

Was, wenn dieser schlimmste Fall eintritt? Du bist nach eigener Aussage eher optimistisch eingestellt. Gut, das "Gespräch" ist nicht geglückt aber du bist über deinen Schatten gesprungen also 10/10 Punkten für dich - weiter so

Negev schrieb:Irgendwie hab ich auch den Eindruck, als ob man in den meisten Gruppen auch wieder nur "Eingeladen" wird.

Klar, wenn sich eine Gruppe Menschen schon länger kennt, ist man nicht gleich voll dabei. War bei meinem Kurs in der Hundeschule auch so. Die Leute kannten sich zum Teil schon ein paar Jahre. Aber ich hab mich in der Pause halt dazu gestellt, einfach mit geplaudert. Nach 3 Einheiten war es, als wäre ich dort auch schon ewig dabei.

@KFB
Wie gesagt, auf rationaler Ebene ist diese Angst völlig bescheuert.
Wobei ich da bedenken hätte, jemanden zu "belästigen".
Auf offener Straße oder in einem Geschäft - da jemand anzusprechen - ich würde mich unwohl fühlen.

sacredheart schrieb:Du siehst doch wenigstens aus der Resonanz auf Deinen thread, dass Du sogar Unbekannten nicht gleichgültig bist.

Ja ...
Das ist auch wahnsinnig schön! Und ich hoffe, das mich diese Erfahrung auch wirklich weiter bringt!

Negev schrieb:ich würde mich unwohl fühlen.

KFB schrieb:Klingt bescheuert, wird sich auch bescheuert anfühlen

Um den Sprung ins kalte Wasser geht es ja, deine Hemmschwelle wird es dir danken

Negev schrieb:uf rationaler Ebene ist diese Angst völlig bescheuert.
Wobei ich da bedenken hätte, jemanden zu "belästigen".

Deshalb sage ich ja, kümmer dich mal um die Angst, da liegt ja der Hund begraben und nicht an deinen kommunikativen Fähigkeiten oder deinem Charakter. Meine Meinung :note:

@Bundeskanzleri
@KFB
Würde ich mich "belästigt" fühlen, wenn mich jemand in Supermarkt (oder sonst wo) anspricht?
Kommt auf die Person an. Leider ist das auch eine sehr oberflächliche Aussage von mir.
Der erst Eindruck zählt eben doch - leider.

Und ich weiß wirklich nicht, ob ich, so einer Bewertung standhalten würde.

Wenn ich sämtliche Erfahrungswerte so durchgehe, lautet die Antwort definitiv: Nein!

Negev schrieb:ob ich, so einer Bewertung standhalten würde.

Was ist denn bisher passiert, wenn du "nicht standgehalten" hast.
Wie ist das abgelaufen?
Wie hast du das gemerkt und wie bist du damit umgegangen?

Bundeskanzleri schrieb:Was ist denn bisher passiert, wenn du "nicht standgehalten" hast.
Wie ist das abgelaufen?

Bei Bewerbungsgesprächen - trotz guter Schul- und Ausbildung und unzähligen Bewerbungen und Gesprächen kam es nie zu einer Übereinkunft. Jetzt eben die Umschulung. (und das dumpfe Gefühl, am Ende wieder vor dem selben Problem zu scheitern)
Dann die Erfahrungen, die ich online sammeln durfte. "Da kam ich nie wirklich an". Klar, es gab auch positives. Aber "Ausnahmen bestätigen die Regel" - so sagt man.

Negev schrieb:Würde ich mich "belästigt" fühlen, wenn mich jemand in Supermarkt (oder sonst wo) anspricht?
Kommt auf die Person an. Leider ist das auch eine sehr oberflächliche Aussage von mir.
Der erst Eindruck zählt eben doch - leider.

Und ich weiß wirklich nicht, ob ich, so einer Bewertung standhalten würde.

Wenn ich sämtliche Erfahrungswerte so durchgehe, lautet die Antwort definitiv: Nein

Mein Dialogbeispiel kommt mit möglichst wenig Worten aus und du musst halt auch aktiv an dir arbeiten sonst wirst du das Henne-Ei Problem nicht lösen

Dann kannst du hier zwar weiter viele tolle oder nicht so tolle Tipps kriegen aber du wirst nichts erreichen da du nach wie vor darauf angewiesen bist, das die andere Person auf dich zugeht

Negev schrieb:Ich komm damit echt nicht klar. Irgendwie hab ich auch den Eindruck, als ob man in den meisten Gruppen auch wieder nur "Eingeladen" wird. Was ebenfalls Kontakt voraussetzt.

Mal abgesehen von Corona, was ja nun kein Dauerzustand war und hoffentlich auch nicht bleibt:

Als ich noch durch die republik zog, von einem unsicheren Job zu einem anderen, habe ich regelmässig in Tageszeitungen oder Anzeigenblätter geguckt, welche Gruppen, Vereine, Parteien, Initiativen etc. sich wann und wo treffen. Dann bin ich hingegangen, habe mich vorgestellt, habe gesagt, dass ich neu in der Stadt bzw. dem Dorf bin und mich dafür interessiere, was hier so läuft, kulturell, politisch, sportlich, sozial etc. Wenn mir dann der Haufen personell wie inhaltlich halbwegs zusagte, habe ich an weiteren Treffen teilgenommen, bin mit den sympathischeren Menschen dort ins Gespräch gekommen und alles weitere hat sich dann von selbst ergeben.

Es gibt immer zwei Möglichkeiten im Leben:

Entweder, man arrangiert sich mit seiner Lebenssituation und akzeptiert sie, "Ja, ich bin halt ein soziophober, bindungsgestörter, kontaktarmer und ungeliebter Einzelgänger und Sonderling - aber ich bin es echt total gern!"

Oder man sagt sich: "So ist das Leben nun mal ziemlich scheisse und ich fühle mich verdammt unwohl damit, wie es ist!" Dann muss man seine Situation ändern. Man kann an seinen "Störungen" arbeiten, entweder allein, mit Hilfe von Ratgeber-Literatur, oder mit professioneller therapeutischer Hilfe. Wenn es derartiges vor Ort gibt und man sich hintraut, gern auch in einer Selbsthilfegruppe für Schüchterne, Kontaktarme, etc. Da trifft der Einsame dann die Einsame zum Einsamen.

Zu erkennen, dass einem die eigene Situation nicht gefällt, ist immerhin schon mal der erste Schritt auf dem langen Marsch der Veränderung. Man muss halt nur den Arsch hochkriegen - sonst ist der Leidensdruck halt noch nicht gross genug.

Lieber Negev, ich möchte gerne den, wie ich finde, sehr guten Ansatz von LydiaAfrika aufgreifen

LydiaAfrika schrieb am 02.01.2022:Vielleicht nutzt es Dir, Dich ehrlich mit der Frage auseinander zu setzen inwiefern Du Dich tatsächlich für andere Menschen interessiert. Ich meine damit ein Interesse das völlig losgelöst ist von Fragen des Nutzens oder der Sympathie.

Was mir ein bisschen auffällt bei deinen Beiträgen. Du bist durch Deine Ängste sehr stark auf Dich selber konzentriert. Wie komme ICH beim Gegenüber an? Was ist, wenn ICH nicht interessant genug bin, usw.usw...
Was dann möglicherweise zu kurz kommt, ist die Empathie für den anderen. Vielleicht ist Dein Gesprächspartner ebenfalls unsicher, hat Angst was Blödes zu sagen, bräuchte eine warmes Entgegenkommen von Dir oder eine interessierte Nachfrage.
Vielleicht könntest Du versuchen, bei der nächsten "Kommunikation" nicht mehr soviel über Dich selbst nachzudenken und von Dir selbst etwas "wegzukommen", und stattdessen dem Gegenüber mehr Aufmerksamkeit zu schenken?
Ich könnte mir vorstellen, dass sich dadurch in Deiner "Wahrnehmungsmatrix" schon etwas ändern kann.

Was mir noch auffällt. Vielleicht bist Du grundsätzlich eher "streng" in der Bewertung. Hast hohe Ansprüche an dich selber und auch an andere? Es ist aber oft so, dass die meisten anderen Menschen garnicht so streng sind, wie man das vielleicht selber ist... ;)

Find es übrigens gut von Dir, so ein Thema hier einzustellen. Über seine Defizite zu schreiben, dazu braucht es Mut.

Liebe Grüße

Negev schrieb:Würde ich mich "belästigt" fühlen, wenn mich jemand in Supermarkt (oder sonst wo) anspricht?
Kommt auf die Person an. Leider ist das auch eine sehr oberflächliche Aussage von mir.

Wenn ich ganz normal angesprochen werde - um bei dem Supermarktbeispiel zu bleiben - z.B. mit der Frage, ob ich weiß, wo der und der Artikel zu finden ist oder ob ich schon mal einen Artikel (der in meinem Wagen liegt) ausprobiert habe, würde ich mich sicher nicht belästigt fühlen. Ich würde versuchen, eine gute Auskunft zu geben - das würde ich mir selber wünschen, wenn ich in der Situation wäre.

KFB schrieb:Du kannst an deiner Hemmschwelle arbeiten
Völlig banal
Klingt bescheuert, wird sich auch bescheuert anfühlen und du wirst es nicht jedes Mal über dich bringen

Ich finde, das ist ein guter Rat. Es ging ja heute Vormittag auch darum, dass es Dir, @Negev , an Übung fehlt, weil Du es nicht so gewöhnt bist, mit irgendwelchen Leuten Gespräche zu führen. Das kann man halt nur "praktisch" trainieren, und dabei wird man merken, dass es halb so wild ist und dass einem niemand den Kopf abreißt.

sacredheart schrieb:Ich glaube, man lernt viele Menschen über andere Menschen, meist Freunde kennen. Und dann gehen einige Leute aus dem Leben raus, andere rein.

Wenn man aber nicht schon einen festen Freundeskreis hat, dann fehlt ja dieser Startpunkt.

Den kann man auch nicht herbeizaubern. Und alle Ideen, man solle an sich selbst erst mal rumdoktorn halte ich für wenig durchführbar und gar nicht zielführend.

Das sehe ich auch so. Andere Menschen machen einen mit wieder anderen bekannt, oder geben einem auch Anregungen für bestimmte Dinge. Und dadurch ergeben sich wieder andere Kontakte und Ideen. Man muss halt offen dafür sein.

sacredheart schrieb:Nach meiner Scheidung vor vielen Jahren fühlte ich mich auch eine Zeitlang aus der Welt herauskatapultiert.

Nach meiner Trennung bin ich umgezogen und musste mir einen neuen Kreis und neue Kontakte aufbauen. Als Single ist man da meist motivierter als in einer Paarbeziehung.

EnyaVanBran schrieb:Klar, wenn sich eine Gruppe Menschen schon länger kennt, ist man nicht gleich voll dabei. War bei meinem Kurs in der Hundeschule auch so. Die Leute kannten sich zum Teil schon ein paar Jahre. Aber ich hab mich in der Pause halt dazu gestellt, einfach mit geplaudert. Nach 3 Einheiten war es, als wäre ich dort auch schon ewig dabei.

Die meisten finden "frischen Wind" in einem Verein oder so ganz gut. Wenn man sich ganz normal verhält findet man meist mehr oder weniger schnell Anschluss.

Doors schrieb:Man kann an seinen "Störungen" arbeiten, entweder allein, mit Hilfe von Ratgeber-Literatur, oder mit professioneller therapeutischer Hilfe. Wenn es derartiges vor Ort gibt und man sich hintraut, gern auch in einer Selbsthilfegruppe für Schüchterne, Kontaktarme, etc. Da trifft der Einsame dann die Einsame zum Einsamen.

Da gibt es viele Möglichkeiten.

Negev schrieb:Bei Bewerbungsgesprächen - trotz guter Schul- und Ausbildung und unzähligen Bewerbungen und Gesprächen kam es nie zu einer Übereinkunft. Jetzt eben die Umschulung. (und das dumpfe Gefühl, am Ende wieder vor dem selben Problem zu scheitern)

Das ist natürlich ein Rückschlag und ich denke, das hat Dich sicher ziemlich getroffen?
Aber lasse Dich nicht unterkriegen.
Auch andere bekommen Absagen - das ist leider nichts Ungewöhnliches oder geht Dir alleine so.

nairobi schrieb:Die meisten finden "frischen Wind" in einem Verein oder so ganz gut. Wenn man sich ganz normal verhält findet man meist mehr oder weniger schnell Anschluss.

Ja, das würde ich auch so sagen, zumindest hab ich bisher keine anderen Erfahrungen gemacht

EnyaVanBran schrieb:Ja, das würde ich auch so sagen, zumindest hab ich bisher keine anderen Erfahrungen gemacht

Die Erfahrungen habe ich auch gemacht. Man braucht immer Leute, die sich wo einbringen, helfen usw.
Man sollte aber gut überlegen und nicht gleich überall beitreten und kurz danach fällt einem ein, dass es doch nichts für ihn ist.

nairobi schrieb:Man braucht immer Leute, die sich wo einbringen, helfen usw.

Dann kann man auch in der Suppenküche helfen oder für die Tafel fahren, bei denen herrscht immer Notstand bei Freiwilligen

KFB schrieb:Dann kann man auch in der Suppenküche helfen oder für die Tafel fahren, bei denen herrscht immer Notstand bei Freiwilligen

Ja.

In Vereinen ist es halt oft so, dass viele nur Mitläufer sind. Ein Amt übernehmen wollen nur wenige. Im Grunde bleibt es oft an immer denselben hängen.

Luminita schrieb am 27.12.2021:In der Großstadt klappt das schon wieder nicht so gut, ich laufe ständig durch die Gegend und werde nie angesprochen. ^^

Liegt vielleicht auch an dir selbst. Wenn es mir psychisch besser geht, werde ich tendenziell eher angesprochen. Die eigene Ausstrahlung wie man auf Menschen wirkt, sollte man nicht unterschätzen. Allerdings lässt sich diese auch nicht so einfach und authentisch verändern. Sie ist oftmals einfach nur so wie sie ist und bewusste Veränderungen daran wirken dann eher gekünstelt. Es ist also schon was dran, wenn man sagt, dass man zuerst mit sich selbst ins Reine kommen sollte, bevor man einen anderen Menschen näher kennenlernen möchte.

@Negev

Und noch etwas: Du bist damit nicht alleine. Glaubst Du anderen fällt das immer leicht auf andere Menschen zuzugehen?

Für mich war das auch eine Zeitlang ein Alptraum. Gerade nach meiner Scheidung fühlte ich mich wie ein Aussätziger mit Buckel und einem nässenden Ausschlag. (Bildlich)

Damals -ich verzichte auf die Details - musste ich auf Menschen zugehen, die ich kaum kannte, sie anrufen, fragen ob wir uns mal unterhalten können und dann dahin gehen. Das war echt beschissen. Aber die Erfahrung von 15 verschiedenen Personen am Ende

1x saublöd behandelt worden zu sein
3x so lala
aber auch 11x sehr viel offenere Türen einzurennen als ich dachte, hat mich dann auch wieder geprägt und mein Welt- und Selbstbild deutlich ggewandelt..

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