Vergesslichkeit

Vergesslich bin ich eigentlich nicht, aber ich schreibe trotzdem alles auf, bin ein Kontroll-Freak, der sich selbst nicht traut. :D

Ich kann mich auch noch gut an meine Kindheit und Jugend erinnern, ebenso an die Zeit danach bis jetzt. Es ist ein lückenloser Lebenslauf chronologisch erinnerbar, nicht nur von mir, sondern auch von meinen Familienmitgliedern, während sie teilweise viel vergessen haben. Der emotionale Bezug ist allerdings nicht mehr durchgängig so tief, weil sich meine Perspektive dazu geändert hat. Einerseits finde ich das positiv, aber gerade bei den schönen Erinnerungen versuche ich schon, auch meine "gefühlten Erinnerungen" zu aktivieren. Sie sind da, aber ich muss richtig bewusst einsteigen.

Es ist auch wirklich interessant, wie weit man sich in seine Kindheit zurückerinnern kann.

Bei mir wird das dadurch erleichtert, dass wir immer mal wieder umgezogen sind und sich die Erinnerungen an verschiedenene Anker anheften können.

Bei den sehr frühen "Erinnerungen " gehe ich bei mir davon aus, dass es eher Träume sind.

Bei meiner Tochter weiß ich aber, dass sie sich wirklich bis zur sehr frühen Kindheit erinnert.
Das sind aber nur einzelne Bilder oder Ereignisse, natürlich keine kompletten Abläufe.

Bundeskanzleri schrieb:Es ist auch wirklich interessant, wie weit man sich in seine Kindheit zurückerinnern kann

Als meine Eltern mit mir aus ihrer ersten Wohnung ausgezogen sind, war ich keine 3 Jahre alt. Ich erinnere mich ganz dunkel an diese Wohnküche, an die sonnengelben Vorhänge z.B. Und dass die Räume sehr hoch waren. Aber wie genau die Küchenzeile ausgesehen hat, oder der Boden, das weiß ich nicht mal mehr im Ansatz.

Bundeskanzleri schrieb:Bei den sehr frühen "Erinnerungen " gehe ich bei mir davon aus, dass es eher Träume sind.

Oder Eindrücken von Fotos, die du mal gesehen hast?

@EnyaVanBran
In dem einen Fall nicht möglich, weil diese Sequenz mich als Kleinkind zeigt in dem Haus meiner Oma.
Das wurde aber erst gebaut als ich so 8 Jahre alt war.

Bundeskanzleri schrieb:Es ist auch wirklich interessant, wie weit man sich in seine Kindheit zurückerinnern kann.

Allerdings. Das letzte woran ich mich erinnern kann ist mit 4, als mich mein Papa das erste mal auf dem Moped mitnahm und meine Mutter danach höllisch geschimpft hat, weil sie es nicht wollte. Davon gibt es so einiges was ich noch weiß, aber das sind nur bestimmte Momente.
Genauso erzählt mir meine Mutter oft von Erlebnissen, auch wo ich älter war, wo ich nur dastehe und sage "Hä, wann soll das bitte gewesen sein" oder "Nee, das hab ich niemals gemacht". Weil es einfach weg ist. Das betrachtet das Gehirn einfach nicht als wichtig, vermute ich.

@Bundeskanzleri
Ah, verstehe.

Aber mit Träumen ist das eh so eine Sache. Ich habe da eine Erinnerung, nur eine kurze Sequenz. In einem Park war da so ein "Brunnen". Es war mehr ein viereckiges, niedriges Becken, wo mittig eine Skulptur saß, eine Schlaufe, wie ein Looping. Im Traum bin ich mit meinem Papa daran vorbeigegangen. Da müsste ich so 5 oder 6 gewesen sein.
Ich weiß bis heute nicht, ob das wirklich passiert ist oder ob das ein Traum war. Ich habe meinem Vater einmal davon erzählt, er meinte aber, er wüsste jetzt nicht, wo so ein Brunnen sein sollte, aber er wollte es auch nicht ganz ausschließen.

joleen schrieb:danach höllisch geschimpft hat, weil sie es nicht wollte. Davon gibt es so einiges was

Hoffentlich hat sich das auch dein Vater gemerkt, da würde ich auch die Krise kriegen.

joleen schrieb:ich nur dastehe und sage "Hä, wann soll das bitte gewesen sein" oder "Nee

Das geht mir sehr oft so, meine Kinder verzweifeln oft an mir 🙄
Manchmal frage ich auch " Hab ich diesen Film schonmal gesehen?" 😅😅😅😅

@EnyaVanBran
Kennt deine Mutter diesen Brunnen?

Bundeskanzleri schrieb:Kennt deine Mutter diesen Brunnen?

Auch nicht. Sie meinte zwar, in der Stadt, wo sie ursprünglich her sind, gibt es einen Park und dort gibt es auch einen Brunnen, aber ob der so aussieht, wie ich ihn beschrieben hab, konnte sie mir nicht sagen. Vielleicht vermischen sich ja Traum und Realität, vielleicht bin ich mit meinem Vater da wirklich mal lang gelaufen und hab dann im Traum diesen Brunnen etwas "umgestaltet".
Jedenfalls ist es eine sehr klare Erinnerung, ob nun real oder Traum, wird sich nicht mehr klären lassen.

Bundeskanzleri schrieb:Hoffentlich hat sich das auch dein Vater gemerkt, da würde ich auch die Krise kriegen.

Schon, aber da ich immer alles ausprobieren wollte und "Papas Kleine" war, hat er jeden Blödsinn mit mir gemacht. Der Anranzer meiner Mutter war da nebensächlich. :D
Viele Erinnerungen habe ich auch in diese Richtung, also wenn ich Mist gebaut habe und n Anschiss kassiert. Ob sich das Gehirn darauf besser bezieht als das positive :ask:

Bundeskanzleri schrieb:Manchmal frage ich auch " Hab ich diesen Film schonmal gesehen

Filme kann ich mir sehr gut merken. Bei mir sind das eher so Situationen. Aber ich denke, da kommt es eben drauf an wie wichtig die Person das empfindet und je nachdem merkt man es sich besser oder nicht.

Was mich immer sehr beeindruckt zum Thema Vergessen, sind die Erinnerungen an frühere Leben.

Bezüglich des Threadtitels, Erinnern steht ja direkt mit Vergessen in Bezug.

Von den oft veranstalteten "Reisen in frühere Leben" halte ich nicht so viel, man hat ja nur eine Vorstellung und hat nichts, womit man das vergleichen oder verifizieren kann.
Aber es gibt Berichte von Kinder die beschreiben Orte und Situationen, die es wirklich gibt.
Das finde ich total spannend.

Obwohl sich für mich rein gar nichts ändert / ändern würde, wenn Reinkarnation bewiesen wäre.
Macht keinen Unterschied.

Bundeskanzleri schrieb am 02.12.2021:Wie ist das bei euch?

Bei mir ist die Vergesslichkeit schwankend. Manchmal zweifle ich an mir selbst, und ich habe das Gefühl, mir nur noch schwer etwas merken zu können. In anderen Fällen wiederum gelingt es mir mühelos. Beispielsweise komme ich immer noch weitgehend ohne richtiges Terminmanagement aus, weil sich die für mich wichtigen Termine nach der Vereinbarung immer recht gut ins Gedächtnis "einbrennen".

Manchmal fällt mir der Name einer Person nicht mehr ein. Neulich hatte ich einen beruflichen Termin mit enem Kollegen, mit dem ich zwar bisher nicht allzu viel zu tun hatte, aber wir kennen uns schon sein mehreren Jahren. Im Lauf des Termins wollte ich seinen Nachnamen kurz in ein IT-System eintippen, um ihm etwas zu zeigen, und mir ist sein Name nicht mehr eingefallen. Das war mir schon etwas peinlich.

martenot schrieb:Nachnamen

...wenn man sich duzt ist der Nachname ja auch nicht wichtig. Deshalb 🤷‍♂️
Und andersherum, wenn ich wen sieze, dann ist mir halt der Vorname nicht geläufig.

Laura_Maelle schrieb:Kindheit und Jugend

Da erinnere ich nicht viel. Nur Situationen, die mit starken Gefühlen besetzt wurden. Z.B. als ich meine beste Freundin zum Bahnhof brachte, als sie weggezogen ist. Das war hart. :cry:

Aus meiner Kindheit und Jugend habe ich viele Erinnerungen, was auch daran liegen kann, dass ich damals oft ziemlich starke depressive Phasen hatte. Ich war als Kind oft gemobbt worden und dementsprechend oft ängstlich und niedergeschlagen. Diese Phasen sind mir noch gut in Erinnerung. Ich hatte mich damals in meine eigene Musikwelt zurückgezogen und habe oft viele Stunden lang auf meinem Plattenspieler klassische Musik gehört. Beethoven, Tschaikowsky, Brahms ,Schubert, Mahler etc. ermöglichten mir die Flucht in eine andere, geheimnisvolle schöne Welt der Klänge. Ich sehe noch mein damaliges Kinderzimmer vor mir und den rotierenden Plattenteller mit den Platten mit den gelben Etiketten.

Außerdem erinnere ich mich noch gut daran, dass meine Eltern meinen Musikgeschmack nicht besonders mochten. Es war ihnen zu wenig jungenhaft, dass ich klassische Musik hörte. Sie versuchten oft, mich davon abzuhalten und stattdessen raus zum Spielen zu schicken, oder ich sollte Freunde treffen. Dass ich eher Angst vor diesen "Freunden" hatte, konnten sie nicht nachvollziehen.

Diese Zeit ist mir noch gut in Erinnerung, weil sie sich über Jahre hingezogen hat.

martenot schrieb:Name nicht mehr eingefallen.

Das passiert mir dauernd.
Nur sehr schnelles Nachfragen hilft, je länger es geht, desto peinlicher ist das :D

@martenot
Dann kannst du dich sicher mit der Musik sowas wie zurückbeamen?

Das kenne ich besonders von Gerüchen.
Leider kann man die individuellen Omagerüche nicht kaufen :(

Speisekammer, Brotrinde, Tee, Oma selber, Wellensittiche etc etc 🥰

Bundeskanzleri schrieb:Dann kannst du dich sicher mit der Musik sowas wie zurückbeamen?

Ja genau. Manche Musikstücke lösen starke Erinnerungen in mir aus, wie z.B. einige Sinfonien von Beethoven. Da fällt mir zum Teil sofort wieder eine Situation ein, zu der ich diese Musik besonders gern gehört habe. Beim Beginn der 8. Sinfonie höre ich vor meinem inneren Ohr sogar wieder das Knacken und Knistern der Schallplatte: der Tonarm senkt sich ab - *knack* - *knister* - Ta tatatata ta.... Das war eine der Sinfonien, die ich besonders häufig gehört habe, weil sie eher eine leichte, freundliche Stimmung erzeugen konnte, wie abendliches Sonnenlicht, das ins Zimmer fiel.

martenot schrieb:Musikstücke

Ja, Musik ist ein exzellenter Erinnerungshelfer.

Bundeskanzleri schrieb:Gerüchen

Gerüche ebenso. Ich hab letztens ein neues Haarshampoo probiert und als es auf dem Kopf war, dachte ich, ich sitze bei meiner Oma in der Wanne, dazu hat sich dann noch ein eingebildeter Geruch gesellt, der nämlich vom Badeofen.
Das war hammergut. 🥰🥰🥰

@martenot
@Shot
Ach, das klingt so schön gemütlich 🥰


In den Sommerferien waren wir oft bei meiner Oma und mein Bruder hat dort oft Klavier gespielt.
Fällt mir gerade wieder ein, wenn ich euch lese.
Das sind auch ganz bestimmte Stücke.
Die hören sich leider anders an, wenn sie professionell gespielt sind :D

Überhaupt haben einige Erinnerungen aus meiner Kindheit mit (Vinyl-)Schallplatten zu tun, die mich damals aus unerfindlichen Gründen besonders fasziniert hatten. Da ich am Anfang keinen eigenen Plattenspieler hatte, war ich immer besonders begeistert, wenn ich das Gerät bei anderen Leuten benutzen durfte. Beispielsweise hatte die Haushälterin meines Großvaters hin und wieder ihr Koffergerät mitgebracht, und ich habe mit Leidenschaft die mitgebrachten Singles und LPs gehört (unabhängig davon, welche Musik drauf zu hören war). Ich erinnere mich noch an eine Platte mit Musik vom Rheinischen Karneval, auf der die Sängerin Margit Sponheimer abgebildet war.

Mein ganzes soziales Umfeld (Eltern, Großeltern etc.) hat immer nur verwundert den Kopf geschüttelt über meine Faszination für alles, was mit Schallplatten und Musik zu tun hatte.

Ich kann die Liebe zu Schallplatten total verstehen. Das knistert so schön und ich hab die viel gehörten Geschichtenlieder (die ich allesamt auswendig kann) nich immer auf Schallplatte und mir vor einigen Jahren extra wieder einen Plattenspieler gekauft.
Die am häufigsten gehörte Platte ist übrigens eine Weihnachtsplatte von Frank Schöbel ('Weihnachten in Familie')

Überhaupt helfen Melodien sehr beim Erinnern. Die Lieder, die wir mit dem Kinder- und Jugendchor regelmäßig gesungen haben, kann ich sicher alle immernoch großteils fehlerfrei mitsingen.
Ach ich such dann gleich mal die Weihnachtsliederkassette raus. 🥰

LG