fullmoon9 schrieb am 06.09.2021:Kennt ihr bei euch selbst oder anderen diese Verhaltensweisen?
Der Unterschied liegt, in meinen Augen, bei dem Klassiker von Kishon: "Sie müssen nicht alles glauben, was sie denken!".
Natürlich hab ich hin und wieder Anflüge von Misstrauen - aber wesentlich ist weder, wie häufig das ist, noch der Anlass dazu,
sondern die Frage, wie ich damit umgehe.
In dem Filmchen wird ja nicht nur gezeigt,
worauf die Dame mit Misstrauen reagiert, das "Paranoide" an der Sache
ist die jeweils mit völliger "Sicherheit" vorgetragene
Erklärung, warum es sich gegen sie als Person richte.
Dieser Egozentrismus macht das Paranoide der Reaktion aus,
nicht das Bemerken einer Sache, die sie (noch) nicht ganz nachvollziehen kann.
Dies gepaart damit, dass es bei der "Überprüfung des Sachverhaltes" schon gar nicht mehr um eine Überprüfung der Tatsachen geht.
(Ob die Sprechstundenhilfe die Rechnung aus Zeitmangel so überreichte; die Freundin die andere Verabredung einfach schon länger hatte, etc.) Die Realität wird nicht gecheckt und damit die eigene Meinung, bzw. Empfindung überhöht.
Das macht die Paranoia aus, nicht das Reagieren darauf, in einer etwas unübersichtlichen Situation zu stecken.
Wenn ich mich dabei ertappe, so nen Gedankengang zu haben, stelle ich für mich fest, dass ich wohl grade ängstlich bin.
Ich benenne mein Misstrauen und überprüfe die Situation - aber eben nicht, um mir "zu beweisen, dass ich recht habe" - sondern um mir zu beweisen, dass es, wie immer, mehrere Möglichkeiten der Deutung gibt.
PStanisLove schrieb:Oder nehm mal Verschwörungstheoretiker und denk bei den Leuten die Paranoide Seite weg, es wäre nicht mehr das selbe.
Na, damit wird aber auch keine "Paranoide Störung" aus schlichter Dämlichkeit.
Du magst mit dem Schluss, es "sei nicht dasselbe" zwar Recht haben, aber es ist halt nicht "die paranoide Seite",
es ist "nur" der Egozentrismus, die Selbstbezogenheit, der Unwille, sich vernünftig mit den Fakten auseinander zu setzen.
Das kann sich auch "Chronifizieren", bleibt aber trotzdem erst mal ne Korrelation, die sich auch zu anderen Arten von Störungen (z.B. ne Depression oder ein Wahn, der ganz andere Inhalte hat) auswachsen kann.
Aber an sich ist das nicht Paranoid, es ist halt einfach kindisch, die Welt auf die eigene Wahrnehmung reduzieren zu wollen.
Das passiert jedem automatisch, sobald er unsicher oder ängstlich ist (diese "Reduzierung auf´s Eingemachte") - und normalerweise kann das dann die "Orientierung" (der "eigenen Mitte") an der neuen oder "unheimlichen" Situation einleiten.
Mit "ohne die eigenen Gefühle" geht´s ja auch nicht.
Vielleicht verstellt das ja grad den Blick auf den Unterschied zwischen "normal" und dem Krankhaften.
Aber "erwachsen sein" bedeutet nicht, immer vernünftig zu sein. Es bedeutet eher, aus seinen "Fehlern" was lernen zu wollen.